Handels-KV: Gewerkschaft will Gehaltsplus von über 9,2 Prozent

Ein Gehaltsplus, das über der Inflationsrate der letzten zwölf Monate liegt. In diesem Zeitraum betrug die Inflation von Oktober 2022 bis September 2023 satte 9,2 Prozent. Angesichts dieser hohen Teuerungsrate argumentiert die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger von der GPA, dass eine angemessene und nachhaltige Erhöhung der Gehälter und Lehrlingsentschädigungen dringend erforderlich ist.
Handels-KV: GPA schlägt steuerfreie Einmalprämie vor
Darüber hinaus schlägt die GPA vor, dass wirtschaftlich florierende Unternehmen auch eine steuerfreie Einmalprämie auszahlen könnten. Diese Idee wurde vor Journalisten in Wien präsentiert. Im Einklang mit dem Vorjahr lehnt die Gewerkschaft jedoch den Vorschlag der Arbeitgeber ab, die Teuerungshilfen der Regierung in die Kollektivvertragsverhandlungen einzubeziehen. Ebenso sind Vorschläge wie eine KV-Öffnungsklausel für angeschlagene Handelsunternehmen, eine kürzere Betrachtungsdauer der rollierenden Inflation oder eine KV-Differenzierung nach einzelnen Handelsbranchen für die gewerkschaftlichen Verhandler kein Thema.
Die Arbeitnehmervertreter sind auf langwierige Verhandlungen vorbereitet. Es sind vier Verhandlungsrunden bis Ende November geplant, und die Gewerkschaft hat bereits den gesamten Dezember für Verhandlungen in Betracht gezogen. Dies könnte besonders im Weihnachtsgeschäft eine Herausforderung darstellen.
Gewerkschaft will mehr als 9,2 Prozent Gehaltsplus
Im vergangenen Jahr betrug die rollierende Inflation, die als Grundlage für den Handels-Kollektivvertrag diente, 6,9 Prozent. Nach fünf Verhandlungsrunden und einer drohenden Streikaktion einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf ein Gehaltsplus von 7 Prozent und eine Erhöhung von mindestens 145 Euro ab dem 1. Januar 2023. Dies führte laut Gewerkschaft zu einer durchschnittlichen Gehaltserhöhung von 7,3 Prozent im Rahmen des Kollektivvertrags. Die Mindestgehälter stiegen um bis zu 8,7 Prozent. Das Vollzeit-Einstiegsgehalt für Handelsangestellte liegt seither bei 1.945 Euro brutto (1.535 Euro netto) pro Monat.
Die Gewerkschaft betont, dass "faire Gehälter und faire Arbeitszeiten" auch dazu beitragen können, die Branche in Zeiten eines massiven Personalmangels attraktiver zu gestalten. Diesen Mangel verdeutlichen die mehr als 3.900 offenen Stellen bei Rewe Österreich/International (u.a. Adeg, Billa, Bipa, Penny), rund 2.500 bei Spar und etwa 1.500 bei Hofer. Die Gewerkschaft fordert auch, Teilzeitkräften die Möglichkeit zu geben, ihre Stunden aufzustocken, da viele Supermarktketten auf Teilzeitkräfte setzen, um flexibel bei der Dienstplanung zu sein. Tatsächlich sind von 700 online ausgeschriebenen Kassierer-Jobs bei einer österreichischen Supermarktkette nur 90 Vollzeitstellen.
Zwei Drittel der Handelsangestellten sind Frauen
Es fällt auf, dass fast zwei Drittel der Handelsangestellten in Österreich Frauen sind, insbesondere im Einzelhandel ist der Frauenanteil noch höher. Während knapp 60 Prozent der Frauen im Handel in Teilzeit arbeiten, beträgt die Teilzeitquote bei Männern lediglich etwa 13 Prozent.
In den diesjährigen KV-Verhandlungen fordert die GPA anstelle der bisherigen Forderung nach einer "leichteren Erreichbarkeit" der sechsten Urlaubswoche nun zusätzliche dauerhafte "Freizeittage" nach Dienstjahren. Dies beinhaltet ab fünf Dienstjahren drei Arbeitstage, ab sieben Dienstjahren zwei Arbeitstage und ab zehn Dienstjahren einen Arbeitstag. Die Gewerkschaft argumentiert, dass dies nicht nur ein Mittel zur Mitarbeiterbindung ist, sondern auch den Arbeitsdruck reduzieren würde.
Die Gewerkschaft vertritt die Auffassung, dass die gesamte Handelsbranche in Österreich trotz Konjunkturflaute und realer Umsatzrückgänge solide aufgestellt ist. Sie verweist auf stabil bleibende Eigenkapitalquoten und weiterhin hohe Gewinnausschüttungen.
Einzelhandel leidet unter den Nachwirkungen der Corona-Pandemie
Dennoch leidet der Einzelhandel unter den Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie, einem Anstieg der Inflation und der Zinsen sowie einer schwachen Nachfrage der Konsumenten. Statistik Austria meldet für das erste Halbjahr 2023 einen nominalen Umsatzanstieg im Einzelhandel (ohne Kfz-Handel; inklusive Tankstellen) von 4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, während der real preisbereinigte Umsatz um 3,8 Prozent zurückging.
Die herausfordernde wirtschaftliche Lage führt zu einer Insolvenzwelle im Einzelhandel. Namhafte Einzelhändler wie Kika/Leiner, Forstinger, Gerry Weber Österreich, Reno und die Sport-2000-Genossenschaft Zentrasport haben bereits Insolvenz angemeldet. Andere Ketten wie Salamander oder Delka haben sich aus Österreich zurückgezogen. Die Gewerkschaftsvertreter sind der Meinung, dass diese Insolvenzen größtenteils auf Managementfehler zurückzuführen sind.
Die Verhandlungen für den Handels-Kollektivvertrag beginnen am 24. Oktober mit der traditionellen Forderungsübergabe und der ersten Verhandlungsrunde. Weitere mögliche Termine für Verhandlungen sind der 9. November, der 16. November und als Reservetermin der 24. November.
(APA/Red)