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Immer mehr Wahlen mit knappen Ergebnissen

Die oppositionellen Sozialdemokraten (SD) haben am gestrigen Sonntag die slowenischen Parlamentswahlen mit nur 12.000 Stimmen Vorsprung auf die regierenden Demokraten (SDS) von Premier Janez Jansa gewonnen.

Knappe Wahlresultate, die früher eine seltene Ausnahme waren, scheinen sich in den vergangenen Jahren zu häufen. Es folgt ein Überblick über hauchdünne Wahlsiege der vergangenen Jahre:

USA 2000: Seit dem wochenlangen juristischen Tauziehen um den Ausgang der US-Präsidentenwahl am 7. November im südlichen US-Bundesstaat ist “Florida” zum Synonym für die Schwachstellen demokratischer Mehrheitsentscheidungen geworden. Obwohl er landesweit um eine halbe Million Stimmen hinter seinem demokratischen Mitbewerber Al Gore liegt, genügt dem Republikaner George W. Bush in Florida ein Vorsprung von rund 500 Stimmen, um alle Wahlmänner des Staates einzusammeln und sich den Wahlsieg zu sichern. Gore erzwingt wegen behaupteter Unregelmäßigkeiten bei der Wahl eine teilweise Neuauszählung der Wahl, wird aber im Dezember von dem konservativ dominierten Obersten Gerichtshof gestoppt.

UNGARN 2002: Die oppositionellen Sozialisten gewinnen die Parlamentswahl am 7. und 21. April mit hauchdünnem Vorsprung von 0,45 Prozentpunkten auf die regierende Bürgerpartei Fidesz. Der abgewählte Premier Viktor Orban tut sich schwer, das Ergebnis zu akzeptieren, da seine Partei aufgrund der Besonderheiten des Wahlrechts mehr Mandate als die Sozialisten erreicht. Diese bilden aber eine Regierungskoalition mit den Liberalen. Noch im Juli 2002 kommt es zu Protestdemonstrationen von Fidesz-Anhängern, die eine Neuauszählung der Stimmzettel verlangen, nachdem Orban zu “außerparlamentarischem Widerstand” gegen die neue Regierung aufgerufen hatte.

DEUTSCHLAND 2002: Bei der Bundestagswahl am 22. September 2002 wähnt sich der konservative Kanzlerkandidat Edmund Stoiber bereits als Sieger, doch am Ende des Wahlabends hat der sozialdemokratische Amtsinhaber Gerhard Schröder doch noch hauchdünn die Nase vorn. Union und Sozialdemokraten landen bei jeweils 38,5 Prozent der Stimmen. In Mandaten siegt die SPD mit 251 zu 248, obwohl CDU/CSU rund 1.000 Stimmen mehr erreichen.

ESTLAND 2003: Die linksgerichtete Zentrumspartei landet bei der Parlamentswahl am 2. März mit 25,4 Prozent um 0,8 Prozentpunkte vor der wirtschaftsliberalen “Res Publica”. Diese kann aber mit anderen bürgerlichen Parteien eine Regierung bilden.

ITALIEN 2006: Dem konservativen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wird bei der Parlamentswahl am 9. und 10. April ein von seiner eigenen Regierung beschlossenes Wahlgesetz zum Verhängnis, das eine Mehrheitsprämie für den siegreichen Wahlblock vorsieht. Die oppositionelle Mitte-Links-Allianz (49,80 Prozent) erreicht nur um 40.000 Stimmen mehr als Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis (49,69 Prozent), bekommt aber 55 Prozent der Sitze im Parlament zugeschlagen. Eine von Berlusconi angestrengte Neuauszählung von Zehntausenden Stimmen bringt keine Veränderung des Ergebnisses.

ÖSTERREICH 2006: Nach einem dramatischen Absturz der ÖVP gewinnt die SPÖ die Nationalratswahl am 1. Oktober mit 35,34 zu 34,33 Prozent der Stimmen. Der Abstand zwischen den beiden Parteien beträgt nicht einmal 50.000 Stimmen. Knapp ist auch das Rennen um Platz drei, das die Grünen mit 532 Stimmen (0,01 Prozentpunkte) für sich entscheiden, während das BZÖ nur 0,11 Prozentpunkte über der Vier-Prozent-Hürde für den Einzug in den Nationalrat zu liegen kommt.

JAMAIKA 2007: Im Karibikstaat erreicht die oppositionelle Labour Party bei der Parlamentswahl am 3. September 50,1 Prozent der Stimmen, nur 0,3 Prozentpunkte oder 3.000 Stimmen mehr als die regierende Nationalpartei. Wegen des knappen Ergebnisses müssen die Stimmen in mehreren Wahlkreisen neu ausgezählt werden, was aber an der Niederlage von Ministerpräsidentin Portia Miller nichts ändert.

FINNLAND 2007: Bei der Parlamentswahl am 18. März kommt es beinahe zu einem Umsturz. Die oppositionelle konservative “Kokoomus” erreicht mit 22,3 Prozent der Stimmen nur um 0,8 Prozentpunkte weniger als die Zentrumspartei von Premier Matti Vanhanen. Dieser holt “Kokoomus” daraufhin in die Regierung.

MALTA 2008: Die Nationalistische Partei von Premier Lawrence Gonzi behält bei der Parlamentswahl am 8. März nur mit 0,5 Prozentpunkten die Oberhand über die oppositionelle Arbeitspartei, die auf 48,8 Prozent der Stimmen kommt. Diese bestreitet das Ergebnis zunächst und fordert eine Neuauszählung, gesteht ihre Niederlage aber schließlich ein. Der Abstand beträgt nur 1.580 Stimmen.

SLOWENIEN 2008: Die oppositionellen Sozialdemokraten (SD) erreichen bei der Parlamentswahl am 21. September 30,5 Prozent der Stimmen, um 1,18 Prozentpunkte oder 12.000 Stimmen mehr als die regierende Slowenische Demokratische Partei (SDS). Premier Janez Jansa will sich nicht geschlagen geben und verweist auf 40.000 ins Ausland verschickte Wahlkarten, die noch ausgezählt werden müssen sowie auf die 18.000 ungültigen Stimmen, bei denen es zu einer Neuauszählung kommen könnte.

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