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Hassan-Ermordung: Weltweite Empörung

Die mutmaßliche Ermordung der entführten CARE-Leiterin Margaret Hassan ist weltweit mit Abscheu und Empörung aufgenommen worden. In Bagdad kamen die Angehörigen in Hassans Haus zusammen, um gemeinsam zu trauern.

Am Dienstag war beim katarischen Sender Al Jazeera ein Video eingegangen, auf dem zu sehen war, wie eine Frau erschossen wurde. Nach Auskunft des britischen Außenministers Jack Straw handelt es sich dabei wahrscheinlich um Hassan.

Die CARE-Mitarbeiterin im Irak war am 19. Oktober auf dem Weg zur Arbeit in Bagdad entführt worden. Sie besaß außer der britischen auch die irakische Staatsbürgerschaft, war mit einem Iraker verheiratet und lebte seit 30 Jahren in dem Land. Im Irak leitete sie für die australische CARE-Sektion die Hilfe für die irakische Bevölkerung. Den von den USA und Großbritannien geführten Krieg hatte sie stets strikt abgelehnt, ebenso wie davor die Sanktionen gegen das Land. Bis heute ist nicht klar, wer hinter ihrer Entführung steht. Ihre Leiche blieb zunächst verschwunden.

In Bagdad zogen sich Hassans Angehörige in dem kleinen Haus zurück, in dem Hassan seit Jahren mit ihrem Mann Tahsin lebte. Nach den Worten eines Verwandten geht es Tahsin Hassan „sehr schlecht“. Er sei niedergeschlagen und weigere sich, das Haus zu verlassen. In leidenschaftlichen Appellen hatte er die Entführer immer wieder um die Freilassung seiner Frau gebeten. Das letzte Mal wandte er sich am Dienstag im britischen Fernsehen an ihre mutmaßlichen Mörder: „Ich bitte diese Menschen, die Margaret entführt haben, zu sagen, was sie mit ihr gemacht haben“, sagte er dem Sender Sky News. „Ich brauche sie, damit sie ihren Frieden finden kann. Bitte, geben Sie sie mir.“ Er betonte: „Dreißig Jahre lang lebte Margaret mit mir im Irak. Ihre Lebensaufgabe war es, den Menschen im Irak helfen.“

Mit tiefer Trauer reagierten auch die Menschen in der irischen Ortschaft Kenmare auf die Nachricht von Hassans wahrscheinlichem Tod. Seit ihrer Entführung hatten sie für die in Irland geborene CARE-Helferin jeden Tag eine Kerze in der Kirche angezündet, in allen Messen wurde für sie gebetet. Ihren Tod nannte der örtliche Pfarrer Edmund Corridan völlig unverständlich.

Der britische Premierminister Tony Blair nannte die Tat „verabscheuungswürdig“. Der EU-Entwicklungshilfekommissar Poul Nielson stellte jede weitere Unterstützung für den Irak in Frage. „Solche barbarischen Taten machen es den Hilfsorganisationen fast unmöglich, ihre wichtige Arbeit im Irak fortzusetzen“, erklärte Nielson in Brüssel. „Die Hauptopfer sind die unschuldigen und leidenden Iraker, die von internationalen Hilfsprogrammen profitierten.“ Andere Hilfsorganisationen äußerten sich ähnlich. Dominic Nutt von der britischen Organisation Christian Aid sagte: „Wie Margarets Tod nahe legt, sind wir jetzt alle Ziele.“ CARE-Chef Sir Harold Walker zeigte sich ebenfalls erschüttert: „Ich kann dazu nur sagen, wie können Menschen so tief sinken“.

Unterdessen gab es schwere Kämpfe im sunnitischen Dreieck. Bei einem Autobombenanschlag auf einen US-Panzer bei Baiji wurden laut dem Krankenhaus fünf Menschen getötet. Die Autobomben explodierte nahe einer US-Militärpatrouille in einem Marktviertel der Stadt, sagten Augenzeugen. Ein gepanzertes Militärfahrzeug wurde dabei beschädigt. Einige Soldaten hätten sofort um sich geschossen. Anscheinend wurden auch mehrere Soldaten verwundet. Die US-Streitkräfte äußerten sich zunächst nicht zu dem Zwischenfall.

Nahe der Stadt Samarra – ebenfalls in der von Sunniten bewohnten Region im nördlich von Bagdad – fanden Polizisten zwei getötete türkische Lastwagenfahrer. Ihre Autos waren offenbar bei einem Angriff irakischer Rebellen mit Panzerfäusten zerstört worden. US-Soldaten erschossen zudem drei Aufständische, die versuchten, nach Falluja zurück zu gelangen.

Südlich von Bagdad sind außerdem die verstümmelten Leichen von elf irakischen Nationalgardisten entdeckt worden. Krankenhausärzte in der Nachbarortschaft Mahmudija berichteten am Mittwoch, die Toten seien mitten auf einer Straße gelegen. Der Arzt Mohammed al Janabi sagte, einige der Opfer, die Uniformen getragen hätten, seien enthauptet worden. Die Polizei hatte in Mahmudija bereits zwei Tage zuvor die Leichen von 18 enthaupteten Irakern entdeckt.

Seit dem US-Angriff auf die Stadt Falluja vor eineinhalb Wochen haben Anschläge und Übergriffe irakischer Rebellen im Norden des Landes deutlich zugenommen. Die US-Truppen wie auch die irakische Übergangsregierung haben eingeräumt, dass vor der Offensive noch zahlreiche Rebellen aus Falluja entkommen konnten. Ein Sprecher der US-Marineinfanterie gab am Mittwoch zu: „Die Stadt ist noch nicht sicher und es gibt weder Wasser noch Strom noch Kliniken.“ Die Schlacht sei zwar beendet, es gebe aber weiterhin „Widerstandsnester“, die jedoch schwächer würden, sagte der Armeesprecher. „Wir sind in einem Stadium, in dem unsere Soldaten gut schlafen können.“ Jeder Teil der Stadt werde von einer Einheit besetzt, um das Wiederaufflammen des Aufstands zu verhindern.

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