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Haiti: Seuchengefahr, Leichen und Tierkadaver

In Haiti wachsen Wut und Verzweiflung über die nur schleppend anlaufende Hilfe für die Opfer des Tropensturms „Jeanne“. In der am schwersten betroffenen Hafenstadt Gonaives herrschten am Mittwoch heillose Zustände.

In den Straßen stapelten sich die Leichen von Tieren und Menschen, die Insassen des von den Fluten zerstörten Gefängnisses liefen frei herum, es kam zu Plünderungen.

Auch vier Tage, nachdem „Jeanne“ über den Karibikstaat hinweggefegt war, ließ sich das gesamte Ausmaß der Verwüstung nicht übersehen. Nach Angaben der UNO-Stabilisierungsmission wurden möglicherweise mehr als 2.200 Menschen getötet, knapp 250.000 wurden obdachlos.

Wie ein Sprecher der UNO-Mission mitteilte, stieg die Zahl der Toten landesweit auf 1.013, weitere 1.200 Menschen würden noch vermisst. Für sie gebe es kaum noch Hoffnung. Die internationale Hilfe kam nur zäh in Gang. Gonaives, dessen Flughafen und Zufahrtstraßen überflutet waren, ließ sich auch am Mittwoch nur mit Geländefahrzeugen erreichen. Andere überflutete Gebiete im Norden des Landes blieben weiterhin komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Mindestens 170.000 Menschen waren weiterhin ohne Wasser und Nahrungsmittel.

Ein erster Hilfskonvoi erreichte Gonaives in der Nacht auf Mittwoch – doch zwei der zwölf Geländefahrzeuge des Welternährungsprogramms (WFP) mit Reis, Öl und Trockennahrung kippten kurz vor der Stadt im Schlamm um. In der Stadt herrschten katastrophale Zustände. Die Behörden begannen, Opfer in Massengräbern beizusetzen, da die Leichenhallen ohne Stromversorgung waren und die Toten nicht gekühlt werden konnten. Der Verwesungsgeruch in den Straßen wurde unerträglich.

Schon vor dem Sturm war die Sicherheitslage wegen der Nachwehen des blutigen Bürgerkriegs zu Beginn des Jahres angespannt. Zuweilen drohten anarchische Zustände. Hunderte Häftlinge, die aus dem überfluteten Gefängnis geflüchtet waren, liefen frei in den Straßen herum. Die meisten Polizisten hatten ihre Posten verlassen, um ihren Familien zu helfen. Immer wieder kam es zu Plünderungen. Wegen der prekären Situation mussten Vertreter des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF kurz nach ihrem Eintreffen Gonaives wieder verlassen, ohne sich ein Bild der Lage verschaffen zu können.

Angesichts der schlechten hygienischen Bedingungen warnten die Regierung und Hilfsorganisationen vor einem Ausbruch von Seuchen. Nach Angaben des Roten Kreuzes haben die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser und eine Verbesserung der sanitären Zustände in den Notunterkünften oberste Priorität.

Der Gesundheitsexperte der Hilfsorganisation OXFAM, Joe Fay, wollte einen Ausbruch von Cholera und Typhus nicht ausschließen. Schlimmstes befürchtete auch der örtliche Vertreter der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, Hans Havik, für die nach wie vor isolierten Regionen: „Es gibt so viele Dörfer, die wir noch nicht einmal erreichen konnten. Ich bin sicher, dass uns dort in den nächsten Tagen und Wochen noch böse Überraschungen erwarten“, sagte er.

Allgemein wurde damit gerechnet, dass sich die internationale Hilfe in den nächsten Tagen beschleunigt. Kanada entsandte am Mittwoch ein Militärflugzeug mit 14 Tonnen Material und stellte ebenso wie Deutschland, die Panamerikanische Hilfsorganisation (PAHO) und die US-Entwicklungsorganisation USAID Nothilfe bereit. Spanien und Chile wollten am Donnerstag je 20 Tonnen Lebensmittel, Medikamente und Ausrüstung senden; Frankreich weitere 40 Tonnen. Kuba, wo erst jüngst die Wirbelstürme „Charley“ und „Ivan„gewütet hatten, bot Hilfe von 600 bereits in Haiti stationierten Technikern und Medizinern an. UNO-Generalsekretär Kofi Annan appellierte an die Internationale Gemeinschaft, Anstrengungen zu unternehmen, „um einem der ärmsten Länder der Welt“ zu helfen.

Spendenaufruf

Zahlreiche Hilfsorganisationen rufen zu Spenden für die Überlebenden auf. „Das Leid der betroffenen Bevölkerung ist unermesslich. Derzeit am dringendsten benötigt werden Nahrungsmittel, Trinkwasser, Notunterkünfte und medizinische Betreuung“, appelliert etwa die Diakonie Österreich.

Diakonie Österreich

PSK 23.13.300

BLZ 60.000

Kennwort: Haiti

UNICEF

PSK 15 16 500

BLZ 60.000

Stichwort: „Sturmopfer Karibik“

Online Spenden unter http://www.unicef.at/spende

CARE Österreich

PSK 1,236.000

BLZ 60000

Kennwort: „Haiti“

Caritas Österreich

PSK: 7.700.004

BLZ 60.000

Kennwort: Haiti

Österreichisches Rotes Kreuz

PSK 2.345.000

Kennwort: Hurrikan Karibik

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