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Hasensex und Händehalten im Tanzquartier im MQ

Tanzquartier: Hasensex und Händehalten im "catastrophic paradise"
Tanzquartier: Hasensex und Händehalten im "catastrophic paradise" ©APA (Sujet)
Drei Videoprojektionen mit Tieren beim einander Lieben und einander Auffressen, menschlichen Gesichtern in Großaufnahme und rasch vorbeiziehenden Wellen- und Wolkenbildern. Dazwischen unter Decken kauernde, auf ihren Einsatz wartende Tänzer. Sieht so die Avantgarde aus?

Oder ist das “catastrophic paradise” nur Zuschauer-Überlebenstraining?  Bei der Österreichischen Erstaufführung der im September in einem Lichtspielhaus in Düsseldorf uraufgeführten Produktion von Claudia Bosse und ihrem “theatercombinat” in der Halle G des Museumsquartiers hatte man gestern, Freitag, Abend, jede Menge Zeit für solche Fragen.

Zwei Stunden-Performance

Zwei Stunden lang steht man in der “performativen Landschaft aus choreografischen Handlungen, Ritualen und Konstellationen, aus installativen Objekten, Soundkompositionen und Textkörpern” herum und versucht “eine Komposition aus Variationen über das Paradies, über die Sintflut als gewaltsames Reset einer Gesellschaft , über ‘abandoned zones’ und über Kannibalismus als Zustand, in dem sich die Spezies Mensch selbst verspeist” (Zitate aus dem Programmheft, Anm. d. Red.) auf sich wirken zu lassen. Alles klar? Gar nichts klar.

Aufmerksamkeit wird dort erzeugt, wo man rasch einen Bezug herstellen kann. Also schaut man immer wieder mehr oder weniger belustigt bei Elefantensex und Eisbärensex zu, staunt über ekstatische Verschlingungen von Schlangen beim Liebesspiel ebenso wie über ihr gieriges Verschlingen von Beutetieren, verfolgt Löwen und Hasen bei ihren Paarungsritualen. In den Texten, die die sich immer wieder entblößenden und entäußernden Tänzer zwischendurch von sich geben, ist von der Apokalypse die Rede, aber auch vom Neuanfang. Gott prophezeit Noah 40 Tage Regenwetter und rät zum Schiffsbau.

Aufführung im MQ

Man hört wieder einmal vom Flugzeugabsturz 1972 in den Anden, der dadurch weltweite Aufmerksamkeit erregte, da die Überlebenden das Fleisch ihrer toten Kameraden essen mussten, um nicht selbst zu sterben. Leben und Überleben, Auslöschung und Neuanfang liegen nahe beisammen. Und sicher gibt es da auch einen ganz stringenten Zusammenhang zu dem armseligen Versuch der Akteure, aus ein paar herumliegenden Holzlatten etwas zu bauen und mit einer Schnur eine Fläche zu markieren.

Am Ende dieses Teils eines mehrjährigen Gesamtprojekts über Strukturen des Zusammenbruchs werden die geduldigen Zuschauer dazu aufgefordert, einen Kreis zu bilden und einander die Hände zu geben. Fast alle machen mit. Wie war das damals im Kindergarten? Eher paradiesisch oder eher katastrophal? Das muss dann jeder für sich selbst herausfinden. Und bekommt noch ein “God bless you” auf den Weg. Die Apokalypse kann kommen. Oder ist schon da.

  • catastrophic paradise” von Claudia Bosse/theatercombinat
  • Mit: Nathalie Rozanes, Alexandra Sommerfeld, Florian Tröbinger, Elizabeth Ward, Ilse Urbanek, Marco Tölzer.
  • Noch eine Vorstellung heute, Samstag, 20.30 Uhr im Tanzquartier Wien / Halle G

(APA)

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