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Hoffnung auf Wende in Nahost

Das Jahr 2005 soll nach dem Willen des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon zum "Schicksaljahr" für Nahost werden. Er wolle "alles tun, um dieses Jahr der Möglichkeiten zu nutzen".

Gemeinsam mit seinem neuen Bündnispartner, der Arbeiterpartei von Shimon Peres, will die ehemalige Galionsfigur der Siedlerbewegung im Sommer den heftig umstrittenen Räumungsplan für den Gaza-Streifen umsetzen. Nach dem Tod des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat im November und mit der Wahl eines Nachfolgers im Jänner sehen auch internationale Beobachter Chancen für eine neue Dynamik im Friedensprozess mit den Palästinensern.

Auf der wegweisenden Strategie-Konferenz in Herzlia gelobte Sharon zuletzt, seine Regierung werde „alles tun, um dieses Jahr der Möglichkeiten nicht zu einem Jahr der vertanen Chancen zu machen“. Sharon spricht von der Aussicht auf einen historischen Durchbruch im Verhältnis mit den Palästinensern nach vier Jahren des gegenseitigen Blutvergießens sowie eine neue Partnerschaft mit der internationalen Gemeinschaft und wirtschaftliche Entwicklungen.

Der Friedensnobelpreisträger Peres und die internationale Gemeinschaft wollen allerdings mehr als nur einen Abzug aus dem Gazastreifen. Sie streben eine umfassende Friedensregelung für Nahost an, die unter anderem auch die Räumung zahlreicher Siedlungen im Westjordanland einschließt. Wie Sharons Pläne nach der Gaza-Räumung aussehen, liegt jedoch im Dunkeln. Die Palästinenser fürchten, dass für den israelischen Premier der Abzug aus dem Gazastreifen der letzte Schritt sein wird und er danach große Teile des Westjordanlands mit Siedlungsblöcken Israel einverleiben will.

Nach dem Tod Arafats im November, der in den letzten Jahren als Hindernis für eine friedliche Einigung galt, sehen dennoch viele eine Chance für einen Neubeginn in der Region. Nach einer jüngsten Meinungsumfrage glauben 61 Prozent der Israelis und 53 Prozent der Palästinenser, dass der Tod Arafats die Chancen auf eine friedliche Lösung erhöht. 62 Prozent der israelischen und 52 der palästinensischen Befragten hielten eine Einigung mit der gegenwärtigen Führung der jeweils anderen Seite für möglich.

Auch die internationale Gemeinschaft drängt auf eine Beendigung des destabilisierenden Konflikts in Nahost. Der britische Ministerpräsident Tony Blair kündigte bei seinem Nahostbesuch vor Weihnachten an, er wolle der neuen Palästinenserführung mit einer internationalen Nahost-Konferenz bei grundlegenden Reformen helfen. Auch Blairs Bündnispartner, US-Präsident George W. Bush, sagte zuletzt in einem Gespräch mit einer israelischen Zeitungskorrespondentin, er werde sich in seiner zweiten Amtsperiode mit aller Macht für eine Lösung des Nahost-Problems einsetzen.

Die Feuerprobe für den amtierenden PLO-Chef Mahmud Abbas, der als klarer Favorit bei den palästinensischen Präsidentschaftswahlen am 9. Jänner gilt, ist aus israelischer Sicht der Kampf gegen die Extremistengruppen. Abbas hat zwar zu einer Beendigung der Gewalt gegen Israel aufgerufen, verweigert aber eine Zerschlagung der radikalen Opposition. Die Umsetzung internationaler Forderungen könnte den Stand der neuen palästinensischen Führung innerhalb ihres eigenen Volkes schwächen. Für die Palästinenser gibt es auf kurze Sicht nur ein wichtiges Ziel – die rasche Beendigung der israelischen Besatzung.

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