“Ich gehe aus der Statutenlage davon aus, dass hier eine Informationspflicht des ÖGB gegeben war”, sagte Hostasch. Verzetnitsch und Weninger wären zwar befugt gewesen, in allen Bilanzangelegenheiten den ÖGB nach außen zu vertreten, “ich bin aber trotzdem überzeugt, dass es in den Gremien des ÖGB besprochen hätte werden müssen”.
Hostasch formulierte ihre Kritik sehr vorsichtig. Ein Urteil, ob die Handlungen der beiden früheren ÖGB-Spitzenfunktionäre ungesetzlich seien, wolle sie nicht abgeben, das hätten andere zu entscheiden, antwortete sie auf eine Frage von Richterin Claudia Bandion-Ortner. “Ich bin froh, dass ich nie in meinem Leben in so eine Situation gekommen bin”, betonte sie.
Hostasch war seit 1962 in der BAWAG tätig, ab 1975 als Zentralbetriebsratsvorsitzende und auch im Aufsichtsrat. 1994 wurde sie in ihrer BAWAG-Funktion karenziert, als sie Präsidentin der Arbeiterkammer wurde. Von 1997 bis 2000 war Hostasch Sozialministerin. Inner- und außerhalb des BAWAG-Aufsichtsrats habe es mit dem damaligen Bank-Generaldirektor Walter Flöttl mehrere Gespräche über die “Karibik-1”-Geschäfte mit dessen Sohn Wolfgang Flöttl gegeben. Walter Flöttl, laut Hostasch ein “sehr besonnener Mann”, habe ihr mehrmals versichert, dass das Risiko “überschaubar” sei. Für die BAWAG seien die Geschäfte wichtig gewesen, um zu zusätzlichen Erträgen zu kommen. Die Sensibilität gegenüber Vater-Sohn-Geschäften sei ihrer Meinung nach damals in der Bank nicht so groß gewesen. Auf öffentlichen Druck seien die Karibik-1-Geschäfte 1994 zurückgeführt worden, und zwar ihrer Wahrnehmung nach mit Gewinn, erklärte Hostasch.
Im ÖGB war Hostasch Vizepräsidentin und ab 2003 Vorsitzende der neu geschaffenen Kontrollkommission. In dieser Funktion hatte sie die statutenmäßige Verwendung der Mittel des ÖGB zu überprüfen. Von den BAWAG-Verlusten und der ÖGB-Garantie habe sie erst sukzessive ab Ende Jänner, Anfang Februar 2006 erfahren, als sie als Aufsichtsratsvorsitzende der AVB (Anteilsverwaltung BAWAG) von Weninger zu Bilanzgesprächen der BAWAG geladen wurde. Damals habe sie “Schritt für Schritt” mitbekommen, dass es Probleme bei der Bilanzgestaltung der BAWAG P.S.K. gebe. Einen echten Überblick über die Verluste habe sie erst im März 2006 gehabt.
“Ich war sehr betroffen”, schilderte Hostasch heute vor Gericht ihre damalige Reaktion. Sie habe sich auch selber geprüft, “haben wir etwas falsch gemacht, etwas übersehen?” Allerdings seien im ÖGB keine Hinweise oder Unterlagen vorgelegen, um irgendwelche Unregelmäßigkeiten zu erkennen. Aus den Berichten der BAWAG habe man nicht erkennen können, “dass etwas nicht in Ordnung ist”, so Hostasch.