Das Mitte-Links-Kabinett konnte somit unter anderem ein umfassendes Liberalisierungspaket im Dienstleistungsbereich durchsetzen, das in den vergangenen Tagen den Protest mehrerer Berufsgruppen in Italien ausgelöst hat. Teil des Pakets sind auch das Nachtragsbudget im Wert von sieben Milliarden Euro, dass das italienische Defizit um 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) senken sollte, und Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung.
Die oppositionelle Mitte-Rechts-Allianz hatte zahlreiche Abänderungsanträge zu dem Gesetzespaket eingebracht. Die Regierung wollte sie mit dem Vertrauensvotum umgehen. Prodi war im Senat aber auch deswegen gezwungen, die Vertrauensfrage stellen, da er dort lediglich über eine hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen verfügt. Der Minister für die Beziehungen zum Parlament, Vannino Chiti, betonte, dass die Regierung die Vertrauensfrage gestellt habe, um das Liberalisierungspaket noch vor der Sommerpause durchzusetzen, nicht weil die Koalition nicht solide sei.
Das vom Industrieminister Pierluigi Bersani verfasste Liberalisierungspaket hatte in den letzten Tagen eine Welle des Protests ausgelöst. Vergangene Woche war die Regierung dem Druck der streikenden Taxihalter gewichen und hatte ihren ursprünglichen Plan zur Deregulierung der Lizenzvergabe in entscheidenden Punkten revidiert. Insbesondere wurde am Verbot, dass ein Taxihalter mehr als eine Lizenz erwirbt, festgehalten. Gemäß des erzielten Kompromisses sollen nun die Kommunen möglichst in Konsultation mit dem Taxigewerbe nur noch außerordentliche Regelungen zur Überwindung temporärer Angebotsengpässe treffen können. In diesen Fällen sollen den Taxihaltern etwa Zusatzschichten zugestanden werden. Am heutigen Mittwoch ist ein zweiter Protesttag der Apotheker vorgesehen. Die rund 36.000 Apotheker protestieren gegen das Vorhaben der Regierung, künftig den Verkauf rezeptfreier Medikamente in Supermärkten zu erlauben.
Die Regierung Prodi muss auch wegen der Neufinanzierung der Mission in Afghanistan im Senat die Vertrauensfrage stellen. Dort stemmen sich acht Parlamentarier der Rifondazione und der Grünen gegen eine Verlängerung der Mission. Die Vertrauensabstimmung sollte am morgigen Donnerstag stattfinden. Die Mitte-rechts-Allianz kritisierte den häufigen Gebrauch von Vertrauensabstimmungen durch die Regierung, um Gesetze durchzusetzen. Die Tatsache, dass die Regierung Prodi so häufig die Vertrauensfrage stellt, zeigt, wie schwach das Kabinett nach nur zwei Monaten Lebenszeit ist, kommentierte Gianfranco Fini, Chef der rechten Alleanza Nazionale (AN), die Lage.