Hauptangeklagter in Justizdaten-Affäre verurteilt
Dabei ging es im Wiener Landesgericht noch nicht um den in großem Stil aufgezogenen verbotenen Handel mit personenbezogenen Daten aus gerichtsanhängigen Exekutionsverfahren. Dem 68-Jährigen wurde zunächst der Besitz von kinderpornografischem Material angelastet, das im Zuge einer Hausdurchsuchung auf seinem PC sichergestellt worden war. Es handelte sich dabei um einen “Zufallsfund” – die Festplatte war beschlagnahmt worden, weil man darauf für die Aufarbeitung der Justizdaten-Affäre maßgebliche Dateien vermutete.
Kinderpornografie-Videos
Der ehemalige Betreiber einer Kreditauskunft gab vor Richterin Susanne Lehr nun unumwunden zu, sich über ein Filesharing-Programm Videos mit kinderpornografischen Handlungen besorgt, abgespeichert und angeschaut zu haben. Er habe dabei aber “keine sexuelle Lust empfunden”, betonte er. Sein Antrieb sei “Langeweile” gewesen, “wenn gerade nichts zu tun war”. Er habe “natürlich” gewusst, dass es verboten war, sich derartiges Material zu beschaffen. “Aber aus der Psychologie wissen wir, dass das Verbotene einen Reiz hat”, dozierte der Angeklagte.
Sechsmonatige Freiheitsstrafe
Er glaube nicht, “dass ich damit die Kinderpornografie gefördert habe”, stellte er weiter fest. Er sehe das inkriminierte Verhalten vielmehr als “Bagatelle” an. Nach weiteren, teilweise wirren Ausführungen des 68-Jährigen verhängte die Richterin eine sechsmonatige Freiheitsstrafe für den Besitz und die Weitergabe der verbotenen Video-Dateien, die der Mann auch anderen Nutzern der betreffenden Filesharing-Sofware zur Verfügung gestellt hatte. Die Strafe wurde dem Mann unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Das Urteil ist rechtskräftig. Verteidiger Rudolf Mayer hatte dagegen keine Einwände.
Wiederholter Selbstmordversuch
Termin für seine ausstehende Verhandlung in der Justizdaten-Affäre gibt es für den 68-Jährigen noch keinen. Während zwölf korrupte Gerichtsbedienstete – darunter auch ein Vorarlberger – im vergangenen Oktober im Grauen Haus wegen Amtsmissbrauchs zu bedingten Haftstrafen zwischen sechs und 24 Monaten verurteilt wurden, hatte der Mann unmittelbar vor der Hauptverhandlung wiederholt versucht, sich das Leben zu nehmen. Er wurde daraufhin als vorübergehend nicht verhandlungsfähig eingestuft und das gegen ihn gerichtete Verfahren zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen ausgeschieden. Wie am Dienstag im Straflandesgericht in Erfahrung zu bringen war, wird der Schöffenprozess 2014 nachgeholt.
Auch Vorarlberger angeklagt
Die angeklagten Gerichtsvollzieher, Rechtspfleger und für Schreibarbeiten eingesetzte Kanzleikräfte an Vorarlberger, Tiroler, steirischen, oberösterreichischen und niederösterreichischen Bezirksgerichten sollen zwischen 2002 und 2010 die Screenshots ausgedruckt sie der Kreditauskunftei weitergeleitet haben, wobei sie dafür laut Anklage mit einem bis 1,50 Euro pro gelieferter Seite bezahlt wurden. Knapp 170.000 Seiten sollen in gesetzwidrigerweise ausgedruckt worden sein. Geheime Daten von knapp 40.000 juristischen und nicht weniger als 92.713 Privatpersonen wurden angeblich weitergegeben. (APA)