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Immer "a Blöckle" dabei

Bludenz - Schreiben hilft Manfred Strolz bei der Bewältigung seiner psychischen Krankheit.

„lächle“ nennt Manfred Strolz eines seiner Gedichte. Es beginnt und endet damit. Der Zwischenteil: eine lyrische Abhandlung über den Sinn des Lächelns. Dem Autor hat sich dieser Sinn in seinen dunkelsten Stunden eröffnet. „Als ich über mich selbst wieder lachen konnte, ist es mir gelungen, meine Krankheit zu akzeptieren“, sagt er. Manfred Strolz leidet seit 24 Jahren an Schizophrenie. Er steht dazu. Absolviert auch Lesungen, wenn es ihm gut geht. Am liebsten im Herbst, der für ihn besinnlichsten Zeit im Jahr. „Ich schreibe nämlich keine Weihnachtsgedichte“, merkt er mit einem breiten Lächeln an.

Kleine Geschichten

In der Kulturszene ist Manfred Strolz alles andere denn ein unbeschriebenes Blatt. Vor allem als Mitbegründer und treibende Kraft des Filmfestivals „Alpinale“ machte sich der Bludenzer einen Namen. Inzwischen erfüllte sich ein anderer großer persönlicher Wunsch. Manfred Strolz veröffentlichte seinen ersten Gedichtband. „Zeit, wofür Zeit?“ hat er ihn genannt. Kleine Geschichten, gewoben aus Liebe, Schmerz und Freude. Manchmal nicht mehr als drei, vier Zeilen lang, aber immer eindrücklich. Der sympathische Mann mit dem Bart und der Pfeife musste sich sein Leben ebenfalls neu einrichten. Damals, als die Krankheit unvermittelt auftauchte, mit all den klassischen sozialen Folgen wie Scheidung, Arbeitsplatzverlust und finanziellem Absturz. „Drei Jahre habe ich gebraucht, um mich wieder in Griff zu bekommen“, erzählt der ehemalige Briefträger und „Kulturarbeiter“ ohne Scheu und umständliche Umschreibungen. Er weiß schon: „Ein gesunder Mensch wird eine solche Krankheit nie verstehen, weil man sie nicht gipsen, röntgen oder messen kann.“ Aber darüber reden könne man. Denn noch immer würden psychischen Erkrankungen viele Vorurteile anhaften.

Verantwortung tragen

Mit Hilfe seiner Ärzte und Sozialarbeitern des aks meistert Strolz sein Leben fast problemlos. Auch, weil ihm, wie er jetzt überzeugt ist, in der schwierigsten Phase keine Entscheidungen ab­genommen, sondern Wege zur Bewältigung aufgezeigt wurden. „Das machte mich zuweilen zwar stocksauer, doch irgendwann war ich froh darüber. Denn auch als Kranker darf man die Verantwortung für sich nicht abgeben.“ Nachdenklich rührt er bei diesen Worten in seinem Kaffee. Eine weitere Leidenschaft, für die er bekannt ist. Strolz: „Im Kaffeehaus kommen mir auch die besten Ideen.“ Oder bei Spaziergängen.

Gute und schlechte Zeiten

Aber immer hat er „a Blöckle“ dabei, in dem er seine Beobachtungen festhält. Bearbeitet werden sie dann zu Hause am Computer. Manfred Strolz kennt inzwischen auch seine „guten“ und „schlechten“ Zeiten. In der zweiten Monatshälfte ist er „voll leistungsfähig“, in der ersten lehnt er Anfragen nach Lesungen oder anderen Aktivitäten meist ab, um „keine Anfälle zu provozieren“, die sich in Koordinations- und Wahrnehmungsproblemen oder Panikattacken äußern. Auch die vom Verein „omnibus“ neu gestartete Aktion „Wandern mit Manfred“ findet deshalb immer Mitte des Monats statt. Manfred Strolz mag dieses Angebot, weil es Betroffene hinaus ins Leben führt. Was er sich wünscht? „Dass auch Gesunde mitgehen.“ Er sagt es mit einem Lächeln.

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