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Heimische Banken auf Migranten-Kundenfang

In vielen Filialen erfolgt die Beratung bereits auf türkisch oder kroatisch. Kunden mit Migrationshintergrund haben oft spezielle Bedürfnisse.
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Rund 1,47 Millionen Menschen, die in Österreich leben, haben einen Migrationshintergrund. Für Unternehmen sind Migranten daher eine wichtige Zielgruppe. Auch die heimischen Banken heften sich neuerdings das sogenannte Ethnobanking auf ihre Fahnen. Sie beraten Kunden in ihrer Muttersprache und bieten zum Teil auch spezielle Produkte – etwa Hochzeitskredite – an. Islamic Banking ist dagegen kein Thema.

Die Erste Bank etwa berät in Wien, Mödling und Schwechat ab sofort auch auf serbisch, kroatisch und türkisch. Insgesamt sind 26 Berater in 22 Filialen im Einsatz, teilte das Institut mit. “Unser Pilotversuch im Jahr 2008 mit fünf Beratern hat so gut funktioniert, dass wir das jetzt in den Normalbetrieb übergeführt haben”, sagte Sprecher Peter Thier. In den vergangenen drei Jahren habe man 6.000 Neukunden mit Migrationshintergrund gewonnen, das sei ein Plus von 20 Prozent in dieser Zielgruppe.

Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien bietet in zehn Wiener Filialen schon seit zwei Jahren Beratung in türkisch und bosnisch/kroatisch/serbisch an. Über 30 Mitarbeiter mit nicht-deutscher Muttersprache seien dafür abgestellt, sagte der stellvertretende Generaldirektor der RLB NÖ-Wien, Georg Kraft-Kinz, zur APA. Dabei gehe es auch um “die Sprache hinter der Sprache”, also um die kulturelle Kompetenz und die Haltung gegenüber Migranten. Auch die BAWAG P.S.K. hat in jeder dritten Filiale mindestens einen Mitarbeiter “mit besonderen Sprachkenntnissen”, etwa bulgarisch, tschechisch oder kroatisch, sagte eine Sprecherin. Etwa 15 Prozent der rund 1.050 Vertriebsmitarbeiter können ihre Kunden somit in deren Muttersprache beraten. “Wir sind auf gutem Weg. Heuer haben doppelt so viele Migranten ein Konto bei uns eröffnet.”

Die Bank Austria hat in ihren Filialen, vor allem in den 160 Niederlassungen in Wien, ebenfalls viele Mitarbeiter mit nichtdeutscher Muttersprache. “Aber wir etikettieren diese Filialen nicht”, so Sprecher Tiemon Kiesenhofer.

Portfolio für türkische Hochzeiten

Es stellt sich heraus, dass Kunden mit Migrationshintergrund oft spezielle Bedürfnisse haben. “Wir haben uns am Anfang eingebildet, der Zahlungsverkehr ins Ausland sei das große Thema”, so Erste-Sprecher Thier. Nun aber zeige sich, dass Migranten sehr stark Hypothekarkredite nachfragten. Raiffeisen hat eine spezielle Produktschiene für Migranten entwickelt. “Zum Beispiel bieten wir türkischen Familien Kredite für Hochzeiten an”, so Kraft-Kinz. Türkische Hochzeiten sind nicht billig, sind doch in der Regel mehrere hundert Gäste geladen. Die BAWAG P.S.K. und die Bank Austria haben keine auf Migranten zugeschnittenen Produkte im Portfolio. “Wir haben aber Werbemittel in türkischer oder kroatischer Sprache”, so Kiesenhofer.

Die Volksbanken beschäftigen sich ebenfalls “intensiv” mit dem Thema Migration, starten aber erst 2011 mit einem “Rollout” bei den Volksbanken Bruck-Graz und Wien, wie es auf Anfrage hieß. Zuerst werden Folder in verschiedenen Sprachen aufgelegt, in weiterer Folge sollen dann auch Beratungsgespräche etwa auf türkisch oder kroatisch angeboten werden.
Islamic Banking, also Bankgeschäfte nach den Regeln des islamischen Rechts (Scharia), werden hingegen von den Austro-Banken nicht angeboten, weil kaum nachgefragt. “Wir glauben, dass das eine kurze Modeerscheinung in den Medien war”, meinte Thier. Einzig die BAWAG P.S.K. stellt puncto Islamic Banking “Überlegungen” an, für die anderen Geldhäuser ist dies kein Thema.

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