Helmut Bitschnau für mehr Volksabstimmungen in Österreich: Geldmache oder demokratisches Instrument?

Auch Volksbegehren sind ein beliebtes Instrument der direkten Demokratie. Insbesondere bei unseren Schweizer Nachbarn kommen sie regelmäßig zum Einsatz. Helmut Bitschnau wünscht sich das auch für die österreichische Demokratie.
Mehr Demokratie durch Volksabstimmungen?
Er hat es sich zum Ziel gemacht, für jede Gesetzesänderung den Antrag für eine Volksabstimmung einzureichen. Das bedeutet, zu jeder Verfassungsänderung wird das Volk befragt. "Ich sehe da kein Problem. Wenn die Bevölkerung die Änderung für wichtig erachtet, wird sie durch das Volk mitgetragen. Das stärkt die Demokratie. Wenn das Volk es nicht wünscht, bleibt halt alles, wie es bereits ist", so Bitschnau. "Mir ist auch klar, dass der Landtag sich nicht gleich immer nach jedem Einspruch freudestrahlend bei mir meldet", gibt er zu. Dennoch erhofft er sich dadurch konsequentere Demokratie. Und weniger "kleinliche Änderungen". Wenn das Volk mitbestimme, würde die Politik ihr Handeln mehr reflektieren, ist er sicher. "Das sorgt dann in weiterer Folge für mehr Rechtssicherheit", so der Vandanser.

Mit seinen Volksabstimmungen und Volksbegehren möchte er sich allerdings ganz deutlich nicht parteipolitisch engagieren. Deshalb widmet er sich insbesondere "Sachthemen", wie er erklärt. "Für mich ist das Ganze ein überparteiliches Thema", verdeutlicht Bitschnau. Er wolle insbesondere darauf aufmerksam machen, dass Demokratie auch Teilhabe bedeutet. Ohne sich politisch einordnen zu wollen, betont er, dass vor allem, wenn "autoritäre Parteien regieren", die Volksabstimmungen in seinen Augen "die Demokratie sichern." Schließlich habe die Politik so keine alleinige Handhabe. "Man sieht in Russland, wie schwer es ist, einen einzelnen Menschen, der Macht hat, einzufangen. Bedarf es aber obligatorischer Volksabstimmungen wie in der Schweiz, ist es für Alleinherrscher schwer, fragwürdige Gesetze oder Maßnahmen zu etablieren."

"Mir geht es nicht drum, aus Österreich eine Schweiz zu machen, aber das Regierungssystem gefällt mir immer besser, je länger ich es beobachte", ordnet der gelernte Elektrotechniker sein politisches Engagement ein. Das Wissen, über das er verfügt, hat er sich "in den vergangenen 20 Jahren per Selbststudium" beigebracht. Neben den Volksabstimmungen, die er sich auf verschiedenen Ebenen wünscht, beschäftigt er sich auch mit Volksbegehren. Sie sind ebenfalls ein politisches Instrument der Teilhabe.
Das Recht auf Wohnen
Eines seiner erfolgreichsten Volksbegehren, die er durchgebracht hat, ist das "Recht auf Wohnen". 134.000 Österreicherinnen und Österreicher haben ihm dafür seine Zustimmung gegeben. Für dessen Vorbringen musste der Vandanser rund 3.400 Euro bezahlen. Die Kosten fallen vor allem für Druckkosten an, schließlich wird das Volksbegehren in allen Gemeindeämtern ausgehängt. Der Preis dessen wird jährlich an die Inflation angepasst und variiert daher leicht. Erreicht das Begehren mindestens 100.000 Bürgerinnen und Bürger, bekommen die Bevollmächtigten, sprich die Menschen, die das Begehren eingereicht haben, das Fünffache des selbst gezahlten aus Staatsgeldern zurückerstattet. Ein Grund, weshalb immer mehr Parteien die Abschaffung von Volksbegehren fordern.

Geldmache oder Demokratieinstrument?
Wer also regelmäßig Volksbegehren erfolgreich durchbringt, kann daraus ordentlich Profit schlagen. Helmut Bitschnau verneint diesen Vorwurf. Schließlich müsse man zunächst viel Geld investieren, bevor man Geld aus den Staatstöpfen erhält. Natürlich freue man sich, wenn man Geld zurückerstattet bekommt. Das passiert aber auch nur, wenn man bereits Geld investiert hat und eine breite Masse angesprochen habe. "Das BMI (Bundesministerium des Innern) ist kein Bankomat", betont er dennoch. Er sehe die Rückerstattung viel mehr als Möglichkeit, Geld in neue Volksbegehren zu investieren, um so den Bürgerinnen und Bürgern Gehör zu verschaffen. Den Erfolg seiner Begehren kann der Gemeindevertreter in einer App des BMI verfolgen. Weil er damit vertraut sei, und sich auch mit der Formulierung der Begehren auseinandergesetzt habe, liefen unter seinem Namen auch Volksbegehren, die er stellvertretend für Freunde errichtet hat - so zum Beispiel ein Begehren zum Thema Pflege.

Immer wieder wird er auch mit dem Vorwurf konfrontiert, die Wahlbeteiligung sei bereits bei Wahlen gering, wieso solle das dann bei Volksbegehren oder -abstimmungen anders sein. "Ich glaube, die Vorschläge in solchen Abstimmungen sind konkreter. Die Bürgerinnen und Bürger müssen daher nur wissen, ob sie beispielsweise für oder gegen die Verlegung der Liechtensteiner Grenze sind." Das sei unmittelbarer und fördere somit die Beteiligung. Auf der anderen Seite meint er: "Wenn nur 10 Prozent an einer Abstimmung teilnehmen, in Vorarlberg wären das vermutlich rund 30.000 Wahlberechtigte, ist das immer noch bedeutend mehr, als wenn nur der Landtag abstimmt. Das Volk wird somit besser repräsentiert", zeigt er sich überzeugt. Die Wahlen müssten auch nicht immer sofort, sondern dem schweizer Modell folgend quartalsmäßig stattfinden. "Dann können alle Abstimmungen an einem zentralen Termin durchgeführt werden." Ob das zu anderen Ergebnissen führe, weil sich nur jene beteiligen, die wenig Ahnung von Politik haben? "Das Volk ist dumm, ist immer Vorwurf. Dann müsste man ja auch Wahlen verbieten. Sonst wählen die Bürgerinnen und Bürger ja möglicherweise eine Regierung, die nicht vertretbar ist", lacht er.

Wichtig sei ihm aber auch zu betonen, dass Volksabstimmungen für ihn nur dann ein Instrument der Teilhabe in der Demokratie sind, wenn die Menschenrechte davon nicht berührt werden. "Würde in einem sehr dramatischen Szenario das Volk für die Einführung der Todesstrafe stimmen, bin ich fest davon überzeugt, dass das nicht durchsetzbar ist, weil das gegen das Recht auf Leben verstößt", so Bitschnau.
(VOL.AT)