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Heimkind klagt Land OÖ auf 1,1 Mio. Euro - Prozessauftakt in Linz

Die Vorwürfe gegen das Heim - Prügel, sexuelle Übergriffe, Demütigungen, zu wenig zu essen und Freiheitsentzug - wiegen schwer.
Die Vorwürfe gegen das Heim - Prügel, sexuelle Übergriffe, Demütigungen, zu wenig zu essen und Freiheitsentzug - wiegen schwer. ©APA / Symbolfoto
Der Prozess nach den schweren Missbrauchsvorwürfen eines ehemaligen Heimzöglings gegen das Land Oberösterreich hat am Freitag in Linz begonnen. Der heute 44-Jährige, der von Prügel, sexuellen Übergriffen, Demütigungen, zu wenig zu essen und Freiheitsentzug spricht, klagt auf 1,1 Mio. Euro.
"Falsche" Waise klagt Linzer Richter

“Das Geld ist relativ, ich bin mit einem Butterbrot genauso glücklich”, erklärte er im Gespräch mit Journalisten. Es sei aber eine Genugtuung, dass es 30 Jahre nach den angeblichen Vorfällen zu einer Verhandlung gekommen ist.

Mit zwölf Jahren war der gebürtige Bad Ischler (Bezirk Gmunden) im Heim gelandet, weil seine allein erziehende Mutter mit fünf Kindern überfordert war. Vier Jahre – von 1979 bis 1983 – blieb er in der Einrichtung in Leonstein (Bezirk Kirchdorf). Der Mann berichtet zwar auch von guten Erziehern, “eine Hand voll sadistischer Täter” habe ihn aber u.a. für ganze Wochenenden eingesperrt. Er bekam vom Land 20.000 Euro zugesprochen, für ihn steht das jedoch nicht im Verhältnis zu seinem Leid. Er sei seit dem 31. Lebensjahr als Invalide eingestuft und erhalte eine Pension von 800 Euro, so der 44-Jährige, der nun Pensionsschaden und Schmerzensgeld einklagen will.

Für Land Oberösterreich “längst verjährt”

Zu einem Vergleich ist das Land Oberösterreich nicht bereit, wie dessen Rechtsvertreter Thomas Langer vor Gericht erklärte. Die Sache liege sehr lange zurück, es sei bereits vielgezahlt worden. “Für die Klage sehe ich keine große Chance, das ist längst verjährt.” Langer glaubt auch nicht, dass der Ischler zu einem früheren Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen wäre zu klagen. Julia Andras, die Anwältin des Mannes, will hingegen ein Gutachten zum Beweis, dass ihr Mandant wegen seiner schweren Traumatisierung vorher nicht in der Lage gewesen sei, seine Ansprüche geltend zu machen. Die Verjährung würde dadurch gehemmt.

Der Prozess wurde am Freitag nach kurzer Dauer auf unbestimmte Zeit vertagt. Eine Frau, die später in dem Heim untergebracht war, soll die Abläufe in der Einrichtung schildern. Laut Andras seien die Erzieher nicht ausreichend geschult gewesen. Zudem sollen beschuldigte Mitarbeiter des Heimes als Zeugen aussagen. Diese müssen nun ausfindig gemacht werden.

Kinderheimbewohner fälschlicherweise als Vollwaise geführt

Donnerstagabend war bekanntgeworden, dass ein 65-jähriger ehemaliger Kinderheimbewohner, der 1,6 Mio. Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld vom Land Oberösterreich verlangt, nun auch Linzer Richter klagt. Die Anzeige des Mannes, der nach dem Zweiten Weltkrieg fälschlicherweise als Vollwaise geführt worden war und ebenfalls von Andras vertreten wird, lautet auf Urkundenunterdrückung, versuchte Beweismittelvernichtung und versuchten Prozessbetrug. Ein von seinem Anwalt angeforderter Strafakt, der laut einem Richter nicht mehr vorhanden war, sei nun aufgetaucht, berichtete der “Kurier”. Er soll zur Vernichtung bestimmt gewesen sein. (APA)

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