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Hartinger-Klein: Weniger Verstöße durch neues Gesetz

Sozialministerin Hartinger-Klein findet das neue Arbeitsgesetz bereits jetzt erfolgreich.
Sozialministerin Hartinger-Klein findet das neue Arbeitsgesetz bereits jetzt erfolgreich. ©APA/Herbert Pfarrhofer
Mit dem neuen Arbeitszeitgesetz konnten die Verstöße reduziert werden. Dass sagte zumindest Sozialministerin Beate Hartinger-Klein gegenüber den Medien. Ihre Meinung teilen nicht alle.

Unter dem neuen Arbeitszeitgesetz haben Kontrollen weniger Verstöße gegen die Vorschriften aufgedeckt als 2017, sagte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) im Gespräch mit Zeitungen. “Man sieht sehr klar, dass die Novelle sehr gut funktioniert. Der Großteil der Arbeitgeber hält sich an das Arbeitszeitgesetz”, schließt sie laut “Kleine Zeitung” daraus.

Arbeitszeit: Weniger Verstöße

Laut Statistik gab es im heuer im Oktober 294 Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (bei 2.244 Kontrollen), 2017 im Oktober 383 Übertretungen (1.859 Kontrollen). Das wäre ein Rückgang um ein Viertel. Die Verletzungen der Höchstarbeitszeit gingen sogar von 150 auf 22 zurück. Einen deutlichen Anstieg von 147 auf 214 gab es hingegen bei den Verletzungen der Aufzeichnungspflicht.

Für die ÖVP wies Klubobmann August Wöginger am Donnerstag ebenfalls darauf hin, dass der Rückgang der Verstöße gegen das Arbeitsgesetz zeige, dass dieses gut funktioniere. “Die Zahlen zeigen, dass das Gesetz vom Grundansatz her wirkt und die Verstöße weniger werden. Wir haben zugesagt, dass wir die Arbeitnehmer schützen wollen und das zeigt sich aus meiner Sicht sehr, sehr deutlich”.

Für den Gewerkschaftsbund (ÖGB) hingegen “war es zu erwarten”, dass es weniger Übertretungen der Höchstarbeitszeit gibt, wenn die Höchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden ausgeweitet wird. Bedenklich sei der Anstieg der Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht. Der ÖGB “appelliert an alle ArbeitnehmerInnen, ihre Arbeitszeiten exakt zu notieren”. Allerdings könne das Arbeitsinspektorat nicht prüfen, ob es Verstöße gegen die Freiwilligkeit gegeben hat. Der Rückgang der Beanstandungen könne im Übrigen auch darauf zurückzuführen sein, dass Gewerbetreibende jetzt beraten statt bestraft würden. Erst bei fortgesetztem Fehlverhalten wird Bußgeld verhängt.

Interpretation der neuen Zahlen unterschiedlich

Auch Renate Anderl, Chefin der Arbeiterkammer, hat eine andere Interpretation der Zahlen als die Regierung: “Die Regierung hat mit dem 12-Stunden-Tag-Gesetz das Tempolimit erhöht, nicht die Raserei abgeschafft. Wenn Tempo 160 erlaubt ist, früher aber bei 130 gestraft wurde, ist klar, dass einem weniger Raser ins Radar fahren. Weniger Anzeigen beim Arbeitsinspektorat zeigen nur, dass jetzt legal ist, was vorher illegal war. Das heißt nicht, dass das Gesetz funktioniert,” schreibt sie in einer Aussendung. Auch werde die Freiwilligkeit nicht geprüft.

Wöginger lässt nicht gelten, dass logischerweise weniger Verstöße zustandekommen, wenn bisher als Verstoß geltende Arbeit in der 11. und 12. Stunde nun legalisiert wurde. Der Rückgang sei nicht in diesem Ausmaß zu erwarten gewesen, meinte er auf Nachfrage. Denn es gebe ja auch Verstöße laut Kollektivvertrag schon in der neunten oder zehnten Stunde. Die Daten zeigen allerdings nicht, welcher Anteil der Verstöße auf die 11. und 12. Stunde entfallen. “Ich finde es trotzdem eine sehr positive Entwicklung. Man hat hier im Sinne der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehandelt”, so Wöginger. “Die Arbeitnehmer können jetzt die Arbeitszeit so schreiben wie es ist”. Es sei ja auch nicht der Ansatz gewesen, dass die Menschen weniger lange Arbeitstage haben, sondern dass man legal unterwegs ist und dass ein Arbeitszeitgesetz da ist, das im Sinne von Arbeitnehmern und Arbeitgebern funktioniert. “Das haben wir früher weniger gehabt als wir es jetzt haben”. Aus Wögingers Sicht “hat es einen massiven Druck von beiden Seiten gegeben, dass man die Flexibilisierung braucht. Das zeigen die Zahlen”.

WKÖ: “Propaganda auf Arbeitnehmerseite wirkt”

Die Stimmungslage unter den heimischen Beschäftigten rund um die Erhöhung der Obergrenze für die Arbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag ist gekippt: Beurteilten im Jahr 2017 noch 58 Prozent den 12-Stunden-Arbeitstag positiv, so waren es im April 2018 51 Prozent und im Oktober 2018 nur noch 39 Prozent, ergab eine Market-Umfrage unter 1.000 Befragten im Auftrag der Wirtschaftskammer.

“Die Propaganda der Arbeitnehmerseite wirkt”, leitet daraus Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf ab. In der Öffentlichkeit gebe es die Wahrnehmung, dass das neue Arbeitszeitgesetz zum Nachteil der Beschäftigten gehe, sagte Market-Studienleiter David Pfarrhofer. Die Realität sei aber anders.

Die Zufriedenheit der Beschäftigten mit ihrem Arbeitsplatz sowie Ausmaß und Lage der Arbeitszeit seien unverändert hoch. Zwischen den Ergebnissen von April 2018 und Oktober 2018 gibt es hier praktisch keine Änderungen. Nur 4 Prozent gaben an, dass sich ihre Arbeitszeit verändert hat – diese Arbeitnehmer arbeiten häufiger mehr als 10 Stunden am Tag und auch insgesamt länger. Die Art der Überstundenvergütung hat sich bei 2 Prozent der Befragten verändert.

Neues Arbeitszeitgesetz seit 1. September

Das neue Arbeitszeitgesetz gilt seit 1. September. Die Umfrage wurde im Oktober durchgeführt. Pfarrhofer glaubt nicht, dass das Ergebnis in einem Jahr anders ausschauen würde. “An der betrieblichen Praxis hat sich de facto nichts verändert”, so Kopf. Seitens der Arbeitnehmervertreter würden “Einzelfälle skandalisiert”.

Market hat im Oktober auch die Arbeitgeberseite gefragt. In der Mehrheit der 500 befragten Firmen gibt es fixe Arbeitszeiten und es werden bei der Zeiteinteilung die Wünsche der Beschäftigten berücksichtigt. Den 12-Stunden-Tag beurteilen drei Viertel der befragten Unternehmen positiv.

Ganz ohne Wirkung bleibt das neue Gesetz aber nicht: 10 Prozent haben Einzel- oder Betriebsvereinbarungen geändert bzw. beabsichtigen, sie zu ändern. Bei 2 Prozent der Befragten hat sich die Arbeitszeitpraxis bereits geändert, 7 Prozent planen diese zu ändern. Die Mehrheit der Unternehmen (60 Prozent) befürwortet eine mögliche Wochenendarbeit. Unter den Beschäftigten sind es nur 40 Prozent, die dem positiv gegenüberstehen. Besonders groß ist die Ablehnung bei 15- bis 29-Jährigen.

Arbeitszeit könnte gesundheitliche Belastung bringen

Die Beschäftigten sehen zwar ein, dass flexible Arbeitszeiten wichtiger werden, befürchten aber auch einen Anstieg der gesundheitlichen Belastung.

Erst vergangene Woche wurden mehrere Fälle bekannt, dass in Hotels Mitarbeiter zu längeren Arbeitszeiten gedrängt wurden. Die designierte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner sieht darin nur “die Spitze des Eisbergs”. Am morgigen Freitag findet eine von der SPÖ beantragte Sondersitzung des Nationalrates zum Arbeitszeitgesetz statt. Die Oppositionspartei fordert eine grundsätzliche Neuverhandlung des Arbeitszeitgesetzes mit den Sozialpartnern und Oppositionsparteien.

Kopf sieht hingegen Einzelfälle, die auch von der Kammer kritisiert würden. Dem gegenüber stünden aber 3,8 Millionen Arbeitnehmer in Österreich, bei denen es nicht so ist. Kopf appellierte an die Arbeitnehmervertreter, die “irreführende Kampagnisierung” zu beenden.

(APA/Red)

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