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Erste Erkenntnisse zum Messerstecher in Wiener Spital

Patient stach Arzt in Wiener Spital nieder. Persönliches Motiv vermutet. Der Täter ist aus Sierra Leone, der Arzt außer Lebensgefahr. Die Gewalt gegen Ärzte und Pfleger steigt.

Hinter einer Messerattacke im Sozialmedizinischen Zentrum Süd (SMZ-Süd) auf einen 64-jährigen Arzt am Mittwoch in Wien dürfte ein "persönliches Motiv" gestanden sein. Opfer und der Verdächtige, ein 33 Jahre alter Mann aus Sierra Leone, ein Patient des Krankenhauses, kannten einander seit längerer Zeit. Der 33-Jährige stand dort in Behandlung, hieß es bei einer Pressekonferenz in dem Spital am Nachmittag.

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"Es dürfte sich um einen gezielten Angriff gehandelt haben", sagte Gerhard Winkler vom Landeskriminalamt Süd. Der Verdächtige mit Asylstatus sei seit 2011 im SMZ-Süd in Behandlung gewesen. Die Ärztliche Direktorin des Krankenhauses, Michaela Riegler-Keil, schilderte den groben Hergang der Messerattacke: Der Verdächtige sei gegen 10.00 Uhr unangemeldet und ohne Termin in den Ambulanzbereich der kardiologischen Abteilung gekommen, habe sich nicht am Schalter angemeldet und im Wartebereich niedergelassen. Als der Arzt vorbeigekommen sei, wäre der Mann aufgestanden und habe dem Arzt gezielt einen Bauchstich versetzt. Der Verdächtige war laut dem Kriminalisten bisher wegen Gewaltdelikten nicht auffällig. Die Einvernahmen liefen am Nachmittag noch.

Das Opfer wurde notoperiert und befand sich am Nachmittag außer Lebensgefahr. Die Generaldirektorin des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, verwies darauf, dass man im Bereich des KAV zahlreiche Maßnahmen zur Gewaltprävention und zur Verhinderung solcher Ereignisse setze. Man werde die Tat vom Mittwoch zum Anlass nehmen, diese Aktivitäten zu verstärken.

Harald Stefan (Deeskalationsexperte KAV), KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Ärztin Michaela Riegler-Keil und Gerhard Winkler (LKA Süd) - FOTO: APA - Herbert Pfarrhofer

Arzt steht kurz vor der Pensionierung

Beim Opfer handelt es sich um einen Oberarzt für Kardiologie. Der Mediziner soll sich kurz vor seiner Pensionierung befinden. Im SMZ Süd und beim KAV zeigte man sich bestürzt und betroffen. "Ich bin schockiert über den Angriff auf unseren Kollegen", meinte die Ärztliche Direktorin des Spitals, Michaela Riegler-Keil.

Den Patienten und Mitarbeitern standen vor Ort Kriseninterventions-Teams zur Seite. "Diese schreckliche Tat zeigt auf traurige Weise, dass selbst gegen diejenigen Gewalt ausgeübt wird, die sich um das Wohl anderer kümmern. Wir werden den Vorfall gemeinsam mit der Polizei lückenlos aufklären und analysieren, ob und wie wir solche Vorfälle künftig vermeiden können", sicherte KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb zu.

Kölldorfer-Leitgeb, verwies darauf, dass man im Bereich des KAV zahlreiche Maßnahmen zur Gewaltprävention und zur Verhinderung solcher Ereignisse setze. Man werde die Tat vom Mittwoch zum Anlass nehmen, diese Aktivitäten zu verstärken.

Gewalt gegen Ärzte und Pfleger steigt

Als "außerordentlichen Einzelfall" und einen "gezielten Gewaltakt" gegen den betroffenen Arzt hat die Wiener Ärztekammer die Bluttat im Wiener SMZ Süd bezeichnet. Grundsätzlich ist aber die Gewalt in Spitälern, der Ärzte und Pflegepersonal ausgesetzt sind, weiter im Steigen begriffen, gab die Ärztekammer am Mittwoch zu bedenken. Sie forderte aufgrund dessen 300 zusätzliche Spitalsärzte.

Wolfgang Weismüller, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, appellierte an den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), nun "raschest" zu reagieren. "Es ist absolut essenziell, dass die Sicherheit von Ärztinnen und Ärzten sowie Patienten gleichermaßen sichergestellt wird", betonte Weismüller in einer Presseaussendung.

Wie Alexandros Stavrou, Sprecher der Wiener Ärztekammer, im Gespräch mit der APA erklärte, liegen der Ärztekammer zahlreiche Berichte über Gewalttätigkeiten in Spitälern, Ambulanzen oder Arztpraxen vor. Zu diesem Thema läuft derzeit auch eine Umfrage unter der Ärzteschaft. Die Ergebnisse und ein Forderungspaket will die Ärztekammer spätestens im August präsentieren. Die Kombination aus einem Mehr an Patienten und immer weniger Ärzten stelle jedenfalls ein beträchtliches Konfliktpotenzial dar, meinte Stavrou. Die damit einhergehenden längeren Wartezeiten würden zu Aggressionen führen, die mitunter "in Schlägereien, Reibereien" münden.

Um die langen Wartezeiten in den Ambulanzen abzukürzen, forderte Ärztekammer-Vize Weismüller 300 zusätzliche Spitalsfachärzte. Nur damit wäre die Situation zu entschärfen und mehr Zeit für die Behandlung der Patienten möglich. Außerdem regte Weismüller eine Strafverschärfung in Fällen von Gewalt gegen Ärzte und Pflegepersonal an. Diese sollten in dieser Hinsicht Polizeibeamten gleichgestellt werden: "Aus Sicht der Standesvertretung sollte strafgesetzlich eine Gewalthandlung gegen einen Arzt jedenfalls immer eine schwere Körperverletzung sein."

Das SMZ Süd - FOTO: APA - Herbert Pfarrhofer

Gesundheitsstadtrat ist erschüttert

Unterdessen zeigte sich der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) von der Gewalttat im Wiener SMZ Süd erschüttert. "Das Allerwichtigste ist, dass die Operation des verletzten Arztes gut verlaufen ist und die Genesung rasch und vollständig erfolgt", bekräftigte Hacker in einer Aussendung. Er danke den Mitarbeitern des Krankenhauses, "die dem Opfer der Attacke rasch Hilfe leisteten und sofort lebensrettende Maßnahmen setzten", so Hacker.

Kritik am KAV kam von der Wiener ÖVP und der Wiener FPÖ. Der geschäftsführende Wiener FPÖ-Landesparteiobmann und Vizebürgermeister Dominik Nepp sowie ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec bemängelten das Fehlen eines Sicherheitskonzepts beim KAV, das der Wiener Stadtrechnungshof bereits 2015 empfohlen habe. "Auf dieses warten wir bis heute vergeblich", meinte Korosec in einer Presseaussendung. Ärzte und Pfleger würden seit längerem über untragbare Zustände in Wiens Krankenhäusern klagen. Gesundheitsstadtrat Hacker habe die Beobachtungen von Ärzte- und Pflegepersonal bisher zu wenig ernst genommen und "die Problematik heruntergespielt", erklärte Korosec weiter.

Nepp verwies in einer Aussendung auf "über 200 dokumentierte Übergriffe alleine im Wilhelminenspital seit 2017". Passiert sei "natürlich nichts", Stadtrat Hacker habe das Gewaltproblem in Spitälern "auf die lange Bank geschoben".Nepp bekräftigte in diesem Zusammenhang die Forderungen der FPÖ nach Videoüberwachung, Aufstockung von Security-Personal und Schulungen für Spitals-Mitarbeiter in Wiener Spitälern.

(APA)

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