In Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern stiegen die Fluten weiter, in Lauenburg überschritt der Pegelstand am Freitag den Wert der Flut von 2002.
In Sachsen und Sachsen-Anhalt ging das Hochwasser leicht zurück. Dort waren die Höchststände des Jahrhunderthochwassers im August 2002 nicht erreicht worden. Die Behörden stellen sich aber darauf ein, dass die Wassermassen nur sehr langsam abfließen und der Druck auf die Deiche bis Ostern anhält.
An der Elbe bei Lauenburg (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Schleswig-Holstein wurden am Freitag 8,73 Meter registriert, drei Zentimeter mehr als 2002. Teile der historischen Altstadt standen unter Wasser. Es wird wohl weiter in Zentimeterschritten steigen. Wie stark, können wir noch nicht sagen, sagte Bettina Kalytta, die Leiterin des Wasser- und Schifffahrtsamtes. Befürchtet wurde jedoch ein Höchststand von 9 Metern. Steigt das Wasser darüber, würde auch die Elbstraße mit ihren Fachwerkhäusern aus dem 16. und 17. Jahrhundert überflutet.
Die Fachleute seien von dem hohen Wasserstand in Lauenburg überrascht worden. Diesmal hatten wir im Raum Dresden viel weniger Wasser als 2002, aber bei uns ist mehr angekommen, sagte Kalytta. Ein Grund dafür sei die Schneeschmelze im Erzgebirge, im Riesengebirge und im Thüringer Wald. Außerdem hätten die neuen Deiche im Osten dem Druck Stand gehalten und die Wassermassen abgeleitet.
Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) wollte sich am Freitag an Ort und Stelle über die Lage an der Elbe informieren und dabei das Städtchen Hitzacker (Kreis Lüchow-Dannenberg) besuchen. Das Land werde 800.000 Sandsäcke aus der Landessandsackreserve zur Verfügung stellen, um die Deiche an der Elbe zu sichern, kündigte das Ministerium an.
In Hitzacker wurde laut Samtgemeindebürgermeister Jochen Langen- Deichmann ein Pegelstand von 7,42 Meter gemessen. Drei Viertel der Altstadt stehen bereits unter Wasser. Experten befürchteten, dass auch hier die Werte von 2002 übertroffen werden. Der Höchststand soll am Wochenende bei 7,70 Meter erreicht werden, das wären 20 Zentimeter mehr als 2002. Die Menschen sind seit Tagen dabei, ihre Häuser zu sichern.
In Brandenburg rechnet Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) trotz der angespannten Lage im Landkreis Prignitz vorerst nicht mit Evakuierungen. Unsere Aufgabe ist es, die Deiche zu verteidigen, sagte er am Freitag bei einem Besuch in Perleberg. Wir sind zuversichtlich, dass die Lage beherrscht werden kann. Am Pegel in Wittenberge wurden 7,14 Meter gemessen, normal sind hier im April etwa 3,70 Meter.
Im südbrandenburgischen Mühlberg (Elbe-Elster) sanken die Wasserstände, die Lage blieb aber angespannt. Es gibt etwa 50 Sickerstellen im Deich, aber sie sind alle unter Kontrolle, sagte Ines Filohn, Sprecherin des Katastrophenstabes. Bundeswehrsoldaten hatten am Vortag mit Hilfe eines Hubschraubers eine 50 Meter lange Sickerstelle ausgebessert. Der Wasserpegel war auf rund 8,50 gestiegen, lag aber damit unter dem Stand von 2002 mit 9,99 Metern.
Trotz langsam sinkender Wasserstände blieb die Lage auch in Sachsen-Anhalt ernst. Die Deiche haben viele Sickerstellen. Hunderte Helfer waren im Einsatz. In Prettin soll der Katastrophenalarm mindestens bis Sonntag aufrechterhalten werden. Eine Jahrhundertflut sahen Experten aber nicht. Jeder Pegel ist statistisch hinterlegt, danach könnte ein Hochwasser, wie wir es jetzt erleben, alle 20 Jahre auftreten, sagte der Leiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz Burkhard Henning in Magdeburg.
In den sächsischen Elbe-Regionen entspannt sich die Lage. Am Freitag wurde in Dresden die Elbbrücke Blaues Wunder wieder für den Verkehr freigegeben. Vielerorts begannen das Aufräumen. Die Feuerwehr warnte davor, Keller zu schnell auszupumpen. Die Bewohner wollen schnellstmöglich den Normalzustand wiederherstellen und schreiten teils übereilt zur Aktion, sagte Siegfried Bossack, Chef des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen. Es bestehe dabei die Gefahr, dass Grundwasser sonst Gebäude nach oben drückt und die Schäden vergrößert.