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Immer mehr arbeiten in Freizeit: All-in-Verträge als "Etikettenschwindel"

Immer mehr nehmen Arbeit auch in die Freizeit mit - vertragsbedingt.
Immer mehr nehmen Arbeit auch in die Freizeit mit - vertragsbedingt. ©dpa/Sujet
Geht es Ihnen auch so? Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen zusehends: Mehr als jeder dritte (35 Prozent) Beschäftigte in Österreich arbeitet bereits in der Freizeit, fast jeder Fünfte (18 Prozent) im Urlaub. Eine Befragung der AK klärt auf.
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17 Prozent können sogar im Krankenstand nicht abschalten, ergab eine Befragung im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ). Schlecht abschalten im doppelten Sinn können insbesondere Lehrer, Trainer oder andere Beschäftigte im Unterrichtswesen, Banker und Versicherungsangestellte sowie Personen in der Baubranche.

Als Gründe, die Arbeit mit nach Hause zu nehmen, wurden in erster Linie “Ich mache es gerne” sowie “Das Erfüllen des Arbeitspensums in der Arbeitszeit war nicht möglich” genannt. Beschäftigte in Wien nehmen ihre Arbeit deutlich häufiger mit heim als jene in der Steiermark, Kärnten oder im Burgenland.

Fast jeder Fünfte hat All-In-Vertrag

Neben der steigenden Smartphone-Nutzung verstärkten vor allem immer mehr All-in-Verträge diesen Trend, sagte AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Wien. Ende 2015 hatte fast jeder fünfte Befragte (24 Prozent) einen All-in-Vertrag. “Hochgerechnet sind das über 800.000 Menschen in Österreich”, so Reinhard Raml vom Forschungsinstitut IFES. Bei der letzten Befragung im Jahr 2013 seien es erst 18 Prozent gewesen.

Kalliauer bezeichnete All-in-Verträge heute als “Etikettenschwindel”, wo man bei genauerem nachrechnen oft bemerke, dass man eigentlich weniger verdiene als man sollte. Einen Schritt Richtung mehr Transparenz brachte eine Änderung im Arbeitsrecht. Seit 1. Jänner 2016 muss das Bruttogehalt für die Normalarbeitszeit im Arbeitsvertrag bzw. am Dienstzettel ausgewiesen werden.

Ursprünglich nur für Führungskräfte eingeführt

Ursprünglich für Führungskräfte eingeführt, hätten inzwischen nämlich keineswegs nur Beschäftigte in höheren Positionen einen All-in-Vertrag. Unter einfachen Angestellten und Hilfsarbeitern habe bereits jeder Fünfte so einen Pauschalvertrag. Unter leitenden Angestellten sind es bis zu 45 Prozent. Insgesamt sind eher jüngere als ältere Beschäftigte, mehr Männer wie Frauen betroffen.

Die Wirtschaftskammer sieht das naturgemäß etwas anders und verwies in einer Aussendung auf in Summe 38 zur Verfügung stehende arbeitsfreie Tage im Jahr, womit Österreich EU-weit im Spitzenfeld liege. Hinzu komme, dass laut einer IMAS-Umfrage bereits 25 Prozent der bezahlten Arbeitszeit wegen Urlaubs- und Feiertagen, Krankenständen, Arztbesuchen, Behördengängen und Internetsurfen nicht produktiv gearbeitet werde.

AK: Arbeit und Freizeit verschmelzen immer mehr

“Es ist richtig, dass heutzutage Arbeit und Freizeit immer mehr ineinanderfließen, wobei das aber in beide Richtungen stattfindet”, meinte der Präsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Rudolf Trauner. All-in-Verträge könnten jedenfalls nicht das große Problem sein. Sie ermöglichten Beschäftigten einen hohen Pauschallohn und würden auch dann gebühren, wenn keine oder weniger Überstunden geleistet werden, so der Kammer-Chef.

Ein schlechtes Bild lieferte heute übrigens der Arbeitsklima-Index, den die AK seit Jahren durchführt und der die Einschätzung der heimischen Arbeitnehmer bezüglich Arbeit, Betrieb, Erwartungen usw. untersucht. Im Fokus waren diesmal junge Beschäftigte bis 26 Jahre. Das Ergebnis: Die Zufriedenheit mit dem Job, Chef, der Arbeitszeitregelung, den Gestaltungsmöglichkeiten sowie den Mitbestimmungsmöglichkeiten ist im Vergleich zu 2014 stark zurückgegangen. Immer mehr befinden sich in atypischen Beschäftigungsformen, sprich arbeiten befristet, geringfügig oder Teilzeit. Aufstiegschancen sehen die Jungen kaum.

(APA)

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