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Haiti: Parlamentswahlen am Freitag

Preval
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Mit den kommenden Parlamentswahlen soll die vor zwei Jahren mit dem Sturz von Präsident Jean-Bertrand Aristide begonnene politische Transformation zu einem vorläufigen Abschluss kommen.

Im bettelarmen und seit Jahren von gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen erschütterten amerikanischen Inselstaat Haiti wird am Freitag ein neues Parlament gewählt.

Die Wahl war mehrmals verschoben worden, nachdem es im Zuge der Präsidentschaftswahl am 7. Februar zu Unruhen gekommen war. Diese hatte der Aristide-Vertraute Rene Preval mit knapp 50 Prozent der Stimmen gewonnen. Er kann jedoch sein Amt erst antreten, wenn das Parlament gewählt ist. Prevals Partei „Lespwa“ (Kreolisch: „Die Hoffnung“) gilt als Favoritin, wenngleich Beobachter damit rechnen, dass er eine Koalition wird bilden müssen. Eine erste Runde der Parlamentswahl hatte gleichzeitig mit der Präsidentenwahl stattgefunden, doch werden die fast alle Mandate erst in der Stichwahl am Freitag vergeben. 3,5 Millionen Haitianer sind wahlberechtigt.

Der Chef der Wahlkommission, Max Mathurin, hat im Vorfeld der Wahl vor gewaltsamen Auseinandersetzungen gewarnt. Einige Kandidaten, die ihr Ausscheiden in der ersten Runde nicht anerkennen wollten, hätten bei ihren Protesten bereits zu gewaltsamen Mitteln gegriffen, sagte er. „Ich führe meine Kampagne weiter und mein Name sollte auf dem Wahlzettel aufscheinen. Sollte das nicht der Fall sein, wird es in meinem Wahlkreis keine Wahl geben“, drohte die Kandidatin Roselaure Aubourg. Die 9.000 Mann starke UNO-Schutztruppe auf Haiti (Minustah) hat bereits angekündigt, ihre Präsenz aus Anlass der Wahl zu verstärken. Auch EU-Wahlbeobachter sind im Einsatz.

Das haitianische Parlament besteht aus zwei Häusern. Zur Wahl stehen diesmal 99 Sitze im Abgeordnetenhaus (zwei davon wurden bereits im ersten Wahlgang gewählt) und 30 im Senat. Die bisher letzte Wahl im Mai 2000 hatte noch Aristides Lavalas-Partei gewonnen. Sie kam auf 73 der 78 Abgeodneten und 26 der 27 Senatoren. Seit der nach gewaltsamen Unruhen erzwungenen Flucht Aristides im Februar 2004, nach der eine Übergangsregierung unter Boniface Alexandre regierte, ist das Parlament nicht mehr zusammengetreten.

Die Parlamentswahl wird auch als Startschuss für den wirtschaftlichen Wiederaufbau des ärmsten Landes der westlichen Hemisphere gesehen. Ende Mai findet in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia eine internationale Geberkonferenz für Haiti statt, von der sich Präsident Preval Hilfszusagen im Umfang von einer Milliarde Dollar (827 Mio. Euro) erachtet. „Es besteht ein starkes Abhängigkeitsverhältnis von Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung“, sagte Preval im März vor dem UNO-Sicherheitsrat. „Die von der internationalen Gemeinschaft einstweilen in Haiti erreichte Stärkung der Demokratie kann es nicht geben ohne zusätzliches Geld“, betonte er.

80 Prozent der 8,3 Millionen Haitianer, die sich auf einem Staatsgebiet von der Größe eines Drittels von Österreich drängen, leben in Armut. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt nach Schätzungen der Weltbank 390 Dollar (322 Euro) jährlich. Die Lebenserwartung liegt bei rund 50 Jahren.

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