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Sozial-Landesräte von Gespräch mit Hartinger enttäuscht

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Die SPÖ-Vertreter haben sich nach der Verhandlungsrunde mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Montagnachmittag schwer enttäuscht gezeigt.

Die Mindestsicherung, die künftig Sozialhilfe genannt werden soll, beschäftigt heute die Soziallandesräte der Republik. Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sprach nach dem Treffen gar von “demonstrativer Ignoranz” und “Kaltherzigkeit” der Regierungsseite. Er hofft nun darauf, dass die Nationalratsabgeordneten dem Gesetz nicht zustimmen.

Hacker zeigte sich nach der Verhandlungsrunde bei einem gemeinsamen Pressestatements mit den SPÖ-Landesrätinnen Beate Prettner (Kärnten), Birgit Gerstorfer (Oberösterreich) und Ulrike Königsberger-Ludwig (Niederösterreich) nahezu entsetzt: “Ich muss mich erst fassen nach dieser Sitzung”, sagte er. “Es war eine unglaubliche Sitzung von einem Nicht-Beantworten von Fragen und vor allem von demonstrativer Ignoranz.” Weder Hartinger noch der ebenfalls bei der Sitzung anwesende ÖVP-Klubobmann August Wöginger seien bereit gewesen, eine Diskussion auf inhaltlicher Ebene zu führen, sagte Hacker.

Wöginger habe es auch ganz klar gemacht, dass er bereits die gesamte ÖVP in den Ländern “auf Linie” gebracht habe, so der Stadtrat. “Es ist eigentlich unglaublich, dass eines der wichtigsten Gesetze in diesem Land, das Zehntausende Männer, Frauen und Kinder betrifft, auf dieses Art und Weise tatsächlich in die Welt gesetzt werden soll.”

Umsetzung in Wien fraglich

Die Frage, ob er das Gesetz in Wien umsetzen werde, wollte Hacker nicht beantworten: “Noch beschäftige ich mich mit der Frage nicht”, verwies er auf die bevorstehende Sitzung des Sozialausschuss im Nationalrat am 15. April. “Es werden sich viele Experten äußern und ich hoffe noch immer auf Vernunft des Kollektivs”, so Hacker, der darauf baut, dass es zu keiner Mehrheit für das Gesetz im Plenum kommen wird. “Ich sage das ganz klar, das wird dann dort an jedem einzelnen Abgeordneten liegen, ob sie es vereinbaren können mit ihrer Aufgabe”, Kinder “in die Armut zu schicken”, Pensionisten zu ignorieren und “die Not von Menschen zu ignorieren, die eine Wohnung brauchen”.

Die Ministerin habe die heute vorgelegten “dringenden Nachbesserungen” “mit einem Federstrich vom Tisch gefetzt”, so Hacker. Er wiederholte seine Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität des Gesetzes, außerdem sei es auch in einigen Punkten EU-rechtswidrig. “Gerade wenn es ein Grundgesetz ist, sind wir der Meinung, dass ein solches Gesetz eine tiefergehende fachliche Auseinandersetzung braucht” und kein “drüberfetzen, es ja geradezu lächerlich zu machen in manchen Passagen”, sagte Hacker. “Die Ministerin hat offensichtlich vor, gemeinsam mit ÖVP-Klub das Gesetz durchzupeitschen.”

Von “Kaltherzigkeit” überrascht

“Die Kaltherzigkeit, die mir heute entgegengeschlagen ist, hat mich überrascht”, so Hacker. Sollte das Gesetz wirklich so kommen, so sei fix, dass es beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) landen werde. Gerstorfer beklagte unter anderem, dass es mit dem neuen Sozialhilfe-Grundgesetz nicht – wie beabsichtigt – zu einer Vereinheitlichung der Sozialhilfe in ganz Österreich kommen werde. “Das wird in keinster Weise erfüllbar sein, weil es sehr viele unterschiedliche Bestimmungen gibt, die unterschiedliche Auslegungen möglich machen.” Auch kritisierte sie mangelnde Unterstützungsmaßnahmen für die Arbeitsmarktintegration. “Die Zielsetzung dieses Gesetzes sollte die Armutsverhinderung sein”, das stecke in diesem Gesetz aber “überhaupt nicht drinnen”.

Völlig am Ziel vorbei ist das Gesetz auch für Prettner: “Herausgekommen ist ein Armutsverschärfungsgesetz. Es spielt Arme gegen noch Ärmere aus und treibt so einen Keil in unserer Gesellschaft”, sagte sie. Das Gesetz werde die Sicherheit in Österreich gefährden, denn subsidiär Schutzberechtigte würden “mit einem Schlag 500 Euro verlieren. Das sind traumatisierte Menschen und solche können sehr schnell zur Gefahr für die Bevölkerung werden”, warnte sie.

“Beinhart ignoriert”

Kritik kam auch von den Grünen Soziallandesräten. Im Gespräch sei wieder “unsere Kritik angehört, aber beinhart ignoriert” worden. Also bleibe das Gesetz “durch und durch unsozial”. Hartinger-Klein rode damit die stabile, jahrzehntelang aufgebaute Soziallandschaft Österreichs, prangerten Katharina Wiesflecker (Vorarlberg), Gabi Fischer (Tirol) und Heinrich Schellhorn (Salzburg) vor allem die starke Kürzung bei Senioren, Geringverdienern und Kindern an.

„Es geht der Regierung nicht um ein gut abgesichertes Auffangnetz für Menschen in schwierigen Situationen, also um eine Sozialpolitik, die diesen Namen verdient. Es geht um Inländer gegen Ausländer, und vor allem geht es darum, das rot-grün regierte Wien anzugreifen. Parteipolitik auf dem Rücken der Schwächsten in unserer Gesellschaft zu betreiben, ist mit aller Deutlichkeit abzulehnen“, zeigt sich Wiesflecker empört.

“Nur teilweise konstruktiv”

Als “nur teilweise konstruktiv” empfand Ministerin Beate Hartinger-Klein ihr Gespräch mit den Soziallandesräten. Sie sprach in einer schriftlichen Stellungnahme von “Fehlinterpretationen”. Diese seien “unglaublich”, “entbehren jeglicher vernünftigen Grundlage” und dienten “nur zur bewussten Verunsicherung der Bevölkerung”, missfiel der Ministerin offensichtlich die von SPÖ- und Grünen Landesräten vorgebrachte Kritik.

ÖVP-Klubobmann Wöginger, bei der Runde mitanwesend, lobte hingegen die Gespräche mit den Ländern als durch die Bank gut – bis auf Wien. “Von allen Ländern kamen konstruktive Vorschläge, außer aus Wien”, sagte Wöginger gegenüber der APA.

(APA)

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