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Holländischer Geschäftsmann verurteilt

Ein Gericht in Den Haag hat einen niederländischen Geschäftsmann zu 15 Jahren Haft wegen Komplizenschaft beim Giftgas-Angriff auf den irakischen Ort Halabja im Jahr 1988 verurteilt.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 63-jährige Frans van Anraat Chemikalien an die irakische Führung unter Saddam Hussein verkaufte, aus denen später Giftgas hergestellt wurde. Damit habe er sich der Beihilfe zu Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Außerdem entschied das Gericht, dass es sich bei dem Giftgas-Angriff auf Halabja um Völkermord gehandelt hat. Vom Vorwurf der Beihilfe zum Völkermord wurde van Anraat allerdings freigesprochen.

Das Gericht entsprach mit dem Strafmaß den Forderungen der Anklage. Staatsanwalt Fred Teeven sagte in seinem Schlussplädoyer: „Das Senfgas und das Nervengas, das mithilfe van Anraats hergestellt wurde, hat zehntausende Opfer im Irak und im Iran verursacht.“ Demnach war der Niederländer eine Art Mittelsmann, der auf dem Weltmarkt Chemikalien kaufte, um sie trotz Exportbanns an die damalige irakische Führung weiter zu verkaufen.

Zwar hatte van Anraat zugegeben, chemische Substanzen an den Irak verkauft zu haben. Laut Anklage waren es zwischen 1984 und 1988 über 1000 Tonnen. Er bestritt jedoch, über deren Zweck in Kenntnis gewesen zu sein. Laut Dokumenten und Zeugen wusste der Geschäftsmann jedoch seit 1984, dass die Stoffe zur Produktion von Giftgas einsetzbar waren.

Zudem sei er zwischen 1985 und 1988 der einzige Lieferant von Thiodiglycol an den Irak gewesen. Das Gericht urteilte dann auch entsprechend, dass der Angeklagte „wissen musste“, dass die Substanzen zur Herstellung von Giftgas genutzt werden konnten. Thiodiglycol ist ein Vorstufenprodukt bei der Herstellung von Lost, ein Stoff der nach seinen Entwicklern Lommel und Steinkopf benannt ist. Lost ist ein gasförmiger chemischer Kampfstoff. Schwefellost wird auch als Senfgas bezeichnet und wurde im ersten Weltkrieg erstmals in Belgien eingesetzt.

Dem Vorwurf der Beihilfe folgten die Richter allerdings nicht. Van Anraat habe von den Völkermord-Absichten der damaligen irakischen Führung nichts gewusst. Allerdings heißt es im Urteil, dass die „Kriegsverbrechen“, zu denen der Angeklagte beigetragen habe, „von so schwerer Natur“ seien, dass die Höchststrafe ihnen nicht gerecht werde. Es war das erste Mal, dass ein Gericht den Giftgas-Angriff auf die Kurdenstadt Halabdscha als Völkermord bewertete. Damals waren an einem Tag mehr als 5000 Menschen getötet worden.

Van Anraat war 1989 mit US-Haftbefehl in Italien festgenommen worden, floh aber später in den Irak. Dort lebte er 14 Jahre unter dem falschem Namen Faris Mansur Rashid el Bassas („Der mutige und intelligente Stoffhändler“). Im Irak blieb er bis zur US-geführten Invasion im März 2003 und kehrte dann in die Niederlande zurück. Dort wurde er im Dezember vergangenen Jahres festgenommen.

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