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Haller: Entführer wollte "normal" leben

Der Entführer von Natascha Kampusch wollte mit der 18-jährigen Wienerin offenbar irgendwann einmal ein "normales" Leben führen, sagte der Gerichtspsychiater Reinhard Haller.

„Nachdem er sie nicht umgebracht hat und sie offenbar nicht so stark traumatisiert ist, vermute ich, dass er sie schrittweise assimilieren wollte“, meinte er. So habe sich Wolfgang Priklopil schrittweise immer ein Stück weiter vorgewagt und sein Opfer beispielsweise seinem Freund Ernst H. als Bekannte vorgestellt – wie am Mittwoch bekannt wurde.

Dass sich die 18-Jährige damals nicht als Natascha Kampusch zu erkennen gegeben hat, zeige einmal mehr die komplexe Beziehung der jungen Frau zu ihrem Kidnapper, die ihn nicht nur als Monster gesehen haben dürfte. „Sie haben sich kennen gelernt. Er hat gewusst, was er ihr zumuten und was er von ihr erwarten kann. Und auch wo sie ihn verraten wird“, mutmaßte Haller. Vor dem Freund Priklopils könnte die junge Frau bei der Begegnung Angst gehabt haben.

„Sie war ihm sicher auch dankbar, dass sie aus dem Verlies herausgekommen ist“, meinte der Gerichtspsychiater. In den achteinhalb Jahren Gefangenschaft könnten Gefühle wie Verlässlichkeit und Dankbarkeit zwischen Opfer und Täter entstanden sein.

Der Wunsch davonzulaufen, sei in Natascha Kampusch vermutlich permanent vorhanden gewesen, so Haller. Ihre Flucht am Mittwoch der vergangenen Woche sei dann impulsiv passiert. Schon eine kleine Meinungsverschiedenheit der beiden könnte der Auslöser dafür gewesen sein.

„Ich glaube nicht, dass er sie umbringen wollte, sonst hätte er es schon früher getan“, meinte der Facharzt über den 44-jährigen Entführer. Das Ziel Priklopils könne gewesen sein, dass Natascha eines Tages als seine Freundin gesehen wird. Dass dieses Vorhaben scheitern könnte, dürfte Priklopil verdrängt haben. Daher hat er bei Nataschas Flucht auch panisch reagiert, erklärte Haller.

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