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Heftige Fan-Ausschreitungen nach Wiener Derby: Mehrere Verletzte

Nach dem Wiener Derby kam es zu Ausschreitungen.
Nach dem Wiener Derby kam es zu Ausschreitungen. ©APA/Max Slovencik
Direkt nach Abpfiff des Wiener Fußball-Derbys zwischen Rapid und der Austria haben sich hektische Szenen angespielt: Nach dem 2:1-Sieg am Sonntag stürmten Fans beider Lager den Platz, es flogen pyrotechnische und andere Gegenstände, zudem kam es zu Handgreiflichkeiten, wobei der Polizei bisher eine verletzte Person aus dieser Auseinandersetzung bekannt ist.

17 Besucher sowie zehn Beamtinnen und Beamte wurden verletzt, eine Person konnte den Dienst nicht fortsetzen. Es gab eine Festnahme wegen schwerer Körperverletzung, bilanzierte die Landespolizeidirektion Wien am Montag. Der Platzsturm sei in fünf Minuten unter Kontrolle gebracht worden, wurde betont.

Bisher 577 Anzeigen sind gelegt worden. 425 Anzeigen betrafen das Verwaltungsrecht und dabei hauptsächlich das Pyrotechnikgesetz. 152 Anzeigen gab es nach dem Strafgesetzbuch. Die Polizei verzeichnete auch mehrere beschädigte Einsatzgegenstände, darunter ein geschmolzener Einsatzgurt durch den Wurf von Bengalischen Fackeln. Die Zahl der verletzten Stadionbesucher wurde bis Montagmittag von zunächst drei auf 17 nach oben korrigiert. Es war laut Polizei zudem nicht auszuschließen, dass sich noch weitere Betroffene melden.

"Ausschlaggebend für die Auseinandersetzung am Spielfeld waren vermutlich die gegenseitigen Bewürfe mit pyrotechnischen Gegenständen der beiden Fanlager", hielt die Polizei fest. Wie derartig viele pyrotechnische Gegenstände ins Stadion gelangen konnten, "obwohl bei behördlichen Rundgängen mit Sprengstoffhunden und bei Durchsuchungen der Stadiongäste beim Eintritt kaum bis keine gefährlichen Gegenstände gefunden werden, werden die Verantwortlichen dieser Veranstaltung klären müssen", hieß es in der Stellungnahme.

Austria-Anhänger warfen Böller in Richtung der Rapid-Osttribüne

Den Ausgang nahmen die Geschehnisse, als Austria-Anhänger Böller in Richtung der benachbarten Rapid-Osttribüne warfen. Danach eskalierte die Situation relativ schnell, Fans beider Vereine waren auf den Rasen gestürmt. Die Ordner hatten die Lage nicht unter Kontrolle. Später wurde ein Fan mit blutüberströmten Gesicht auf einer Trage abtransportiert. Erste Meldungen, dass es sich dabei um einen Polizist gehandelt habe, verneinten ein Vertreter der Bundesliga sowie Rapid.

Die Wiener Polizei teilte mit, dass nun Videos gesichert und gesichtet werden, um Täter auszuforschen. Bisher seien neben zahlreichen verwaltungsrechtlichen Anzeigen - zum größten Teil aufgrund von Verstößen gegen das Pyrotechnikgesetz - auch vier strafrechtliche Anzeigen gelegt worden. Abseits der Ausschreitungen auf dem Rasen kam es laut Polizei bereits während des Fußballspiels zu einer Auseinandersetzung unter Austria-Anhängern. Im Zuge des Abstroms der Zuschauer aus dem Stadion dürfte es zu einer weiteren gewaltsamen Auseinandersetzung unter Fans - dieses Mal von Rapid - gekommen sein.

Rapid-Coach Robert Klauß: "Das trübt die Freude."

Rapid-Coach Robert Klauß erklärte: "Das trübt die Freude. Das, was danach passiert ist, will niemand sehen. Das beschäftigt mich auch." Derartige Szenen gehörten "nicht ins Stadion", meinte Klauß. "Das sind Bilder, die wir nicht sehen wollen, sie schaden uns in der Außenwahrnehmung." Allerdings könne man auch nicht wegschauen. Da Rapid nach den Vorfällen beim Derby im vergangenen Februar "unter Bewährung" stehe, sei die Gefahr eines Punkteabzugs wohl gegeben, befürchte der Deutsche: "Das ist mir sofort in den Sinn gekommen."

Auch Austrias Trainer Stephan Helm meinte: "Man darf das nicht zur Seite wischen." Es sei erschütternd, "dass es in einem Land wie Österreich zu solchen Ausschreitungen kommt. Man muss ja schon Angst bekommen, wenn man zu so einem Event geht." Vor allem "mit der Familie".

Rapid-Geschäftsführer Steffen Hofmann meinte im TV-Sender "Sky", die Vorfälle müssten analysiert und aufgearbeitet werden. Allerdings hätten Austria-Fans zuerst "Böller in den Familiensektor" geschossen, betonte er. Der sportliche Erfolg rücke nun in den Hintergrund, so Hofmann.

Rapid-Stürmer Guido Burgstaller hielt fest: "Die Eskalation zum Schluss habe ich mitbekommen, da war ich gerade beim Interview. Wie das vonstatten gegangen ist, dazu kann ich leider nichts sagen. Ich hoffe einfach, dass es denjenigen, die verletzt sind, gut geht." Die Verursacher müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte der frühere Kapitän der Hütteldorfer: "Das trübt schon die Stimmung. Man kann echt nur hoffen, dass das nie wieder vorkommt." Derartige Gewaltszenen mit Verletzte seien "einfach too much". Nachsatz: "Das geht gar nicht."

Grundsätzlich sei festzuhalten, dass der Verein und sein Ordnerdienst für die Sicherheit im Stadion zuständig sind. Die Möglichkeit, Personen, die strafbare Handlungen im Stadion begehen, Stadionverbote zu erteilen, werde von den Vereinen nicht ausreichend genutzt, kritisierte die Landespolizeidirektion. Die Polizei schreite ein, "wenn sich ein Grund für polizeiliches Handeln ergibt und immer unter der Prämisse der 3-D-Philosophie (Dialog - Deeskalation - Durchsetzen)".

Tatverdächtige in Wien wurden identifiziert

"Beim gestrigen Platzsturm ist es der Wiener Polizei gelungen, die Situation in fünf Minuten unter Kontrolle zu bringen. Um 19.04 Uhr hat der erste Fan das Spielfeld betreten, um 19.09 Uhr war kein Unbefugter mehr am Spielfeld und die strafbaren Handlungen beendet", erläuterte die Polizei auf APA-Nachfrage zur Kritik, dass die Einsatzkräfte nicht schneller zur Stelle waren. In einer Aussendung in der Nacht auf Montag hatte es zudem geheißen, dass die Polizei zu diesem Zeitpunkt bereits zum größten Teil die gesetzlichen Aufgaben außerhalb des Stadions aufgenommen hat.

Es sei mit der nötigen Entschlossenheit eingegriffen und strafbare Handlungen "schnell" beendet worden. Einige Tatverdächtige wurden demnach identifiziert und weitere strafbare Handlungen verhindert. Zahlreiche Videos würden noch gesichert und ausgewertet, um die Verantwortlichen für begangene strafbare Handlungen zu ermitteln und um potenzielle weitere Straftaten zu identifizieren und anzuzeigen.

Strafsenat behandelt Derby-Krawalle in Wien frühestens nächste Woche

Der zuständige Bundesliga-Strafsenat wird mögliche Konsequenzen für die Fußballclubs Rapid und Austria nach den sonntägigen Fan-Ausschreitungen beim Wiener Derby frühestens nächste Woche in einer Sitzung behandeln. Das erklärte ein Bundesliga-Sprecher Montagmittag der APA - Austria Presse Agentur. Zunächst müsse die Anzeige der Bundesliga abgefasst werden, was aufgrund der enormen Fülle von Material, das es in diesem Fall auszuwerten gelte, seine Zeit brauchen.

Material über die Vorfälle vom Sonntag erhält die Bundesliga von unterschiedlichen Stellen und Institutionen, etwa den Schiedsrichtern oder der Polizei. Es muss gesichtet und bewertet werden. Wenn das geschehen sei, werde die Liga voraussichtlich noch am (heutigen) Montag oder am Dienstag Anzeige erstatten, sagte der Sprecher. Über wahrscheinliche Strafen wollte der Liga-Vertreter nichts sagen, da die konkreten Punkte der Anzeige noch nicht feststünden.

Da die Fans der beiden Clubs zahlreiche Übertretungen begangen haben, wie das Werfen von Böllern, Abbrennen von nicht angemeldeter Pyrotechnik, Raufereien etc., werden die Sanktionen aber wohl heftig ausfallen. Rapid muss sich darauf einstellen, dass die vor Monaten ausgesprochene Bewährung für den Abzug eines Punkts widerrufen wird - der Punkteabzug wird dann nach der jahrelang gehandhabten Praxis allerdings erst nächste Saison schlagend. Um saftige Geldstrafen werden beide Vereine wahrscheinlich ebenso wenig herumkommen. Über alles Weitere, etwa die Sperre von Stadionsektoren oder mögliche Geisterspiele, kann derzeit nur spekuliert werden.

Rechtlich ist es grundsätzlich so, dass der jeweilige Heimclub Veranstalter des Bundesliga-Spiels ist und nach den Vorgaben der Veranstaltungsbehörde für einen ordnungsgemäßen und sicheren Ablauf zu sorgen hat. Die Bundesliga selbst ist nicht Veranstalter.

Vertreter von Rapid und Austria an einem Tisch

In einer Aussendung am Montagabend erklärte die Liga, man habe "in einem ersten Schritt" Vertreter von Rapid und Austria an den Tisch geholt. "Dabei wurde einerseits die Dringlichkeit der Situation geschildert und anderseits von allen Beteiligten bekräftigt, sich weiter auszutauschen und mögliche Maßnahmen zu erarbeiten", hieß es.

Ziel sei es, "in Zukunft nach stimmungsvollen Derbys endlich wieder nur über das sportliche Geschehen sprechen zu können. Das zu bewerkstelligen braucht ein Zusammenwirken aller Beteiligten: von Liga und Gremien, über beide Klubs, deren Fans, bis hin zu den Behörden und der Polizei", schrieb die Bundesliga.

Der Bundesliga-Vorstandsvorsitzende Christian Ebenbauer zeigte sich über die Vorfälle betroffen. "Wenn man diese hässlichen Szenen sieht, ist man einfach nur bestürzt und traurig. Ich kann mich an kaum etwas Vergleichbares erinnern. Wenn Pyrotechnik in eine Menschenmenge geworfen wird, wenn auf am Boden liegende Menschen getreten wird - so etwas hat weder in der Gesellschaft noch im Stadion etwas zu suchen", sagte Ebenbauer der APA.

Dass Derbys künftig ohne Gäste-Fans über die Bühne gehen, hält der Liga-Chef für "denkbar. Es wünscht sich keiner, aber Fakt ist, die Sicherheit steht an erster Stelle, und die Sicherheit war am Sonntag nicht gewährleistet." Eine diesbezügliche Entscheidung könnte eventuell schon am Dienstag fallen.

(APA/Red)

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