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Häf’n-Tattoo-Contest

Wien sucht am 13. August im Prater das schönste Häf’n-Tattoo - Im Rahmen eines „sozialen Kunstprojektes“ wird das schönste „Peckerl“ von einer Jury ausgezeichnet - Donald Duck und Spinnennetz stehen zur Wahl.

„Oh Herr, beschütze mich vor meinem Freund. Vor meinem Feind schütze ich mich selbst“, ist auf Gerhards gesamten Rücken tätowiert. Der Spruch beruhe auf Erfahrung, versicherte er auf Nachfrage. Der hagere Mann ließ sich zu den Vorausscheidungen für den „Häf’n-Tattoo-Contest“ in der Redaktion der Wiener Straßenzeitung „Augustin“ fotografieren. Im Rahmen eines „sozialen Kunstprojektes“ wird am 13. August vor Publikum im Prater das schönste „Peckerl“ von einer Jury ausgezeichnet.

Gerhard war während seiner Zeit hinter Gitter selbst Tätowierer und hat auch einen Großteil seiner eigenen Bilder selbst gestochen. Nun gesellt sich zum Buddha am Unterarm und dem obligatorischen Spinnennetz auch Donald Duck auf dem Oberfuß. Auch Gerhard trägt das Kennzeichen so gut wie aller Gefängnis-Tätowierten: Die drei kleinen Punkte zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie stehen für: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

Mit Nähnadeln habe man stechen müssen, mit Rasierwasser desinfiziert. Erst als in den 90-er Jahren die ersten Walkmans erlaubt waren, konnte man die Motoren ausbauen und zur Tattoo-Maschine umfunktionieren. Wurde man erwischt, sei man wegen Selbstverstümmelung angezeigt worden, erzählte Gerhard, der in vier österreichischen Gefängnissen einsitzen musste.

Weniger Chancen am Arbeitsmarkt

Auch nach dem Gefängnis würden so genannte Peckerl die Chancen am Arbeitsmarkt einschränken, ärgerte sich Organisator Klaus Pichler. Mit der „Persiflage auf eine Misswahl“ wolle man mit dem Contest die Situation umkehren und die Träger stolz präsentieren. Auf die Idee kam der studierte Landschaftsplaner, weil er bereits seit einem Jahr mit einem Sozialarbeiter zusammen Häf’n-Tattoo-Träger fotografiert und ihre Geschichten aufzeichnet. Findet er einen Verlag, möchte er sein Projekt nächstes Jahr in Buchform veröffentlichen.

Obwohl Gerhard bisher bereits rund 70 Stunden unter der Tattoo-Nadel gesessen ist, sind auch seine Pläne noch nicht zu Ende:
„Ich habe vor, dass ich mich bis oben hin zumache.“ Ein einziges Mals hat er sich eine Tätowierung entfernen lassen. Sie sei ihm mit der Zeit zu viel geworden: Es war eine Träne unter dem linken Auge.

Redaktion: Christian Wata

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