Haus der Natur gibt von Nazis gestohlene Ausstellungstücke zurück

Es gab in der Zeit der Nationalsozialisten Beschlagnahmen aus kirchlichem Besitz, Raubzüge in besetzten Gebieten und Arisierungen, um die Sammlung des Museums zu erweitern: Dieses dunkle Kapitel der Geschichte des Salzburger Hauses der Natur hat nun eine Arbeitsgruppe wissenschaftlich aufgearbeitet. Die Ergebnisse der Herkunftsforschung wurden am Dienstag bei einem Pressgespräch vorgestellt.
Haus der Natur will saubere Lösung
In den kommenden Monaten sollen die noch im Haus verbliebenen Raubgut-Objekte an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden, kündigte Norbert Winding, der Leiter des Hauses der Natur, an. Von den rund 900.000 Objekten in der Sammlung des Museums ist nur mehr ein kleiner Teil betroffen. Viele Dinge wurden schon in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgegeben. Rund 1.000 Bücher, 200 Jagdtrophäen, rund 150 Tierpräparate und einige eiszeitliche Funde wie Mammutknochen, die in der Zeit des Nationalsozialismus unrechtmäßig entwendet wurden, müssen noch zurückgegeben werden. “Ich bin froh, wenn wir diese Sache sauber lösen können. Die Erleichterung, wenn wir das alles abgewickelt haben, ist sicher größer als die Trauer über den Verlust”, betonte Robert Lindner, der im Haus der Natur federführend in der Forschungsgruppe gearbeitet hat.
Ehemaliger Direktor beteiligt an Enteignungen
Seit 2010 wurde erstmals akribisch die Herkunft der Sammlungen mit dem Schwerpunkt in der Zeit von 1939 bis 1945 untersucht. Zuvor hatte man die problematische Vergangenheit des Museums unter der Leitung ihres Gründers und langjährigen Direktors Eduard Paul Tratz weitgehend ausgeblendet. Tratz war Abteilungsleiter in der NS-Wissenschaftsorganisation “Ahnenerbe” und identifizierte sich mit deren Forschungszielen und -vorhaben. Im Jahr 1939 sei das Haus der Natur in das “Ahnenerbe” integriert worden, berichtete der Leiter des Forschungsprojektes, der Zeithistoriker Robert Hoffmann. Tratz hatte als Museumsleiter in der Zeit des Nationalsozialismus vor allem drei Quellen genützt, um zu neuen Objekten für Salzburg zu kommen: Er beschlagnahmte Bestände kirchlicher Einrichtungen, beteiligte sich an Raubzügen in besetzten Gebieten und profitierte von Arisierungen naturwissenschaftlicher Sammlungen. So wurde 1938 die Schulbibliothek des Salzburger Borromäums enteignet, 1939 die Petrus Claver Sodalität, die in Salzburg ein kleines Afrikamuseum betrieben hatte. Im Jahr 1939 nahm Tratz am “Kommando Paulsen” des Ahnenerbes in Krakau und Warschau teil. Objekte des Anatomischen Instituts und des Naturhistorischen Museums in Warschau gingen nach Salzburg.
Sonderaustellung zu Nazi-Kunst im April
Ähnliche Raubzüge gab es auch in der Akademie der Wissenschaften in Krakau, in Askania Nova in der Ukraine, in Straßburg, im Zoologischen Museum Smolensk oder im Museum Lemberg, wo Reste eines eiszeitlichen Mammuts beschlagnahmt worden sein dürften. Durch Arisierungen gelangten Jagdtrophäen aus dem Besitz des Kunstsammlers Rudolf Gutmann, eine Trophäensammlung von Alphonse und Clarisse Rothschild sowie eine Sammlung südamerikanischer Vögel der Familie Bomstein-Bomi nach Salzburg. Zum Teil wurden diese Bestände in der Vergangenheit schon zurückgegeben, Teile befinden sich allerdings nach wie vor im Besitz des Museums. Man habe mit den Erben oder betroffenen Organisationen Kontakt aufgenommen und die Rückgabe angekündigt, betonte Lindner. “Für uns heißt das jetzt nicht Schluss der Debatte”, sagte der für das Museum ressortzuständige Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne): “Es gibt noch viel aufzuarbeiten.” Schließlich sei Tratz in der Zeit von 1949 bis 1976 wieder Museumsdirektor gewesen. Das Haus der Natur, das heuer sein 90-Jahr-Jubiläum feiert, wird im April eine Sonderausstellung zu den aktuellen Forschungsergebnissen zur eigenen Geschichte zeigen. Außerdem sind Vorträge und Publikationen geplant, kündigte Winding an. (APA).