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"Ich+Ich" haben vor "Kitsch keine Angst"

"Die Sehnsucht nach dem Gefühl" bedient das deutsche Pop-Duo "Ich+Ich" mit seiner Musik - dieses Erfolgsgeheimnis erläuterte eines der "Ichs", Adel Tawil. Video: "Ich+Ich" auf der Burg Clam 

Die Mischung aus deutschen Texten, die gerne in die Tiefe gehen, und Soul-Pop mit urbanen Beats war zuletzt, nicht zuletzt bei Xavier Naidoo und bei “Ich+Ich”, sehr erfolgreich. Der gut gelaunte und sympathische Tawil, dessen Bandkollegin Annette Humpe vielen noch aus NDW-Tagen bekannt ist, ist sich sicher, dass auch bei den “Amadeus Awards”, wo er morgen, Freitag, die aktuelle Single “So soll es bleiben” darbieten wird, gute Stimmung sein wird.

Ob er sich auch die Stimmung bei der EURO 2008 live in Österreich geben wird? “Ach, ich habe bei der WM in Deutschland es wirklich geschafft, kein einziges Spiel im Stadion zu sehen – unglaublich deprimierend”, ärgert sich der Musiker. Nach Österreich will er daher “unbedingt”, um EM-Spiele zu sehen. Wer gewinnt? “Deutschland, Italien, vielleicht Frankreich”, zählt Tawil seine Favoriten auf. Und Österreich? Die werden “Meister der Herzen”, lacht Tawil.

Humpe (57) hat vieles bewegt in der Neuen Deutschen Welle der 1980er Jahre: Mit ihrer Band “Ideal” und dem deutsch-österreichischen Projekt “DÖF” zählte sie zu deren wichtigsten Vertretern. Dass sie mit “Ich+Ich” ebenso wie ihre Schwester Inga (“2raumwohnung”) in jüngster Zeit wieder Erfolge feiert, hat viele freudig überrascht. Doch ganz will sie sich dem Poprummel nicht mehr aussetzen: Seit dem Vorjahr ist live nur ein “Ich”, Tawil, auf den Bühnen zu erleben. Humpe ist wegen Lampenfiebers zum “non-performing artist” geworden.

Daran, dass Tawil dann, leicht schizophren angehaucht, für beide “Ichs” steht, daran mussten sich Presse und auch einige Fans erst gewöhnen. “Der Show an sich hat das nicht so viel geschadet”, so Tawil, der einerseits das Tourleben genießt und sich andererseits ohne Humpe auf der Bühne anfangs schon etwas verloren fühlte. Mit Humpe arbeitet er trotz großer Deutschland-Tournee schon am nächsten Album, dem dritten, das 2009 oder 2010 erscheinen soll.

Trotz seiner jungen Jahre – Tawil ist knapp 30 – ist er schon lange im Geschäft, war er doch schon als Teenager in der Boyband “The Boyz” aktiv. Seitdem hat sich das Tonträgerbusiness stark verändert und ist nach Meinung vieler in eine veritablen Krise geraten. Acts wie “Ich+Ich” verkaufen dann doch wieder viele CDs, bestätigt auch Tawil. Wo liegt dann die Wahrheit? “Klar, es ist weniger geworden. Die im Musikbusiness haben jahrzehntelang so viel Asche verdient, und dann haben sie es mit den Downloads richtig vergurkt.” Jetzt sei auch das Plattengeschäft zum “Business as usual” geworden, und die Plattenfirmen müssten sich neue Strategien überlegen. Prinzipiell gelte doch: “Die sollen mal alle nicht so jammern.”

War er früher Teil einer Marketingmaschine, prangern “Ich+Ich” nun Konsumterror und Vermarktung an, etwa im Song “Junk”. Doch auch “Ich+Ich” verkauft natürlich Merchandising. Wo genau die Grenze zwischen zuviel Marketing und dem normalen Musikbusiness liege, sei schwer zu sagen, so der Sänger mit arabischen Wurzeln, dessen Stimme viele an Xavier Naidoo erinnert: “In dem Moment, wo es unehrlich ist, ist es zuviel”, sinniert er. “Wir sind nicht Tokio Hotel und setzen mit Merchandising Millionen um”, und “Ich+Ich” versuchen darüber hinaus mit ihren T-Shirts auch künstlerische Statements abzugeben.

Der Sound und auch die Texte von “Ich + Ich” sind von Humpe stark geprägt. “Sie schreibt Texte, die dich tief berühren, sehr intim sind”, so Tawil, der auch “absolut” bestätigt, dass solche Texte nicht immer leicht zu singen sind, etwa wenn in einem Lied die Frage ist, wer von den Freunden noch da ist, “wenn ich ganz am Boden liege”. Dass man sich mit deutschen Texten mit Mut zur Emotion schnell dem Kitschverdacht aussetzt, findet Tawil nicht so schlimm. “Wenn man das authentisch macht, braucht man vor Kitsch keine Angst zu haben”, so Tawil. Es werde “immer Leute geben”, die die eigene Musik kritisieren, sagt Tawil, der dabei auch gleich auf seine Boyband-Vergangenheit hinweist. “Man muss einfach das machen, was das Herz sagt.”

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