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Harte Verhandlungen und weitere Proteste

WTO-Gipfel - EU: Agrarzugeständnisse nur gegen Investitionen - Schwellenländer: Agrar vor allem anderen - Koreanische Bauern halten Mahnwache für toten Anführer.

Im Schatten des Todes des koreanischen Bauern-Aktivisten Kun Hai Lee, der sich bei heftigen Protesten gegen die 5-tägige WTO-Ministerkonferenz im mexikanischen Badortes Cancun am Eröffnungstag mit einem Stich in die Brust getötet hat, starten heute, Donnerstag, die konkreten Verhandlungen um einen weiteren Abbau von Handelsbeschränkungen. Nach allen bisherigen Ankündigungen der großen Gruppen unter den 146 WTO-Mitgliedsstaaten wird es hart auf hart gehen. Auf dem Plan steht heute auch die Aufnahme zweier neuer Mitglieder, Kambodscha und Nepal.

WTO-Generalsekretär Supachai Panitchpakdi betonte in einer Pressekonferenz am Mittwoch (Ortszeit), dass man diesmal sofort mit inhaltlichen Verhandlungen beginnen werde, um keine Zeit zu verlieren. In fünf offenen Arbeitsgruppen werden die knapp 5.000 Delegierten parallel über Landwirtschaft, Marktzugang für Nicht-Agrar-Produkte, Entwicklungsfragen und Investitionen sowie weitere Themen verhandeln. Wie aus Delegiertenkreisen verlautet, zeichnet sich ein Abtausch zwischen Zugeständnissen der EU im Agrarbereich und einem Okay der Entwicklungsländer zu Verhandlungen über ein Investitionsabkommen ab. 21 der größten Schwellenländer in der WTO, darunter China, Indien und seit kurzem Brasilien – eine neue Allianz – haben gedroht, bei keinem anderen Thema substanzielle Gespräche zu führen, so lange es nicht mehr Bewegung bei Agrarsubventionen und Marktzugangsbeschränkungen von EU und USA – die sich im Vorfeld der Konferenz auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigt haben – gibt. Die EU wiederum verlangt im Gegenzug grünes Licht von diesen Ländern für ein multilaterales Investitionschutzabkommen.

Außerhalb des mit mehrfachen Strassensperren und hohen Drahtgittern abgeriegelten schmalen Hotelstreifens, wo die Konferenz stattfindet, könnte es heute wieder zu Zusammenstößen zwischen WTO-Kritikern und den Sondereinheiten der mexikanischen Polizei sowie Soldaten kommen. Studentengruppen haben angekündigt, einen neuen Versuch zu unternehmen, zum Konferenzzentrum vorzudringen. Rund 100 koreanischen Bauern-Aktivisten haben die Nacht über eine Art Mahnwache für ihren Toten Anführer Kun Hai Lee bei den Absperrungen abgehalten. Wie sie in einer kurzen Presseerklärung verlauten ließen, soll die mexikanische Regierung mit ihrer Abschiebung gedroht haben.

Laut NGO-Vertretern sind nach dem Freitod des Koreaners – er war während der Zusammenstöße mit einem Transparent mit der Aufschrift „WTO Kills Famers“ auf den Absperrzaun und stach sich mit einem Messer in die Brust – etliche Bauernorganisationen, die extra aus Europa aber auch den USA und anderen Landesteilen Mexikos gekommen waren, sind abgereist. In Cancun City wurden spezielle „Camps“ auf mehreren großen Plätzen für die Demonstranten eingerichtet. Für Samstag werden weiter Proteste erwartet.

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