Hauptbahnhof Wien: Architekten-Präsident Pendl aus Jury ausgestiegen
Anlass des Rückzugs sind Zweifel, ob das Projekt nicht gemäß Bundesvergabegesetz EU-weit hätte ausschrieben werden müssen, anstatt einen geladenen Wettbewerb durchzuführen. Der Argumentation der ÖBB, sie handelten in diesem Fall privatwirtschaftlich, wollte Pendl nicht folgen.
Gegenstand der Unstimmigkeiten sind Bauten rund um den neuen Bahnhof. Die ÖBB haben für das Areal acht Architektenteams, darunter prominente Namen wie Coop Himmelb(l)au oder Hans Hollein, für das Expertenverfahren ausgesucht. Jury-Mitglied Pendl teilte vor gut einem Monat dann seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausschreibungsmodalitäten mit. In einer Aussendung verlangte er von den ÖBB eine Rechtsprüfung und drohte mit Rückzug, falls sich herausstelle, dass es sich um ein nicht rein privatrechtlichen Gesichtspunkten unterliegendes Verfahren handle.
“Wir haben zwei rechtliche Gutachten vorliegen, die eindeutig belegen, dass wir als privatwirtschaftlicher Akteur agieren und somit nicht in den Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes fallen”, sagte Michaela Steinacker, Geschäftsführerin der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH, kürzlich am Rande einer Bahnhofsbesichtigung zur APA. Die entsprechenden Expertisen seien Pendl bereits vorgelegt worden.
Pendl bestätigte gegenüber der APA nun den Erhalt eines Textes, in dem die beiden Expertisen zusammengefasst worden seien. Diese hätten seine Zweifel aber nicht ausräumen können, so der Architekten-Präsident. Aus diesem Grund habe er Projektleiter Norbert Steiner von der ÖBB Immobilienmanagement GmbH schriftlich mitgeteilt, dass er sich aus der Jury zurückziehe. Dieser habe dies zur Kenntnis genommen.
Außerdem habe er die ÖBB aufgefordert, entsprechende Verfahren künftig nach dem Bundesvergabegesetz durchzuführen, so Pendl. Beim Hauptbahnhof könnte es möglicherweise zu Einsprüchen nicht berücksichtigter Architekten kommen.
“Wir akzeptieren die Entscheidung Pendls selbstverständlich. Jedes Mitglied sitzt schließlich freiwillig im Gremium und kann dieses auch freiwillig wieder verlassen”, hieß es in einer ersten Reaktion der ÖBB. Ob und durch wen der entsprechende Jury-Posten nachbesetzt werde, sei noch unklar und werde vermutlich in Absprache mit Steiner und der übrigen Jury entschieden, so eine Konzern-Sprecherin auf APA-Anfrage.
Die ÖBB halten indes an ihrer Position fest und sehen sich auf juristisch sicherer Seite: “Das hält rechtlich auf jeden Fall”, zeigte sich Steinacker noch vor Bekanntwerden von Pendls Rücktritt überzeugt. Immerhin sei die Ausschreibung des Wettbewerbs unter Einbindung der Stadt Wien erfolgt, so die Geschäftsführerin. Sie stehe zu 100 Prozent hinter den derzeitigen Ausschreibungsmodalitäten: “Das ist ein völlig übliches und gängiges Verfahren”. An dieser Haltung ändere sich auch jetzt nichts, hieß es von den ÖBB.
Die Präsentation der Konzepte für die Bebauung der “Bahnhof City” – also sämtliche Einreichungen – sollen Anfang Jänner präsentiert werden. Fest steht bereits die Gestaltung der Bahnhofshalle, sie ist nicht Teil des Wettbewerbs.