In der ÖVP war zudem von einem “Angebot” an die SPÖ die Rede, was das genau bedeutet, bleibt aber abzuwarten. Dass der rot-schwarzen Karren tatsächlich in Fahrt kommt, darf dennoch weiter bezweifelt werden, denn im zentralen Streitpunkt Steuerreform ist noch immer nicht klar, wie es weiter gehen soll.
Zumindest eine Einigung zu verkünden hatten Justizministerin Maria Berger (S) und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V), und zwar die gedämpfte Anpassung der Richtwertmieten um 2,2 Prozent ab 1. April 2008. Im Herbst soll dann ein größerer Reformschritt mit der Einführung eines Schwellenwertsystems erfolgen, was ein weitgehendes Einfrieren der Richtwertmieten voraussichtlich bis ins Jahr 2010 bedeuten dürfte. Mit der heute bekanntgemachten Vereinbarung erspart sich ein Mieter, der 500 Euro Monatsmiete zahlt, aufs Jahr gerechnet 92 Euro (inklusive Steuern), sagten Berger und Bartenstein.
Der gemeinsame Auftritt der Minister war kein Zufall. Bartenstein sprach angesichts der Neuwahlspekulationen von einer “durchaus beabsichtigten Symbolik”. In der “Kronen Zeitung” war der Wirtschaftsminister noch mit heftigen Attacken gegen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) aufgefallen. Und auch im Parlament taten sich Konflikte auf. Streitpunkt war der sogenannte “Papa-Monat”. Während die SPÖ in der Aktuellen Stunde des Nationalrats auf eine baldige Einführung drängte, blieb die ÖVP in der Sache zurückhaltend.
Seite an Seite stehen werden nach dem Ministerrat am Mittwoch auch Kanzler Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) – einen wird sie allerdings nicht die gemeinsame Arbeit, sondern der 70. Jahrestag der Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland. Im Ministerrat selbst soll ein Vorhabensbericht zur Mindestsicherung behandelt werden. Sozialminister Erwin Buchinger (S) sprach von guten Verhandlungen mit Wirtschaftsminister Bartenstein. Die ÖVP dürfte auch dem letzte Woche noch abgelehnten Bericht der Pensionsreformkommission zustimmen.
Wie es im Hauptstreitpunkt Steuerreform weiter geht, ist hingegen noch unklar. Sozialminister Buchinger bekräftigte heute neuerlich die SPÖ-Forderung nach Vorziehen auf 2009, die ÖVP bleibt bei 2010. Der Zweite Nationalratspräsident Michael Spindelegger (V) sprach jedoch in der “ZiB” von einem Angebot, das Molterer der SPÖ machen wolle. Auf Nachfrage meinte jedoch, es handle sich dabei um ein Angebot zur Rückkehr zur Sacharbeit. Er selbst zeigte sich im Termin-Streit aber auffallend flexibel: “Ich will mich da in keiner Weise festlegen. Es hat keinen Sinn, bevor man Gespräche beginnt, zu sagen, was der Inhalt und was die Linie sein wird.”
“Streng vertraulich” behandelt wurde am Dienstag das Gipfeltreffen von Gusenbauer und Molterer mit Bundespräsident Heinz Fischer Montagabend. Aus der Präsidentschaftskanzlei hieß es lediglich, es sei ein “gutes und wichtiges Gespräch” gewesen. Inhalte bleiben zwar geheim, es ist aber davon auszugehen, dass Fischer die beiden Parteien zum Zusammenarbeit aufgefordert hat.
Arbeitsappelle kamen auch aus den Bundesländern, wobei es aber in der ÖVP keine einheitliche Meinung zu Neuwahlen zu geben scheint. Während man sich etwa in Oberösterreich und Salzburg klar gegen einen Urnengang aussprach, ist man in der Steiermark offensichtlich nicht ganz so abgeneigt. Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer hatte schon gestern von der SPÖ einen Rückzieher in Sachen Steuerreform gefordert und mit dem Bruch der Koalition gedroht. Gegen Neuwahlen plädierte heute hingegen Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (V).
Berichte, wonach VP-Klubchef Wolfgang Schüssel die führenden Parteifunktionäre in den Ländern aufgefordert haben, eine Einschätzung über die Wahlbereitschaft und Kampagnefähigkeit der Parteibasis zu erarbeiten, wurden bestritten. Die Spekulationen über Neuwahlen sind deswegen aber nicht verstummt. Auch Sozialminister Buchinger räumte heute ein, dass die Regierung mit Schwierigkeiten zu kämpfen habe und die Risiken zugenommen hätten. Wie lange die Koalition noch halten werde, könne derzeit niemand sagen.