Ein Einsatz des Heeres gegen die Mafia, wie es einige Politiker fordern, würde aber zu keinerlei Resultaten führen. Es bedarf langfristiger Maßnahmen und einer Vielzahl von Arbeitsplätzen, nicht Soldaten, so Prodi.
Es genüge jetzt nicht, vorübergehend massive Militärpräsenz in der Stadt zu haben, notwendig sei ein dauerhaftes sicherheitspolitisches Engagement. Die Stadt sei von einer wirtschaftlichen und sozialen Krise erfasst worden, die bisher nicht genügend bekämpft worden ist, meinte Prodi.
Die Bürgermeisterin von Neapel, Rosa Russo Jervolino, meinte, die Stadt müsste sich eigentlich gegen ihre Besetzung durch das Organisierte Verbrechen auflehnen. Dies sei jedoch schwierig, da in Neapel zu viele Bürger selbst in die Untaten der Camorra verstrickt seien. Neapel müsse sich gleichsam gegen sich selbst auflehnen. Der Kampf um Neapel für mehr Sicherheit ist eine gesellschaftliche und kulturbedingte Auseinandersetzung, die nur über eine tief greifende Erneuerung des politischen Systems in Italien gewonnen werden kann, sagte die Bürgermeisterin.
Politiker der regierenden Mitte-Links-Allianz meinten, es bedürfe einer umfassenden Antwort zu Gunsten des Südens, das Sicherheitsproblem müsse sofort angegangen werden. Wichtig sind auch steuerliche Anreize, um Investitionen in diese Region zu locken. Neapel sei wieder einmal auffällig zum Zentrum einer nationalen Frage für Italien geworden. Die Zunahme der Gewaltkriminalität in Neapel basiere nicht auf einem Zusammenspiel mit der Politik, vielmehr habe diese sich nicht ausreichend gegen eine derartige Entwicklung gewährt.
Die oppositionelle Mitte-Rechts-Allianz machte den von der Regierung im Juli verabschiedeten Strafnachlass für die neue Gewaltwelle in der Vesuvstadt verantwortlich. Tausende von Kriminellen konnten vom Strafnachlass profitieren, der zur Entlastung der übervölkerten Gefängnisse verabschiedet worden war. Personen, die wegen gravierender Verbrechen festgenommen worden waren, sind jetzt wieder auf freiem Fuß. Dies erschwert die Sicherheitslage in der Stadt, kommentierte ein hochrangiger Polizeifunktionär.
Für Eklat sorgten die Worte des Spitzenpolitikers der rechtspopulistischen Oppositionspartei Lega Nord, Roberto Calderoli, der Neapel als Kloake bezeichnete. Er warnte, dass mit der neuen Gewaltwelle die Regierung Prodi der Vesuvstadt wieder öffentliche Finanzierungen in Millionenhöhe zuschanzen werde, die zu keinerlei Resultaten führen. Neapel ist wegen seiner sozialen, kulturellen und kriminellen Lage ein Affront für Italien, sagte Calderoli. Seine Worte sorgten für hitzige Reaktionen.