Während in Beirut am Dienstag gespannte Ruhe herrschte, griffen in Hariris Heimatstadt Sidon Dutzende Demonstranten syrische Arbeiter an. Bei dem Anschlag kamen nach jüngsten Angaben insgesamt 17 Menschen ums Leben, etwa 120 weitere wurden verletzt.
Die Hintergründe zunächst unklar. Innenminister Suleiman Frangie deutete an, dass ein Selbstmordattentäter mit einem Fahrzeug voller Sprengstoff Hariris Autokonvoi gerammt haben könnte. Justizminister Adnan Addoum äußerte derweil Zweifel an einem von Al Jazeera ausgestrahlten Video, in dem sich eine Gruppe namens Beistand und Jihad in Syrien und Libanon zu der Tat bekannte. Dieses Video sei möglicherweise ein Versuch, die Ermittlungen in die Irre zu führen, meinte Addoum.
Der Innenminister nannte das Attentat – eines der schwersten im Libanon seit Ende des Bürgerkriegs vor 15 Jahren – das Werk internationaler Parteien, hinter dem ein Netzwerk stehe. Den Antrag Frankreichs auf ein internationales Ermittlungsverfahren lehnte er ab, zeigte sich jedoch aufgeschlossen gegenüber jeglicher Unterstützung von Seiten unabhängiger internationaler Experten. Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon erklärte, Vorwürfe einer israelischen Beteiligung an dem Anschlag entbehrten jeder Grundlage.
Der im französischen Exil lebende frühere libanesische Armeechef Michel Aoun bekräftigte seinen Verdacht, dass Syrien hinter dem Attentat stecke. Damaskus habe das Land völlig unter Kontrolle, sagte er im Radiosender France-Info.
Ich mache das libanesisch-syrische Polizeiregime für Hariris Tod verantwortlich, sagte auch der hochrangige Drusen-Chef Walid Joumblat (Jumblatt).
Syrien, das sich als Schutzmacht im Libanon sieht, hat dort etwa 15.000 Soldaten stationiert. Hariri hatte sich gegen diese Einflussnahme gewandt und war im Oktober im Streit über die syrische Rolle im Libanon zurückgetreten.
Hariris Sohn Saadeddine antwortete auf die Frage eines Journalisten nach dem Grund für die Ermordung seines Vaters: Das ist doch offensichtlich, oder? Am Vorabend hatte er an einem Treffen von Oppositionspolitikern teilgenommen, die in einer Erklärung Syrien sowie die jetzige libanesische Regierung für den Anschlag verantwortlich machten.
Bei den Übergriffen in Sidon wurden fünf Syrer leicht verletzt. Hunderte Demonstranten zogen in einem Trauermarsch durch die Straßen, andere versammelten sich vor dem Wohnsitz der Familie Hariri. Die Straßen von Beirut wirkten dagegen fast ausgestorben, Schulen, Banken und Geschäfte blieben zu Beginn der dreitägigen Staatstrauer geschlossen. Vor Hariris Residenz in der Hauptstadt bildeten sich jedoch lange Schlangen. Unter den Würdenträgern, die ihre Aufwartung machten, waren der syrische Vizepräsident Abdul Halim Khaddam und der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos. Hariri soll am Mittwoch beigesetzt werden.
Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, erklärte, die USA würden mit anderen Ländern in der Region und mit dem UNO-Sicherheitsrat darüber beraten, wie die Verantwortlichen für den Anschlag bestraft werden könnten. Ziel sei es, die Einschüchterung des libanesischen Volkes zu beenden und dessen Souveränität wiederherzustellen.