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Heimunterricht abhängig von Coronavirus-Ampel: Welche Farbe was bedeutet

Ab Herbst soll beim Umfang mit der Schule auf das neue Ampelsystem geachtet werden.
Ab Herbst soll beim Umfang mit der Schule auf das neue Ampelsystem geachtet werden. ©APA
Wie in einer Pressekonferenz am Montag von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) mitgeteilt wurde, steht nun das Schulstart-Konzept für den Herbst: Ein erneutes Umstellen auf Heimunterricht bei regionaler Zunahme an Coronavirus-Infektionen an Österreichs Schulen wird es erst ab der Corona-Ampelfarbe "rot" geben. Für Schüler der Sekundarstufe II, also ab rund 14 Jahren, kann Distance-Learning schon früher umgesetzt werden.

Die Definition, ab welchen Fallzahlen die Corona-Ampel ihre Farbe ändert, hat das Gesundheitsministerium für Anfang September angekündigt. "Unsere Ambition ist, uns der Ampelfarbe anzupassen", so Faßmann. Großflächige Schulschließungen wolle das Ministerium jedenfalls mit aller Energie vermeiden, auch wenn sie im Einzelfall nicht zu verhindern sein werden.

Dazu werde es allerdings die Mithilfe der Eltern brauchen, betonte Faßmann: In einem mehrsprachigen Elternbrief soll an diese appelliert werden, ihr Kind nicht krank in die Schule zu schicken. Ein Husten ohne weitere Symptome sei wohl noch nicht problematisch, hier müsse das Gesundheitsministerium aber noch eine klare und präzise Symptomatik vorgeben. Auch an Schulleiter soll ein Schreiben mit konkreten Vorgaben und Empfehlungen ergehen.

Großflächige Schulschließungen sollen vermieden werden

Wenn die Corona-Ampel auf "rot" schaltet und es zum allgemeinen Lockdown in einem politischen Bezirk kommt, stellen alle betreffenden Schulen wieder auf Distance-Learning und Notbetrieb um. Dasselbe passiert bei Schließung einzelner Klassen oder Schulen. Im Kindergarten-Bereich gibt es bei Stufe "rot" u.a. keine Durchmischung der Gruppen, Kinder im verpflichtenden letzten Kindergartenjahr dürfen dann daheimbleiben.

Bei Ampelstufe "grün" soll es weitestgehenden Normalbetrieb geben, auch Schulveranstaltungen wie Skikurse sind erlaubt. Allerdings appelliere Faßmann an die Schulen, das Risiko abzuschätzen und auf die Stornobedingungen zu achten.

"Flexibler" Heimunterricht ab Ampelfarbe "orange"

Ab Stufe "gelb" gilt durchgehend Mund-Nasen-Schutz-Pflicht abseits des eigenen Sitzplatzes. Gesungen soll dann nur noch im Freien oder in der Klasse nur mit Maske werden. Sport gibt es nur noch im Freien, Kontaktsportarten gar nicht.

Ab Ampelfarbe "orange", die laut Faßmann "eine deutliche Ausweitung der Infektion" bedeutet, wechseln die Sekundarstufen-II-Schüler dann in den "flexiblen" Heimunterricht. Die Schulen können sich auch autonom für Schicht-Präsenzbetrieb unter Auflagen entscheiden. Für alle Jüngeren gibt es dann keine Schulveranstaltungen mehr und Singen nur noch im Freien, Lehrerkonferenzen finden dann nur noch online statt.

Umgang mit Schülern mit Coronavirus-Symptomen

Generell soll beim Wiedereinstieg in den Schulbetrieb die Vermischung der Klassen untereinander vermieden werden, was sich auch auf die Pausengestaltung auswirken wird. Es gelten Regeln zum Händewaschen, zur Hust- und Nieshygiene sowie zum Abstandhalten, das Klassenzimmer soll auch während des Unterrichts im 20-Minuten-Takt gelüftet werden. Außerdem sollen die Schulen so viel Unterricht wie möglich im Freien abhalten.

Schüler mit Symptomen eines Covid-19-Infekts, für den es keine andere einleuchtende Ursache gibt, sollen zuhause bleiben. Bei einem Verdachtsfall in der Klasse wird das betroffene Kind abgesondert und die Gesundheitsbehörde informiert. Diese entscheidet dann, ob die Abklärung vor Ort erfolgt und über Testungen von Kontaktpersonen. Derzeit in Diskussion ist laut Faßmann, ob wie bisher bei einem Covid-19-Fall alle engen Kontaktpersonen in Quarantäne müssen oder betroffene Schüler, wie in der Schweiz, mit Mund-Nasen-Schutz am Unterricht teilnehmen können.

Sommerferien wurden zur Vorbereitung auf Corona-Schuljahr genutzt

Ministerium und Schulen haben die Sommerferien laut Faßmann zur Vorbereitung auf das neue Schuljahr unter Corona-Bedingungen genutzt, von der Ausstattung mit Hygienematerial über Lehrerfortbildung bis zur Schaffung des Portals "Digitale Schule" mit September. Auch aus den Fehlern beim Fernunterricht im Frühjahr habe man gelernt: Im neuen Schuljahr darf jede Schule nur eine Lernplattform nutzen, die Lehrer müssen die Aufgaben für die Schüler abstimmen und regelmäßig Kontakt zu den Schülern halten, bei Bedarf werden Leihgeräte zur Verfügung gestellt. Für alle Fragen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schulbetrieb gibt es eine eigene Corona-Hotline (0800 21 65 95).

Lehrer aus der Risikogruppe müssen keinen Präsenzunterricht halten, auch bei steigender psychologischer Belastung wegen steigender Infektionszahlen können sie sich per Attest vom Präsenzunterricht befreien lassen. Lehrer über 60 ohne relevante Vorerkrankung werden sich nach derzeitigem Stand im Gegensatz zum vorigen Schuljahr nicht auf Wunsch freistellen lassen können.

Coronavirus-Schulmonitoring

Um einen Überblick über das tatsächliche Infektionsgeschehen an den Schulen zu haben, wird es ein Schulmonitoring geben. Dabei werden alle drei Wochen in Zusammenarbeit mit mehreren Unis 15.000 Schüler und 1.200 Lehrer an 250 Schulen in ganz Österreich per schmerzfreier Gurgelmethode getestet. Immerhin könnten sich Kinder ebenso leicht anstecken wie Erwachsene und könnten das Virus auch weitergeben, würden allerdings meist asymptomatisch erkranken, betonte Molekularbiologe Michael Wagner von der Uni Wien bei dem Pressetermin die Wichtigkeit des Testprogramms.

APA

Vor allem im Winter, wenn Kinder husten und schnupfen und damit mehr infektiöse Tröpfchen und Aerosole erzeugen, könnten sie das Virus dann auch öfter weitergeben. Das Screening ermögliche dann einzuschätzen, ob die bisher getroffenen Maßnahmen für einen sicheren Schulbetrieb ausreichen oder ob nachgeschärft werden muss. Schulen seien jedenfalls keine "Insel der Seligen", betonte Wagner, das Infektionsgeschehen der gesamten Gesellschaft werde sich auch dort abbilden. Wenn es also möglichst nicht zu Schulschließungen kommen solle, müssten alle mithelfen und die Verbreitung des Virus so gut wie möglich eindämmen helfen.

Sport Austria-Präsident Niessl unterstützt Faßmann

Sport Austria-Präsident Hans Niessl hat sich am Montag erfreut zum von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) präsentierten Covid-19-Konzept für den Schulstart im Herbst geäußert. "Das Grundkonzept des Bundesministers entspricht in einem hohen Maß den Vorstellungen von Sport Austria, insbesondere was den Sportunterricht betrifft", so Niessl in einer Aussendung.

"Es ist vollkommen richtig, den Sportunterricht wieder in den normalen Schulbetrieb zu übernehmen und an ihm auch dann festzuhalten (nämlich in Kleingruppen und verstärkt im Freien, Anm.), sollten die Infektionszahlen in den gelben Ampel-Bereich steigen", verlautete Niessl. Gerade Sport und Bewegung würden wesentlich zur Stärkung des Immunsystems beitragen. Dadurch würden Kinder und Jugendliche gesund bleiben und "damit auch die Ansteckungsgefahr geringer". Bewegung und Sport seien die beste Medizin. Man soll, so Niessl, generell den Unterricht, wo und solange es witterungsmäßig nur geht, im Freien abgehalten. "Indoor ist regelmäßiges Lüften in den Klassenzimmern wie in den Turnsälen wichtig und richtig. Unterm Strich sieht dieses Konzept einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Virus vor."

Direktoren und Eltern zufrieden, Kritik von Gewerkschaft

Das Maßnahmenpaket von Minister Heinz Faßmann (ÖVP) zum Schulstart in Corona-Zeiten wird von den Direktoren, aber auch Elternvertretern an den Pflichtschulen positiv aufgenommen. Die Lehrergewerkschaften hätten sich dagegen eine weitergehende Maskenpflicht gewünscht.

Großflächige Schulschließungen sollen vermieden werden, eine Umstellung auf Heimunterricht soll es laut dem am Montag präsentiertem Konzept nur geben, wenn die Corona-Ampel auf "rot" springt oder einzelne Schulen oder Klassen wegen Covid-19-Infektionen geschlossen werden. Das Infektionsgeschehen an den Schulen wird per Screening kontrolliert. Steht die Ampel auf "grün", soll es an den Schulen weitestgehend Normalbetrieb geben. Ab Stufe "gelb" gilt durchgehend Mund-Nasen-Schutz-Pflicht außerhalb von Klassenräumen. Im Unterricht soll es keine Maskenpflicht geben.

Der oberste Lehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) anerkennt, dass nun ein "Rahmen" vorliege, aber "jetzt gilt es natürlich noch sehr, sehr viele Details zu klären", sagte er zur APA. Dabei gehe es etwa darum, wie man mit Verdachtsfällen umgehe, ob die Schulen Unterstützung von medizinischem Fachpersonal bekommen - denn ein Lehrer könne ja nicht beurteilen, ob ein Schüler die Grippe oder Covid-19 habe. Man müsse sich auch überlegen, wie groß der schulautonome Spielraum sei, denn beispielsweise seien die Gebäude sehr unterschiedlich. Was Maßnahmen wie eine Maskenpflicht betrifft, plädiert Kimberger dafür, dass die Schulen selbst entscheiden sollen, ob es sinnvoll sei.

AHS-Gewerkschafter Herbert Weiß (FCG) befand in der Tageszeitung "Heute" (Dienstag-Ausgabe), "ein Unterricht ohne Schutzmasken wird in manchen Bereichen einfach nicht durchführbar sein". So könne man etwa im EDV-Unterricht den Sicherheitsabstand nur schwer einhalten, wenn der Lehrer dem Schüler etwas am Bildschirm zeigen will. Weiß hätte sich in Sachen Maskenpflicht mehr Kompetenzen für Lehrer erhofft.

Auch BMHS-Gewerkschafter Roland Gangl (FCG) sagte zur APA, dass die Schule für die Oberstufenschüler entscheiden sollte, ob eine Maskenpflicht sinnvoll ist oder nicht. Generell meint Gangl, dass sich nun die Baupolitik der letzten Jahrzehnte räche, was das geplante Abstandhalten und regelmäßige Lüften betreffe - dies sei ein Thema, mit dem man sich in Zukunft verstärkt auseinandersetzen müsse.

Äußerst zufrieden mit dem vorgelegten Paket ist die Sprecherin der AHS-Direktoren, Isabella Zins: Die Direktorenvertreter hätten gut mit dem Ministerium zusammengearbeitet und es sei viel Expertise aus der Praxis eingeflossen, erklärte sie gegenüber der APA. Man könne von keinem Papier erwarten, dass jede Frage beantwortet werde, aber als Unterstützung sei es "sehr hilfreich" - etwa was im Verdachtsfall passiert und wie man den Schulalltag in den einzelnen Ampelphasen organisiert. In Bezug auf die Masken plädiert Zins dafür, "mit Herz und Hirn" zu agieren. Es hätten ohnehin alle eine Maske dabei und es spreche nichts dagegen, sie auch während einer grünen Ampelphase zwischendurch etwa für Gruppenarbeiten aufzusetzen. "Es ist wichtig, ein Schulklima zu schaffen, das möglichst normal ist." Zins ist davon überzeugt, dass sich die Situation einspielen wird: "Es wird funktionieren."

Evelyn Kometter, Vorsitzende des Dachverbands der Elternvereine an Pflichtschulen, sieht sehr viele Elternanliegen miteingearbeitet. Teilweise müsse freilich nachgeschärft werden. So müsse es in der ersten Schulwoche nicht nur einen Elternbrief geben, sondern an jedem Schulstandort einen Fahrplan, damit die Eltern wissen, was in gewissen Situationen passiert. Auch fordert Kometter, dass es für Schüler, die zuhause bleiben, weil sie etwa zur Risikogruppe gehören, einen Livestream aus dem Klassenzimmer gibt. Dass es bei grüner Ampel keine Maskenpflicht im Schulhaus gibt, findet die Elternvertreterin gut.

Opposition vermisst klare Regeln für Schulstart

Die Oppositionsparteien vermissen auch nach der heutigen Pressekonferenz von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) klare Regeln für den Schulstart im September. Die Ankündigung von Maßnahmen bei einer bestimmten Ampelfarbe sei wenig hilfreich, bevor man die Kriterien der vom Gesundheitsministerium für September angekündigten Corona-Ampel kenne, so SPÖ und NEOS am Montag in Aussendungen.

SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid kritisierte, dass laut Plan des Bildungsministeriums bei älteren Schülern eine Umstellung auf Distance Learning schon bei der Ampelfarbe Orange möglich sein soll, obwohl es die Kriterien für die Ampel noch gar nicht gibt. Ihr fehlen außerdem Vorgaben dazu, wie Eltern und Lehrer bei leichteren Erkältungssymptomen reagieren sollen, und eine klare Teststrategie des Bildungsministers. Lehrer und Kindergartenpädagogen müssten als Schlüsselarbeitskräfte ins Test-Screening-Programm aufgenommen werden, so ihre Forderung.

Für FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl wurde vom Bildungsministerium bisher noch "nichts auf Schiene gebracht": "In Summe lieferte Faßmann, abgesehen vom Maskenzwang am Gang, eine Blaupause unseres freiheitlichen Lösungskonzepts, stolpert jedoch über seine eigenen Ankündigungen." Es sei offen, wie schlussendlich angekündigte Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden.

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre lobte das Bemühen um einen normalen Schulstart und die angekündigte Corona-Hotline, sieht aber mangels Corona-Ampel immer noch viele offene Fragen. Sie will eine Förderoffensive für Kinder, die während der Umstellung auf Fernunterricht den Anschluss verloren haben, eine "Fast Lane" für Corona-Tests an Schulen, und klare Vorgaben für die Kindergärten.

Grünen-Bildungssprecherin Sibylle Hamann lobte, dass es nun "transparente Regeln, Sicherheit und Berechenbarkeit" gebe. Eltern müssten sich keine Sorgen mehr machen, dass es längere Schulschließungen geben wird. Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike von der ÖVP-nahen Schülerunion sieht einen "mutigen Schritt Richtung Normalität".

(APA/Red.)

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