AA

Im Labyrinth des Schweigens - Kritik und Trailer zum Film

Die Frankfurter Auschwitzprozesse sind in die deutschen Geschichtsbücher eingegangen - und fristen dort ein ihrer Bedeutung unangemessenes Schattendasein. Der gebürtige Italiener Giulio Ricciarelli nimmt sich mit seinem Spielfilmdebüt "Im Labyrinth des Schweigens" nun dieses Kapitels an und inszeniert einen Justizthriller mit gesellschaftspolitischem Anspruch.

1958 beginnt der (fiktive) Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling) seine Karriere in Frankfurt und wird auf den Journalisten Thomas Gnielka (Andre Szymanski) aufmerksam, dessen Freund Simon Kirsch (Burgschauspieler Johannes Krisch in einer seiner besten Filmrollen seit langem) einen ehemaligen Auschwitz-Wärter als Lehrer wiedererkannt hat. Da sich im Wirtschaftswunderdeutschland niemand sonst des Falles annimmt, beginnt Radmann mit Deckung des (legendären und realen) Generalstaatsanwalts Fritz Bauer (mit unvergleichlichem Minenspiel der gealterte Gert Voss in seiner letzten Filmrolle) seine Ermittlungen.

Kurzinhalt zum Film

Er muss sich dabei gegen Unkenntnis, Ignoranz und Verleugnung durchsetzen, ist der Begriff “Auschwitz” in diesen Jahren in der breiten Öffentlichkeit noch unbekannt. Radmann stürzt sich als Vertreter der jungen Generation hingegen in die Zeugensuche, das Aktenstudium und verzweifelt darob beinahe, worunter auch seine frische Romanze mit Marlene Wondrak (Friederike Becht) zu zerbrechen droht.

Am Ende dieses Kampfes saßen jedoch ab 1963 zunächst 22 Männer auf der Anklagebank, die als Mitglieder der Wachmannschaften in Auschwitz mitverantwortlich für den millionenfachen Mord an Juden, Behinderten, Sinti und Roma gewesen waren. Die Nürnberger Prozesse hatten die Alliierten gegen die NS-Spitze geführt, die Frankfurter Gerichtsverfahren waren hingegen die ersten, bei denen sich die deutsche Justiz selbst mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern flächendeckend auseinandersetzte. Nicht zuletzt ob dieser Prozesse wurde Auschwitz zum Synonym für den Horror des NS-Staates.

Kritik zu “Im Labyrinth des Schweigens”

Ricciarelli setzt dabei radikal auf den Blick der nachwachsenden Generation, die sich mit Schinkenrollen, Bowle und Petticoats gegen das verschmockte Nachkriegssystem ihrer Eltern auflehnt. Rademann ist dabei als klassischer Einzelkämpfer stilisiert, der sich gegen Widerstände durchsetzt, zu trinken beginnt und sich nach dieser Katharsis wieder aufrappelt. Mittlerweile muss ein “echter Mann” im Film an seiner Mission zweifeln und diese Zweifel überwinden, um erfolgreich zu sein.

Auch wenn “Im Labyrinth des Schweigens” Pathos nicht immer vermeiden kann, differenziert der Film in den entscheidenden Fragen durchaus, pauschalisiert nicht. Als respektvolles Stilmittel blendet Ricciarelli die Schilderung der Überlebenden aus, unterlegt sie mit Musik und rückt stattdessen die Reaktion der Ermittler in den Mittelpunkt.

Dieser Fokus auf die Lebenswelt der Jungen ist die legitime Entscheidung, Konflikte zwischen Tätern und der nachrückenden Generation deutlich zu machen, deren geschichtliche Hintergründe uns heute mehr als vertraut sind. Das “Labyrinth des Schweigens” endet schließlich just in dem Moment, in dem die Prozesse beginnen – auch dies ein respektvolles Symbol für den Meilenstein der Holocaustaufarbeitung.

Alle Spielzeiten auf einem Blick

(APA)

  • VIENNA.AT
  • Kino-News und Kinotrailer
  • Im Labyrinth des Schweigens - Kritik und Trailer zum Film
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen