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Ibiza-U-Ausschuss könnte wegen Lockdowns pausieren

Die Fraktionen befürchten ein Fernbleiben der Auskunftspersonen wegen des Lockdowns.
Die Fraktionen befürchten ein Fernbleiben der Auskunftspersonen wegen des Lockdowns. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Da befürchtet wird, dass sich Auskunftspersonen sich wegen des harten Lockdowns der Befragung entziehen könnten, beraten sich die Fraktionsführer des Ibiza-U-Ausschusses über eine etwaige Unterbrechung.

Die Fraktionsführer des Ibiza-U-Ausschusses treffen einander am Donnerstag am Rande des Plenums, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Wie die APA erfuhr, soll es dabei auch um eine etwaige Unterbrechung während des coronabedingten Lockdowns gehen. SPÖ, NEOS und FPÖ sprachen sich im Vorfeld für eine Sistierung aus. Die ÖVP wollte dem Gespräch nicht vorgreifen.

Fraktionsführer-Treffen zu etwaiger Unterbrechung des U-Ausschusses

Sowohl SPÖ und NEOS als auch die Freiheitlichen befürchten, dass angesichts der derzeitigen prekären Corona-Situation etliche Auskunftspersonen absagen bzw. nicht erscheinen. Die vier, für Ende November und Anfang Dezember geplanten Befragungstage sollten demnach entfallen, der U-Ausschuss vorläufig unterbrochen werden.

Der Freiheitliche Fraktionsführer Christian Hafenecker sieht "keinen rechtskonformen Weg", um den Ausschuss ordnungsgemäß weiterzuführen. Denn aus FPÖ-Sicht lasse die Covid-Notmaßnahmenverordnung nicht zu, "Zivilisten" ins Parlament zu laden. Schließlich könnten die Auskunftspersonen ihr Erscheinen nicht durch Arbeit bzw. Behörden- oder Gerichtswege rechtfertigen, auch Erholung falle "wohl eher" aus, so Hafenecker. Einerseits wolle man nicht Auskunftspersonen zum Rechtsbruch anstiften, zum anderen biete die Rechtslage eine "willkommene Begründung", nicht erscheinen zu müssen.

Diese Befürchtung teilen auch die NEOS: Auskunftspersonen könnten sich wegen des harten Lockdowns der Befragung entziehen, so Fraktionsführerin Stephanie Krisper: "Selbst wenn es dem Vorsitz gelingen sollte, durch Schnelltests, einen größeren Raum etc. für ein maximal sicheres Umfeld zu sorgen." Daher sprechen sich die NEOS für eine Verschiebung um zwei Wochen aus.

Auch die SPÖ-Fraktion hält eine Sistierung inklusive Freistenhemmung für eine "gute Lösung" - so wie beim Lockdown im Frühjahr. Der Ausschuss müsste dann ab April verlängert werden. Konkret um die zwei Befragungswochen Ende November, Anfang Dezember und um die wegen des Terroranschlags entfallene Befragungswoche Anfang November. Da der U-Ausschuss in Monaten rechne, müsste man demnach im April ein Monat anhängen, hieß es.

Änderung der Geschäftsordnung für Fristhemmnis nötig

Für ein sogenanntes Fristhemmnis ist eine Änderung der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit nötig. Im Frühjahr hatten sich die Fraktionen darauf geeinigt. Damals waren die Monate März bis Mai wegen der Corona-Pandemie aus der Gesamtrechnung herausgefallen. U-Ausschüsse sind nämlich zeitlich begrenzt und können allenfalls zwei Mal um drei Monate verlängert werden, wobei es bei der zweiten Verlängerung einen Mehrheitsbeschluss braucht.

Update: Fraktionsführer einigten sich nicht auf Unterbrechung

Die Fraktionsführer haben sich am Donnerstag nicht auf eine Unterbrechung des Ibiza-Untersuchungsausschusses wegen des Corona-Lockdowns einigen können. Die ÖVP sprach sich dagegen aus, somit war die erforderliche Zweitdrittelmehrheit für ein sogenanntes Fristhemmnis nicht vorhanden. ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl sah nämlich für eine Sistierung "keine rechtliche Grundlage".

Zudem verwies Gerstl auf die Sonderpräsidiale vom vergangenen Mittwoch. Bei dieser sei man noch "einhellig" von einer Fortführung aller parlamentarischen Aufgaben unter größtmöglichem Schutz ausgegangen. Eine mögliche Verschiebung des U-Ausschusses sei dabei nicht in Erwägung gezogen worden, zumal die Situation voraussichtlich auch im Jänner nicht grundlegend anders sein wird, so Gerstl: "Wichtig ist, dass mit der neuen Örtlichkeit den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen Rechnung getragen wird."

NEOS über ÖVP-Argumentation erbost

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper hat erbost auf die Argumentation von ihrem ÖVP-Pendant im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Wolfgang Gerstl, reagiert, wonach eine Unterbrechung wegen fehlender rechtlicher Grundlage nicht möglich sei. So zu argumentieren sei "unredlich", schließlich fehle die rechtliche Grundlage, weil sich die ÖVP weigere, sagte Krisper der APA: Dabei habe die Volkspartei beim ersten Lockdown noch einer Sistierung zugestimmt.

Beim Lockdown im Frühjahr sei der ÖVP eine Verschiebung zupassgekommen, daher habe sie damals auch dafür gestimmt, so Krisper. Nun passe es den Türkisen aber offenbar "strategisch gut", wenn der U-Ausschuss weitergeführt wird, weil das mediale Interesse aufgrund der aktuellen Corona-Situation geringer sein dürfte.

Die ÖVP "gaukle" jetzt Aufklärungswillen vor, weil sie "natürlich ganz genau weiß", dass die Auskunftspersonen vermutlich nicht kommen werden - und dann neu geladen werden müsse. "Wenn wir den Ausschuss normal weiterlaufen lassen, gewinnen wir also keine Zeit für die Aufklärung, sondern verlieren sie", so Krisper.

Auch SPÖ-Kritik an ÖVP

Auch SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer hat kein gutes Haar an der Volkspartei gelassen nach deren Weigerung, den Ibiza-Untersuchungsausschuss während des Lockdowns zu unterbrechen. Gegenüber der APA kritisierte Krainer, dass die ÖVP derzeit "alles torpediert - und zwar in Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden, VP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka".

Die Volkspartei habe nicht nur die Sistierung mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt, sondern weigere sich auch, FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker am kommenden Mittwoch als Auskunftsperson dran zu nehmen. An diesem Tag habe nämlich Kathrin Glock, Ehefrau des Waffen-Produzenten Gaston Glock, wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Laut Krainer waren alle vier Fraktionen dafür, stattdessen den freiheitlichen Fraktionsführer in diesem freien Slot zu befragen. Lediglich die ÖVP sei dagegen gewesen.

Sie wolle Hafenecker offenbar aus "taktischen Gründen" zu einem späteren Zeitpunkt laden, so Krainer. Denn dann sei dieser im U-Ausschuss länger blockiert.

Verlegung ins Camineum der Nationalbibliothek

Am Mittwoch hatten sich die Fraktionen in einer Sonderpräsidiale darauf verständigt, dass der U-Ausschuss ins Camineum der Nationalbibliothek ausweichen wird. Auch andere große Ausschüsse des Nationalrats sollen vorläufig dort abgehalten werden.

Die nächsten beiden Befragungstage im U-Ausschuss sind am 25. und am 26. November. In der Woche darauf sollen dann am 2. und 3. Dezember weitere Auskunftspersonen gehört werden.

(APA/Red)

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