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Helmut Schmidt wirft Politikern Dilettantismus vor

Der deutsche Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat führenden europäischen Politikern Versagen bei der EU-Erweiterung vorgeworfen. Das sagte er in einem Zeitungsgespräch.

Dieser war von 1974 bis 1982 Regierungschef war, zugleich ein bisher unbekanntes deutsch-amerikanisches Kapitel im Zusammenhang mit früher geplanten atomaren Landminen.

„Wir haben es da mit einer Zusammensetzung von Außenministern und Regierungschefs oder Staatschefs zu tun, von denen die größere Zahl Dilettanten sind, was die Europapolitik angeht“, sagte Schmidt dem Blatt. Die amtierenden Staatsmänner seien „große, erfahrene Taktiker und Wichtigtuer in der Innenpolitik, aber in Sachen europäischer Integration Dilettanten“. Er selbst hätte niemals eine Erweiterung um 12 oder 13 Mitglieder ins Auge gefasst, sondern wäre einen Schritt nach dem anderen vorgegangen. „Jetzt haben große Staatsmänner 13 Schritte auf einmal tun und gleichzeitig auch noch die Verfahren und Institutionen ändern wollen. Das haben sie aber nicht hinbekommen“, sagte Schmidt.

Zu seiner Zeit seien die Staatsmänner, wie etwa der Franzose Valery Giscard d’Estaing (Staatspräsident von 1974 bis 1981) behutsamer vorgegangen: „Wir haben ja auch den Euro nicht aus dem Hut gezaubert, sondern wir haben den europäischen Währungsverbund geschaffen, aus dem sich der ECU ergeben hat, eine gemeinsame Währung, die nur auf dem Papier stand. Erst daraus konnte sich die gemeinsame Währung ergeben. Ein Schritt nach dem anderen.“

In seiner Zeit als Verteidigungsminister verhinderte Schmidt nach eigenen Angaben in den Jahren 1969 und 1970, dass die NATO in Deutschland einen Gürtel von atomaren Landminen verlegte. Er habe mehr oder weniger zufällig vom amerikanischen Verteidigungsminister Melvin Laird von den Geheimplänen erfahren. Glücklicherweise sei auch der US-Politiker Soldat im Zweiten Weltkrieg gewesen. „Also konnte er auch verstehen, als ich ihm sagte: In dem Augenblick, wo so ein Ding hochgeht, heben sämtliche deutschen Soldaten die Hände hoch. Das können wir nicht machen“, erinnerte sich Schmidt. „Der hat das sofort eingesehen. Wir haben das dann ganz still gemeinsam beerdigt.“ Die Presse habe nie etwas davon mitbekommen.

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