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IGGÖ lehnt Zusammenarbeit mit Meldestelle für politischen Islam ab

IGGÖ-Präsident Vural stößt sich am Begriff "Politischer Islam".
IGGÖ-Präsident Vural stößt sich am Begriff "Politischer Islam". ©APA
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) will mit der von der Regierung eingerichteten "Dokumentationsstelle Politischer Islam" nun doch nicht zusammenarbeiten.
Neue Meldestelle kommt
Kritik an Beschränkung auf politischen Islam

IGGÖ-Präsident Ümit Vural bekräftigte in einem "Presse"-Interview am Donnerstag seine bereits am Vortag geäußerte Haltung, wonach eine Zusammenarbeit unter diesen Umständen "unzumutbar" sei.

Politischer Islam: IGGÖ nun gegen Zusammenarbeit mit Doku-Stelle

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hatte am Donnerstag vergangener Woche die von der Regierung geplante Dokumentationsstelle vorgestellt. Anders als im Regierungsprogramm geplant (nämlich als Forschungs-und Dokumentationsstelle für Antisemitismus, für religiös motivierten politischen Extremismus (politischer Islam) und für den Rassismus im 21. Jahrhundert) wurde das Mandat deutlich eingeschränkt: Dokumentiert und beforscht werden sollen nun ausschließlich der "politische Islam", seine Strukturen und entsprechende Parallelgesellschaften.

Genau das kritisiert die IGGÖ scharf. "Wir haben die Stelle begrüßt, die ursprünglich im Regierungsprogramm vereinbart wurde", sagte Vural zur "Presse" (Donnerstag-Ausgabe). Aber man habe eben auch die "Sorge bezüglich des Begriffs 'politischer Islam' kundgetan, weil da ein Generalverdacht mitschwingt". "Die Dokustelle in ihrer jetzigen Umsetzung erweckt den Eindruck, ein Überwachungsapparat für die muslimische Bevölkerung sein zu wollen", so der Präsident.

Vural lehnt Begriff "politischer Islam" ab

Bereits am Mittwoch kritisierte er den Begriff via Aussendung: "Dass trotz mehrfacher Kritik an dem unbrauchbaren Begriff des 'politischen Islams' nun bei der Betitelung der geplanten Dokumentationsstelle dennoch auf genau diesen zurückgegriffen wird, zeugt von einer rein politischen Zielsetzung." Auch lehnt Vural den Begriff ab, weil dieser eine "Kriminalisierung" darstelle, wie er der "Presse" sagte: "Er unterstellt, dass es ein verborgenes Ziel gäbe, den Rechtsstaat zu unterwandern."

Während Vural noch vergangene Woche eine Einbindung der IGGÖ in die Dokumentationsstelle gefordert hatte, sieht er dafür nun keine Grundlage mehr: Eine Zusammenarbeit "unter diesen Umständen" sei "unzumutbar", erklärte er.

Auch kritisierte Vural, dass die IGGÖ bei der Schaffung der Stelle "als gesetzliche Vertretung nicht einmal involviert" worden sei. "Stattdessen werden Experten hinzugezogen, die eine feindselige Haltung der IGGÖ gegenüber haben", sagte er zur "Presse". Gefragt, ob er damit den Theologen Mouhanad Khorchide meint, der die Regierung betreffend der Dokumentationsstelle berät, antwortete Vural: "Zum Beispiel." Es sei "fraglich", ob seitens Khorchides eine "objektive Arbeit" möglich sein könnte, "wenn persönliche Befindlichkeiten eine Rolle spielen", verwies er auf Konflikte zwischen dem Theologen und der IGGÖ in der Vergangenheit. "Ich war zu der Zeit, in der Khorchide in der IGGÖ war, nicht dabei. Dennoch lehnt er unsere Mitarbeit ab und unterstellt uns, Studien manipulieren zu wollen", so Vural.

IGGÖ sollte nicht wissenschaftlich mitarbeiten dürfen

Khorchide hatte am Dienstag im "Standard" erklärt, er wolle eine Teilnahme der IGGÖ an der Dokustelle nur bedingt zulassen. Die IGGÖ solle zwar einbezogen werden, aber wie die Politik nicht wissenschaftlich mitarbeiten dürfen. "Denn wenn der Verdacht bestehen sollte, dass Teile der IGGÖ mit Organisationen sympathisieren, die dem politischen Islam nahestehen, muss man sich die Frage stellen, wie frei und unabhängig die Dokustelle ist, wenn die IGGÖ zu stark involviert ist", sagte der Theologe.

Raab kritisiert "Gesprächsverweigerung"

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) kritisiert die Ankündigung der Islamischen Glaubensgemeinschaft, nicht mit der "Dokumentationsstelle Politischer Islam" zusammenzuarbeiten. Man sei "verwundert" über die Gesprächsverweigerung, hieß es in ihrem Büro.

Dass die IGGÖ vor der Gründung der Dokumentationsstelle nicht eingebunden worden sei, wies eine Sprecherin Raabs am Donnerstag zurück. Während der Planungsphase habe es auch ein Gespräch mit der Glaubensgemeinschaft auf Beamtenebene gegeben. Der IGGÖ sei dabei die Einbindung im Rahmen eines Konsultationsgremiums in Aussicht gestellt worden: "Wir sind verwundert, dass die IGGÖ jetzt das Gespräch verweigert und sich offenbar nicht am Kampf gegen den politischen Islam beteiligen will."

Kritik an Befragung über "soziale Brennpunkte" in Wien

Inhaltlich nicht äußern wollte sich die Sprecherin Raabs zur Kritik des Meinungsforschers Ogris an der kürzlich von der Ministerin präsentierten Befragung über "soziale Brennpunkte" in Wien. Im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) wurde dabei etwa erforscht, dass die Wiener mit "sozialen Brennpunkten" am ehesten Drogen- und Alkoholkranke, Asylwerber und Menschen mit Migrationshintergrund in Zusammenhang bringen.

Orgis kritisiert diese und ähnliche Fragestellungen als "inhaltlich einseitig formuliert" und die Ergebnisse als "wissenschaftlich wertlos". "Die Frage 'Welche konkreten Probleme stellen sich bei den sozialen Brennpunkten in Wien' kann nur zu hohen Prozentsätzen führen. Diese Formulierung hat eine ähnliche Qualität wie 'Sehen Sie bei Suchtkranken ein Drogenproblem?'", sagte der Leiter des Sora-Instituts am Mittwoch im "Standard".

Raabs Sprecherin verwies diesbezüglich auf den Integrationsfonds, der die Befragung in Auftrag gegeben hatte. Dort wies man die Kritik als "haltlos" zurück. Grundlage für die Befragungen waren demnach Fokusgruppen-Interviews mit bestimmten Berufsgruppen. Darauf aufbauend seien dann die quantitativen Befragungen erfolgt. Auch den Vorwurf, für die gesamte Studie ausschließlich problemorientierte Fragestellungen verwendet zu haben, ließ der ÖIF nicht gelten und verwies darauf, dass auch nach Lösungsansätzen gefragt wurde. Konstruktive Kritik sei die Grundlage für einen sachlichen Diskurs, "von haltlosen Verunglimpfungen hingegen profitiert das Zusammenleben nicht".

(APA/Red)

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