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Hamburg: Keine Entwarnung

Nach dem Terrorhinweis für das Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg gibt es noch keine Entwarnung. Das Gebäude bleibt vorerst unter besonderem Schutz.

Das Bundeskriminalamt sah jedoch keine Änderung der Sicherheitslage in Deutschland. Der Hamburger Innensenator Dirk Nockemann (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) blieb wegen des von ihm ausgelösten Terroralarms vom Dienstag im Kreuzfeuer der Kritik.

SPD und Grüne äußerten Bedenken gegen das Vorgehen Nockemanns. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz, der Landeschef der Sozialdemokraten in der Hansestadt ist, nannte Nockemanns Reaktion „mindestens unprofessionell“. Zugleich erklärte er aber, die Behörden in Hamburg hätten mit der Lageeinschätzung und den Konsequenzen richtig gelegen. Zuvor hatte schon Innenminister Otto Schily (SPD) den Alarm in Hamburg kritisiert. Die CDU und auch der Terrorismusexperte Rolf Tophoven verteidigten Nockemann.

In Hessen, Bayern und Baden-Württemberg wurde der Schutz von US- und Bundeswehr-Einrichtungen nach der Anschlagswarnung zum Jahreswechsel verstärkt. Über zwei angebliche Selbstmordattentäter, nach denen die Sicherheitsbehörden seit der Warnung in Deutschland suchen, drang nichts Neues an die Öffentlichkeit.

Der Sprecher der Hamburger Innenbehörde, Marco Haase, sagte am Neujahrstag, die Straßen um die Klinik in Hamburg-Wandsbek seien weiterhin gesperrt. Personen- und Fahrzeugkontrollen blieben bestehen. Neue Erkenntnisse gebe es jedoch auch zwei Tage nach den „konkreten Hinweisen“ von Sicherheitsbehörden nicht.

Nockemann hatte das Militärspital nach einer Terrorwarnung des US-Geheimdienstes weiträumig absperren lassen. Nach Angaben des Innensenators sollen Terroristen der Gruppe Ansar el Islam (Unterstützer des Islam) für Anfang 2004 Selbstmordanschläge auf das Krankenhaus und den US-Militärflughafen Rhein-Main geplant haben. Die Gruppe soll Kontakte zum Terrornetzwerk El Kaida haben.

In einem dpa-Gespräch sagte Nockemann, er halte die Sicherheitsmaßnahmen für „angemessen, konsequent und notwendig“. „Wie konkret müssen die Hinweise denn noch sein, damit Schily das polizeiliche Handeln in Hamburg für gerechtfertigt hält?“, fragte er mit Blick auf die Fahndung nach zwei mutmaßlichen Attentätern, die den Behörden nach eigenen Angaben namentlich bekannt sind.

Schily hatte Nockemann vorgeworfen, die Klärung der „ungesicherten Hinweise“ auf geplante Anschläge gegen US-Militäreinrichtungen und das Hamburger Militärhospital erschwert zu haben. Nockemann sagte, die Informationen seien von Schily unterstellten Bundesbehörden gekommen.

Scholz sagte der dpa in Hamburg, es sei irritierend, dass Nockemann „zwischen Tür und Angel aus vertraulichen Geheimdienstinformationen plaudert und sogar Quellen und verdächtige Gruppen namentlich nennt“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, verlangte zu klären, ob Nockemann durch die Öffentlichkeitsarbeit seiner Behörde und den Großeinsatz der Polizei der Aufklärung des Terrorhinweises geschadet hat.

Der Terrorismus-Experte Rolf Tophoven hält das schnelle Vorgehen in Hamburg für gerechtfertigt. „Wenn konkrete Namen und Ziele vorlagen, ist schnelles Handeln richtig“, sagte der Leiter des Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik. Unionsfraktions-Vize Wolfgang Bosbach (CDU) schloss sich dieser Meinung an: „Angesichts der allgemeinen Bedrohungslage, die ja auch von Innenminister Otto Schily nicht in Abrede gestellt wird, kann ich den Beschluss des Innensenators sehr gut verstehen, lieber alle Maßnahmen zu ergreifen als eine zu wenig“, sagte Bosbach dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag).

Ähnlich äußerte sich der bayerische Innenminister Günther Beckstein. Er sprach von einem Warnsignal. Die Ereignisse zeigten, dass die Warnungen längst keine „Geheimdienstmärchen“ seien, sondern sehr ernst genommen werden müssten. „Es ist völlig eindeutig, dass wir nicht nur Ruheraum sind, sondern auch Ziel von Anschlägen werden können.“

Die radikalislamistische Gruppe Ansar el Islam wurde im September 2001 im Norden des Irak gegründet. Ansar el Islam soll den El-Kaida-Kämpfern von Osama bin Laden Unterschlupf gewährt haben, außerdem tauchte die Gruppe im Zusammenhang mit Anschlägen auf.

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