Phönix, sagt Christoph Rüscher mit gedämpfter Stimme und sein Atem bildet an der frostigen Luft kleine Wölkchen. Er schreit nicht, er flüstert es fast. Eine Sekunde später biegt sein sechsjähriger belgischer Schäferhund um die Hausecke, bleibt direkt neben ihm im Schnee stehen und schaut seinen Besitzer fragend an. Man muss Hunde überhaupt nicht anbrüllen. Sie hören sehr gut, erklärt der Hundeführer einen wichtigen Bestandteil seiner Philosophie. Sein Rezept ist einfach: Man muss Hunde so hundsnormal wie möglich behandeln, sagt er, während er Phönix sanft über das Fell streichelt.
Hunde- und Menschenkenntnis
Eigentlich ist Rüscher Tankstellenbesitzer in Au. Neben Hunde- hat er also auch einiges an Menschenkenntnis gesammelt. Schließlich trifft er in seinem Tankstellencafé vom Nachbarn bis zum Bürgermeister beinahe jeden. Da ist man immer gut informiert, zwinkert er, ob man will oder nicht. Doch seine wahre Leidenschaft gilt nicht dem Treibstoff, sondern den Bergen und den Hunden. Aus seinen Hobbys hat er nun auch einen Nebenberuf gemacht:
Als Hundeführer organisiert er mit seinem Freund Erwin Kohler Wanderungen für Hundebesitzer und betreibt zudem eine Hundeschule. Neben Bergtouren und Schneeschuhwanderungen mit Zwei- und Vierbeinern freut er sich jedes Jahr auf einen besonderen Ausflug: die Alpenüberquerung. Sieben Tage lang marschieren wir vom Bregenzerwald aus nach Meran, erzählt er. Bedarf an den Wanderungen ist vorhanden. Schließlich gebe es immer mehr vereinsamte Menschen mit vereinsamten Hunden, berichtet der 44-Jährige. Gerade Stadthunde müssten den Umgang mit der Natur und auch mit anderen Tieren erst lernen. Ein Hund hatte sogar Angst vor Schnee, der wollte gar nicht aus dem Auto aussteigen, berichtet der Hundeführer.
Kommunikationsprobleme
Hunde hatte Rüscher eigentlich schon sein ganzes Leben lang um sich. Sein Vater war ein Hundenarr. Von ihm hat auch der Sohn den richtigen Umgang mit Hunden gelernt. Sein Wissen gibt er jetzt weiter, denn nicht überall läuft es so glatt wie zwischen ihm und Phönix, der brav an seiner Seite trottet. Das größte Problem sei, dass Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern nicht richtig kommunizieren würden. Die Tiere anzuschreien oder gar Gewalt anzuwenden, davon halte ich gar nichts, sagt er klar. Und auch davon nichts, ständig Belohnungen zu verteilen. Bei mir gibt es keine Leckerlis. Denn gerade diese Bestechungsversuche, die bei vielen Hundebesitzern auf der Tagesordnung stünden, würden den Aufbau von nachhaltigem Vertrauen torpedieren.
Das gibt nur einen ganz kurzen Erfolg. Man kann die Hunde- auch mit der Kindererziehung vergleichen. Ich gebe einem Kind ja auch keinen Lutscher, damit es sich an den Tisch setzt und einen Lutscher, damit es wieder aufsteht. Sowieso sei es hilfreich, sich gegenüber Hunden nicht anders zu verhalten als gegenüber Menschen. Manche rennen ihren Hunden ständig hinterher, nehmen ihn mit ins Bett und würden ihn am liebsten noch mit aufs Klo nehmen. Das funktioniert in einer Partnerschaft ja auch nicht, zieht der Auer Parallelen. Man dürfe die Tiere aber nicht vermenschlichen. Hund bleibt Hund. In der Realität sieht es aber oft anders aus. Die Leute legen sich einen Hund zu statt sich einen Partner zu suchen.
Dass sich Hund und Herrchen oder Frauchen aber mit der Zeit ähneln, das sei ganz normal: Hunde sind oft wie ihre Halter. Sie nehmen tatsächlich Charakterzüge an, glaubt Rüscher. So habe er es in seinen Kursen auch immer wieder mit richtig arroganten Hunden zu tun. Und wie ist sein Phönix so? Anhänglich, sagt der Besitzer und lacht verlegen.
Zur Person
Christoph Rüscher ist Hundeführer und Tankstellenbetreiber in Au.
Geboren: 14.10.1966
Ausbildung: HTL Bregenz, Mechaniker
Familie: in einer Beziehung, zwei Söhne (13 und 19)