Manchmal bleibt Norbert Schnetzer noch ein wenig länger in der Stiftsbibliothek und genießt. Blättert in der Schedelschen Weltchronik. Oder freut sich an Hermann Josemann, der eigentlich Jodok Metzler hieß. Sein unscheinbares Bändchen hat Bartholomäus Schnell gedruckt, im 17. Jahrhundert. Schnetzer hat es um 50 Euro ersteigert. Ein echtes Schnäppchen. Wäre gut und gerne das 50-Fache wert.
Das ist Teil von Schnetzers Brotjob. Er kauft Bücher an. Alte und neue. Eigentlich ist er ja Zeithistoriker. Meine Diplomarbeit behandelt die Ernährungskrise während und nach dem Ersten Weltkrieg.
Zudem betreut er in der Landesbibliothek im Bregenzer Gallusstift alles, was vor 1850 erschienen ist: 200 Handschriften und etwa 40.000 Drucke.
Allein 11.000 lagern im Bibliotheksraum, den die Benediktiner 1910 hier errichten ließen. Der Saal ist ideal. Nach Norden ausgerichtet, mit dicken Mauern. Das garantiert fast konstant 18 Grad Raumtemperatur und 50 Prozent relative Luftfeuchtigkeit.
Nur bedingt Zugang
Hat er sie alle gelesen? Viele, aber längst nicht alle. Sein Latein reicht gerade noch. Bei Griechisch brauch ich Hilfe. Kurrent und Sütterlin hat er lesen gelernt. Frakturschrift sowieso. Aber die ist ein gutes Beispiel: Denn meine Kinder können das schon nicht mehr. Und so mischt sich in die Freude an den Beständen auch Wehmut, denn es geht beständig was verloren.
Da stehen sie also, die schweren Folianten. Tausendundein Geheimnisse zwischen Buchdeckeln. Und immer geringer wird die Zahl derer, die sie zu lüften verstehen. Ganz zu schweigen von den Informationen, die abseits der Buchstaben zu lesen wären: Herkunft, Wasserzeichen, Marginalien . . . Wann immer Norbert Schnetzer Gäste hat, wird ihm wieder so recht bewusst, welchen Schatz er da hüten darf.
ZUR PERSON
Norbert Schnetzer
Beruf: Bibliothekar
Geboren: 1. Mai 1963
Familie: verheiratet, vier Söhne
Ausbildung: BG Blumenstraße, Studium der Geschichte und Fächerbündel
Laufbahn: Akademikertraining in Stadtarchiv und -bibliothek Feldkirch, Landesbibliothek