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Hamas: Treffen mit Abbas angekündigt

Nach dem Triumph der Hamas hat deren Spitzenpolitiker Ismail Haniyeh für die "allernächsten Tage" ein Treffen mit Palästinenserpräsident Abbas angekündigt.

Dabei solle über eine „politische Partnerschaft“ diskutiert werden, sagte Haniyeh am Freitag in Gaza. Abbas kündigte an, er werde die Hamas mit der Regierungsbildung beauftragen.

Haniyeh war Spitzenkandidat der Hamas bei der Parlamentswahl vom Mittwoch, die seine Organisation mit absoluter Mehrheit gewann. Er ist als künftiger palästinensischer Regierungschef und damit Nachfolger des nach der Wahl zurückgetretenen Fatah-Politikers Ahmed Korei im Gespräch.

Der im Exil lebende Hamas-Politbürochef Khaled Mechaal (Mashaal) könnte einem palästinensischen Zeitungsbericht zufolge bereits in der kommenden Woche in den Gazastreifen zurückkehren. Mechaal stehe mit der Autonomiebehörde und der EU in Verbindung, um seine Rückkehr nach Gaza vorzubereiten, berichtete die Zeitung „El Kuds“. Demnach sagte die EU Mechaal zu, die USA um eine Intervention bei den Israelis zu bitten, damit diese die Heimreise nicht verhindern. Weiter hieß es, Mechaal werde im Fall seiner Rückkehr kommende Woche in Gaza mit Abbas zusammentreffen, mit dem er bereits am Donnerstag telefoniert habe.

In einem Interview mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“ wies Mechaal die Roadmap des Nahostquartetts aus UNO, USA, Russland und Europäischer Union als „unannehmbar“ zurück. Der Friedensplan schreibe detailliert vor, dass „Widerstandskämpfer“ gegen Israel zu entwaffnen und festzunehmen seien. Zu Israel, zum künftigen Status von Jerusalem, zum Schicksal der über alle Welt verstreuten palästinensischen Flüchtlinge und zur Rückgabe besetzter Gebiete gebe es dagegen nur vage Angaben, kritisierte er. Mechaal bestritt zugleich, dass die Hamas die Zerstörung Israels fordere. In ihrem Statut heiße es vielmehr: „Schluss mit der israelischen Besatzung Palästinas“. Auch habe nicht die Hamas, sondern Israel die Tür zum Dialog zugeschlagen.

Abbas erklärte, er werde mit der israelischen Seite auf Grundlage der Roadmap verhandeln, die unter anderem einen Palästinenserstaat in friedlicher Koexistenz mit Israel vorsieht. Gemäß der Verfassung der Palästinensischen Autonomiebehörde ist der Präsident für alle außenpolitische Belange zuständig, während die Innenpolitik in das Ressort des Regierungschefs fällt. Präsident Abbbas ist überdies Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), der Unterzeichnerin der bisherigen Abkommen mit Israel.

Die Hamas feierte ihren Wahlsieg nach dem Freitagsgebet mit zahlreichen Versammlungen in ihren Hochburgen in den Palästinensergebieten. In Jerusalem trotzten hunderte Hamas-Anhänger dem kalten Regenwetter und marschierten mit großen grünen Fahnen ihrer Organisation zur Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg. In Khan Yunis im südlichen Gazastreifen gab es bei gewaltsamen Zusammenstößen von Anhängern der Fatah und der Hamas drei Verletzte. Auslöser für den Zwischenfall war offenbar eine Fatah-freundliche Predigt in der örtlichen Moschee.

Nach dem Sieg der Hamas wurde die radikal-islamische Bewegung von Regierungen aus aller Welt zum Gewaltverzicht aufgefordert. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte: „Eine Zwei-Staaten-Lösung des Konflikts verlangt von allen Teilnehmern einen demokratischen Prozess, auf Gewalt und Terrorismus zu verzichten und das Existenzrecht Israels anzuerkennen und die Waffen nieder zu legen“. Die EU als Hauptgeldgeber der Palästinenser wird nach Angaben Ferrero-Waldners die weitere Entwicklung abwarten.

Bundespräsident Heinz Fischer rechnet damit, dass die EU beim Rat der Außenminister am kommenden Montag und Dienstag zu einer gemeinsamen Position kommen wird, was den überraschend klaren Erfolg der Hamas bei den palästinensischen Wahlen betrifft. „Ich denke, dass es zu einer gemeinsamen Position kommen wird, die auch Österreich mittragen wird“, erklärte Fischer am Freitag nach einem bilateralen Treffen mit dem französischen Regierungschef Dominique de Villepin am Freitag gegenüber der APA. „Wir müssen versuchen, einerseits eine ganz klare Position gegen Gewalt und Terrorismus aufrecht zu erhalten, gleichzeitig aber an der Schaffung von Gesprächsmöglichkeiten zu arbeiten“, erklärte der Bundespräsident nach dem Gespräch am Rande der „Sound of Europe“-Konferenz in Salzburg. Wütende Proteste

In der Stadt Gaza haben am Freitag tausende wütende Anhänger der bei der Parlamentswahl gescheiterten Fatah den Rücktritt der Führung ihrer Organisation verlangt. Die Demonstranten zogen vor das Parlamentsgebäude und steckten mehrere Autos in Brand, berichteten Augenzeugen. Unter den Fatah-Anhängern seien viele Bewaffnete gewesen. Die radikal-islamische Hamas hatte am Mittwoch eine absolute Mehrheit der Sitze gewonnen und die bisher regierende Fatah damit von der Macht verdrängt.

„Wir wollen, dass er und seine ganze Mannschaft gehen“, sagte ein Anhänger der radikalen Al-Aksa-Brigaden bei der Kundgebung im Flüchtlingslager Nusseirat am Freitag. Abbas sei der Hauptverantwortliche für die Niederlage der Fatah-Bewegung bei der Parlamentswahl, sagte ein weiterer Aktivist der Brigaden, die als militärischer Arm der Fatah fungieren. Die Demonstranten forderten, dass die Fatah sich nicht an einer Regierung beteiligen dürfe, die von der Hamas geführt werde.

Israel will der Palästinenserführung zunächst weiterhin die Zölle erstatten, die auf Waren erhoben werden, die in den Gazastreifen und ins Westjordanland eingeführt werden. Die israelische Regierung werde ihre Zusammenarbeit mit der Palästinenserführung „in finanziellen Fragen wie der Erstattung von Steuern“ fortsetzen, „bis wir wissen, mit welcher Regierung wir es zu tun haben“, sagte ein israelischer Regierungsbeamter. „Wir haben nicht die geringste Absicht, Wirtschaftsstrafen gegen die palästinensische Bevölkerung zu verhängen.“

Zwar sei die Regierung des palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Korei nach dem Wahlsieg der Hamas zurückgetreten, sie funktioniere aber noch „wie ein Übergangskabinett, und deshalb ist es im Moment nicht nötig, dass wir unsere Haltung ändern“, sagte der Beamte. Israel überweist jeden Monat umgerechnet rund 33 bis 41 Millionen Euro an die Palästinenserführung, um damit die Zölle und Steuern zu erstatten, die an israelischen Häfen und Flughäfen auf Waren für die Palästinenser erhoben werden.

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