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„Ich sehe SW Bregenz immer noch als Nr. 1 im Lande“

Von links nach rechts: Begle, Fricke, Fogarasi
Von links nach rechts: Begle, Fricke, Fogarasi ©SW Bregenz
SW Bregenz feiert heuer sein 100-jähriges Bestehen. Im großen Schwarz-Weiß Bregenz Interview von VOL.AT plaudert ein illustres SW-Insider-Trio bestehend aus Obmann, Urgestein und Edelfan über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Vorarlberger Traditions-Klubs: "Es gibt Träume, eines Tages auch wieder in der Bundesliga zu spielen."
100 Jahre SW Bregenz

Die Interview-Partner:

  • Thomas Fricke – Obmann SW Bregenz
  • Hans Begle – Nachwuchsleiter & Urgestein
  • Benjamin Fogarasi – Festschrift-Autor und Edelfan
©SW Bregenz

100 Jahre Schwarz-Weiß Bregenz – was ist der erste Gedanke, der Ihnen bei diesen Worten in den Sinn kommt?

Thomas Fricke: „Ich bin jetzt seit einem Jahr Obmann und habe die Ehre, den Verein in die 100-Jahrfeier zu führen. Das ist für mich eine Riesensache wie natürlich für den ganzen Verein. Ich sehe SW Bregenz immer noch als Nummer 1 in Vorarlberg. Natürlich sind Altach und Lustenau sportlich vorne, aber rein von der Geschichte her, ist Bregenz immer der Verein in Vorarlberg gewesen. Der am meisten Hasser hatte, aber auch sehr viele Fans, die zu dem Verein stehen. SW Bregenz ist so eine Art FC Bayern München Vorarlbergs.

Wie kommt es, dass SW Bregenz so gesehen wird?

Thomas Fricke: Aus der Vergangenheit. Das hat mit Neid zu tun. Seit den 70ern hat es in Vorarlberg zwei Vereine gegeben – Bregenz und Dornbirn. Die fußballerische Rivalität in Vorarlberg spielte sich lange Zeit zwischen diesen beiden Klubs ab, natürlich sind dann auch mal zum Beispiel die Lustenauer dazukommen. Die Erfolge des Klubs haben den Neid entwickelt. Zum Beispiel waren wir in Bregenz nachwuchstechnisch immer brutal stark. Wir haben ein Riesenstadion. Wir sind am längsten in der Bundesliga gewesen. Wir haben international gespielt, etwa im UI Cup. Und es hat wahrscheinlich auch mit Bregenz als Landeshauptstadt zu tun.

Benjamin Fogarasi: „Man weiß, Bregenz ist ein großer Klub. Durch die 100 Jahrfeier haben hier auch tiefer in die Vereinsgeschichte hineinblicken können. Es war für mich so, wie wenn man auf einen Dinosaurierknochen gestoßen ist und Geschichten gefunden hat, die man so vorher vielleicht noch nicht kannte. Beispielsweise sind wir von SW Bregenz in der höchsten österreichischen Ligatabelle bei den Punkten immer noch die Nummer 1 (vor Altach). Oder aber auch: Der 1. Meister in Vorarlberg, der nicht FC Lustenau war, war SW Bregenz. Oder wie wir 1954/55 als erstes Vorarlberger Team in die damalige Staatsliga A aufgestiegen sind. Ich verbinde mit SW Bregenz eine sehr große Geschichte.

Wer war für euch der beeindruckendste Spieler in der langen Geschichte von SW Bregenz und wieso?

Hans Begle: „Robert Golemac, Peter Pawlowski und Oliver Mattle. Die sind aus dem eigenen Nachwuchs gekommen und haben es bis in die höchste Liga geschafft. Robert hat sogar kurz im Nationalteam gespielt. Das waren unsere herausragenden Spieler aus dem Nachwuchs, die den Weg geschafft haben.“

Thomas Fricke: „Axel Lawaree war in der jüngeren Vergangenheit ein herausragender Spieler. Für mich ist er ein Phänomen. Er war Torschützenkönig von Österreich. Ich kann mich nicht erinnern, dass es das je gegeben hat, dass der Torschützenkönig in der Bundesliga aus Bregenz gekommen ist.“

Benjamin Fogarasi: „Vor Lawaree hatten wir Thomas Ambrosius. Der ist dann zum FC Kärnten gewechselt. Wir dachten uns: Wie sollen wir einen wie ihn je wieder kriegen. So einen Goalgetter. Der hat in regelmäßigen Abständen immer getroffen. Er hat immer sein Tor gemacht. Und dann ist Axel Lawaree gekommen und wird Torschützenkönig in Österreich.“

2005 schlitterte der Verein in den Konkurs. Schildern Sie bitte Ihre Eindrücke von der schweren Zeit damals.

Hans Begle: „Ich bin schon fast 60 Jahre beim Verein und habe schon so Einiges miterlebt. Das Ärgste war aber der Konkurs 2005. Wir suchten damals händeringend einen Partner. Die meisten haben nur den Kopf geschüttelt. Die Rettung des Vereins ist dann über die Stadt Bregenz und den Bürgermeister gegangen. Unser Präsident, der Grill Hans, hatte nur gesagt: „Jo, mocht´s holt des. I unterschreib nix.“ Ich habe zu ihm gesagt: „Hans, es geht um den Verein Schwarz-Weiß Bregenz. Wir sind nicht mehr liquide, wir können leider nicht mehr weiterspielen. Wir müssen den Verein neu gründen. Und ich brauche von dir eine Unterschrift, dass du mir den Verein übergibst.“ Dann haben wir in der Saison 2005/2006 einen völligen Neubeginn gemacht. Als SC Bregenz – mit Jan-Ove Pedersen als Trainer und Christian Tschofen als Co-Trainer. Zuerst haben wir mal eine Mannschaft gebraucht. Der Beginn machten wir mit vielen jungen Spielern.

Benjamin Fogarasi: Man darf nicht vergessen: Wäre der Verein nicht neu gegründet worden, wäre der ganze Nachwuchs des Vereins flöten gegangen. Du hast damals einen Monat keinen Verein gehabt. Das war das schlimmste Gefühl für mich. Wir fragten uns alle: Was können wir machen? Die erste Mannschaft konnte damals dank unserer Amateure-Mannschaft in der Landesliga weiterspielen. Die Amateure waren 2005 von der Vorarlbergliga gerade in die Landesliga abgestiegen. Die 4. Liga war übrigens die tiefste Liga, in der SW Bregenz jemals gespielt hat.

Ich frage jetzt mal frech: Gibt es Ambitionen, dass SW Bregenz eines Tages wieder in der Bundesliga spielt?

Thomas Fricke: Wir haben 2005 mit dem Konkurs auch mal den Griff ins Klo gemacht, haben den Verein komplett neu aufbauen müssen. Ambitionen ist jetzt ein bisschen übertrieben – aber es gibt Träume. Das Szenario aus dem Jahr 2005 mit dem Konkurs wollen wir nicht mehr erleben. Daher wird es keine unüberlegte Geschichte beim Verein geben. Dass wir sagen, wir müssen mit aller Macht wieder in die Bundesliga, wo wir jetzt einfach noch nicht hingehören. Bei uns ist wichtig, auf den Nachwuchs zu schauen, dass wir die nächsten Jahre wieder gute Nachwuchsspieler herausbekommen. Aber natürlich: Wenn der finanzielle Rahmen die Möglichkeit zulässt, wenn es dafür wieder Sponsoren und Gönner gibt, natürlich ist es ein Ziel von uns. Schließlich steht in Bregenz ein Stadion mit einem Fassungsvermögen von über 12.000 Leuten. Nur: Solange ich hier bin, werden wir keine verrückten Geschichten machen. Es muss auf einem Fundament basieren, das passt – und da haben wir einiges zu tun.

Wie habt ihr es aufgenommen, dass Altach vor ein paar Jahren zwei SW Bregenz Rekorde in der Bundesliga knackte – nämlich euren Punkterekord und eure beste Saison-Platzierung. Hat euch das gewurmt?

Thomas Fricke: Das ist logisch, dass es nicht spurlos in dem Verein vorbeigegangen ist. Für mich sind die Altacher aber momentan fast Lichtjahre entfernt von uns … weit vor uns.

Kommen wir zu den unmittelbar anstehenden sportlichen Plänen von SW Bregenz – dieses Jahr im Herbst wird Bregenz eine Liga höher in der Elite Liga spielen?

Thomas Fricke: „Die Elite Liga wird für alle Vereine etwas Neues und Interessantes sein. Ich kann mir vorstellen, dass diese für Alle eine interessante Liga ist. Ich denke, wir werden in der Elite Liga nicht hintendran sind. Unser Ziel ist Minimum ein Platz im gesicherten Mittelfeld, wenn wir nicht sogar oben angreifen wollen. Das kommt auf die Kaderplanung drauf an.

Gibt es hier schon Neuigkeiten zu vermelden?

Thomas Fricke: Die bestehende Mannschaft wird, so wie sie ist, bis auf 2-3 Ausnahmen zusammenbleiben. Vom Nachwuchs wird der eine oder andere Spieler raufgezogen. Extern werden wir zwei, maximal drei Spieler holen. Das Trainergespann wird auch in der nächsten Saison so bleiben wie es. Luggi Reiner wird also auch nächstes Jahr unser Trainer sein.

Finanziell gesehen – braucht ihr für die neue Liga mehr Geld und neue Sponsoren?

Thomas Fricke: Klar, Sponsoren braucht es immer. Egal ob Altach oder Lustenau – die Vereine in Vorarlberg brauchen alle Sponsoren. Die Mannschaft wird aber nicht teurer für die nächste Saison, sondern sich in einem ähnlichen finanziellen Bereich wie dieses Jahr bewegen. Wir werden keine finanziellen Harakiri-Geschichten machen. Etwa zu viel Geld investieren, dass wir nicht mehr wissen, wo hinten und vorne ist.

Benjamin Fogarasi: „Und nachdem Wolfurt zuletzt schwächelte, können wir in der Vorarlbergliga sogar wieder Meister werden.“

Die Strategie von SW Bregenz für die fernere Zukunft ist…?

Thomas Fricke: Wir positionieren uns über den Nachwuchs. Daher wollen wir den Nachwuchs in den nächsten Jahren wieder zu einer Marke machen. Wenn da draußen ein achtjähriger „Bua“ herumrennt, dann kann es für ihn nur einen Verein geben, zu dem er hin und will. Im Moment ist es halt nicht so, weil der eine oder andere Verein uns da überholt hat. Da müssen wir aufholen. Zurzeit spielen bei uns in der 1. Mannschaft aber immerhin 8-9 Leute aus dem eigenen Nachwuchs.

Was wünscht sich der Fan für seinen Lieblingsverein?

Benjamin Fogarasi (seit Oktober 2009 kein einziges (!) SWB-Spiel mehr verpasst): Vor allem Stabilität. Priorität Nummer 1 ist, dass der Verein einfach existiert. Abgesehen davon wäre es schön, sich in der Elite Liga zu etablieren. Und es würde mich nicht stören, mit der Infrastruktur im Hintergrund, im Jahr 2024 wieder in der 2. Bundesliga zu spielen.

Vielleicht eine verrückte Idee, aber drehen wir den Spieß einmal um: 100 Jahre SWB in der Zukunft – was könnte in 100 Jahren sein, was ist der erste Gedanke?

Benjamin Fogarasi: Dass es den Verein noch gibt.

©SW Bregenz

 

Hinweis: Anlässlich der 100 Jahrfeier des Bestehens präsentiert des Vorarlberger Traditionsklub SW Bregenz am 05. Juni seine neue Vereins-Festschrift im Hotel Messmer. Mitgewirkt an der Festschrift haben etwa VN-Sportchef Christian Adam, der langjährige ORF-Vorarlberg-Chefredakteur Adi Fischer und natürlich SW Bregenz Insider Benjamin Fogarasi. Die Festschrift wird ab 18 Uhr in einem feierlichen Rahmen der Öffentlichkeit präsentiert und umfasst etwa die komplette Spielstatistik von SW Bregenz, also jedes einzelne Pflichtspiel seit der Vereinsgründung vor 100 Jahren am 28. Juni 1919.

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