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In Wien gehen früher die Lichter aus

Für Nachtschwärmer in Wien war es bisher ein untrügliches Zeichen für den Beginn der „Geisterstunde“: Exakt um Mitternacht wurde die Straßenbeleuchtung auf die Hälfte zurückgeschaltet.

Doch seit 1. Februar 2007 ist alles anderes. Weil die Stadt Kosten sparen will, wird jede zweite Leuchtstoffröhre nun schon um 23.00 Uhr deaktiviert, bestätigte man auf APA-Anfrage. Stören dürfte das kaum jemanden.

Der unter städtischen Straßenbeleuchtern übliche Fachbegriff lautet „Halbnachtschaltung“. Die meisten Straßenleuchten sind mit zwei Lampen bestückt, und in der zweiten Nachthälfte wird jeweils eine davon automatisch abgeschaltet. Wien ist dadurch nun von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr in der Früh ein bisschen dunkler als in den Stunden zuvor. Ausgenommen sind Hauptverkehrsstraßen, so die Auskunft in der zuständigen Magistratsabteilung 33.

Im Büro von Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker (S) verteidigte man die ohne mediale Ankündigung eingeführte Maßnahme. Man folge anderen Hauptstädten, wo vergleichbare Schaltungen zur Halbnachtabsenkung bereits erfolgreich laufen würden. Die MA 33 setzte die vorhandenen Ressourcen ökologisch und ökonomisch ohne Qualitätsreduzierung ein.

Tatsächlich scheint die Änderung kaum jemand aufgefallen zu sein, geschweige denn zu stören. „Wir haben das bis jetzt nicht erfahren“, hieß es etwa bei der Autofahrerorganisation ÖAMTC, „und es gibt auch keine einzige Beschwerde dazu.“ Ähnlich die Reaktion beim Wiener Tourismusverband. „Ich höre das erste Mal davon“, so eine Sprecherin. Weder Hoteliers, noch Touristen würden sich beklagen.

Für Stadtpsychologin Cornelia Ehmayer ist die städtische Beleuchtung oft sogar störend. „In Großstädten herrscht Reizüberflutung, ich plädiere für Reizreduktion“, meinte sie. In psychologischer Hinsicht argumentiere sie daher nicht weltstädtisch, sondern im Sinne der Reduktion von Lärm und Lichtverschmutzung.

Die Sorge um Wiens Großstadtflair bzw. die Angst der Provinzialität ist auch bei Dietmar Steiner vom Architekturzentrum Wien nicht allzu groß. „Wenn man kulturkritisch veranlagt ist, könnte man das vielleicht schon sagen“, meinte er. Andererseits würden ökologische Argumente schwer wiegen, selbst wenn man sich in Zeiten der Globalisierung als aktive Metropole darstellen wollte.

„Dass die Stadt, die niemals schläft, mehr Energie verbraucht als die Stadt, in der um 20.00 Uhr die Gehsteige hochgeklappt werden, ist klar“, meinte er. Steiner selbst hatte die vorverlegte Abschaltung nach eigenen Angaben noch gar nicht mitbekommen. Außerdem, so der Chef des Architekturzentrums, sei Wien ohnehin eine der bestbeleuchteten Städte Europas, blicke man etwa nach Paris oder Mailand.

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