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"Im Fall Zauner nutzt keine Schulung"

Johann Hantschk, Chef der österreichischen Fußball-Schiedsrichter, spricht über die nicht alltägliche Fehlentscheidung im Spiel zwischen Austria Wien und Sturm Graz.

Er saß am Sonntag persönlich als SR-Beobachter im Horrstadion und wurde Zeuge der folgenschweren Fehlentscheidung von SR-Assistent Bernhard Zauner. Im VN-Gespräch nimmt Johann Hantschk, Chef der österreichischen Fußball-Schiedsrichter, zur aktuellen Situation der Unparteiischen Stellung.

Über den krassen Fehler müssen wir nicht mehr diskutieren. Was aber sind für Sie mögliche Konsequenzen?
Johann Hantschk:
Sofortmaßnahmen sind keine geplant. Eines muss nämlich klar sein: Eine solche Abseitsentscheidung kann, darf nicht in der Bundesliga passieren. Es ist aber passiert. Das ist bedauerlich für das gesamte Schieds-richterwesen. Es handelt sich ja nicht um eine Situation, über die man streiten kann, diese Szene ist undiskutabel. Das tut mir leid für den SK Sturm und ich verstehe die Empörung der Grazer. Als Sturm-Spieler oder -Funktionär würde ich ja genauso handeln.

Zurück zur Frage. An welche Konsequenzen denken Sie?
Hantschk:
Schon am Tag danach habe ich ein Rundschreiben verfasst, das an alle Schiedsrichter, Assistenten und Beobachter gegangen ist. Darin habe ich die gezielte Vorbereitung auf ein Match noch einmal hervorgehoben. Gerade jetzt, wenn wir englische Wochen haben. Da wird auf jeden Pfiff geachtet, wird jeder Fehler medial verwertet. Ganz nach dem Motto: Bad news are good news. Aber ich habe auch ganz dezidiert darauf hingewiesen, dass die Fehlerhäufigkeit minimiert werden muss.

Nehmen wir den Anlassfall aus dem Spiel Austria Wien – Sturm (1:0). Welche Konsequenzen hat der Fehler für Assistent Bernhard Zauner?
Hantschk:
Ich sage so: Häufen sich solche Fehler, dann müssen wir mal Tacheles reden. Aber im Ernst: In so einem Fall nützt keine Schulung. Der Mann hat 200 Bundesliga-Spiele, das war ein absolutes Blackout. Wir hatten ja gerade am 29. März ein Schiedsrichter-Seminar, davor noch in vier Regionen Österreichs Lehrgänge, wo wir den FIFA-Lauftest durchgeführt haben. Als Beobachter der Partie war ich danach ja in der Kabine. Erst als er die DVD von Sky erhalten und die Situation gesehen hat, ist ihm wirklich die Tragweite des Fehlers bewusst geworden. Er ist regelrecht erschrocken. Das ist brutal. Wir haben ihn jetzt sozusagen auf die Ersatzbank gesetzt. Die Konsequenz ist, dass er in nächster Zeit keinen Einsatz erhält. Deshalb haben wir ihn gleich aus der Besetzung für Mittwoch gestrichen. Da wäre er wieder bei Sturm an der Linie gestanden.

Es wird also in der SR-Kommission bei negativen Beurteilungen durchaus hart durchgegriffen. Warum wird dies nicht für alle transparent gemacht?
Hantschk:
Wenn etwa bei Rapid ein Spieler eine Geldstrafe erhält, wird die Summe ja auch nicht öffentlich gemacht. Das ist intern, und so ist es auch bei uns. Aber Sie können sicher sein, dass wir konsequent handeln und nicht davor zurückschrecken, einem Unpartei­ischen eine längere Pause zu verpassen.

Wäre aus Ihrer Sicht ein Profi-Schiedsrichter wünschenswert?
Hantschk:
Wir in Österreich bewegen uns ja schon im semi-professionellen Bereich. Wir sorgen dafür, dass der Schiedsrichter rechtzeitig anreist, ein Tageszimmer beziehen kann, gewähren also ein professionelles Umfeld. Vom Verdienst – für ein Bundesliga-Spiel gibt es 920 Euro – aber kann ein Schiedsrichter nicht leben, auch wenn er zwei Mal im Monat pfeift. Es ist wichtig, dass er ein berufliches Umfeld hat. In Deutschland erhält ein Referee 4300 Euro pro Spiel, in England und Italien ist der Verdienst ähnlich hoch. Da kommt noch etwas anderes dazu: In diesen Ligen spielen mindestens 18 Klubs. Das heißt, ein Schiedsrichter pfeift nicht gleich wieder den selben Verein. In Österreich gibt es eine Zehnerliga mit vier Runden. Da ist es unumgänglich, dass der Unpartei­ische drei, vier oder fünf Mal bei einem Verein antreten muss.

Ein Wort zum viel diskutierten Videobeweis. Sind Sie ein Befürworter?
Hantschk:
Aus meiner Sicht wäre er gut, in manchen Situationen sogar sinnvoll. Aber man will nicht, das muss ich akzeptieren. Ich kann ja nicht an das Christkind schreiben. Aber noch einmal zurück zum Fall Zauner. Gäbe es den Videobeweis, wäre das 1:0 nicht gegeben worden und die Journalisten hätten keine Geschichte.

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