Häftling gründete Partei auf der Flucht: In Wien verurteilt
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte die ihm zur Verfügung gestellten Gelder teilweise anderweitig verwendet und Geschädigte bewusst getäuscht hat.
Die Geschichte rund um den Angeklagten ist einigermaßen bizarr: Der Beschuldigte saß 2019 eine mehrjährige Haftstrafe ab, als er von einem Haftausgang nicht mehr zurückkehrte. Unter neuer Identität mietete er sich in Wien in Hotels ein oder lebte in Wohnungen zur Kurzzeitmiete. 2021 gründete er sogar völlig unbehelligt eine Partei mit dem Namen "Ja zu Österreich", die er auch behördlich eintragen ließ.
Entflohener Häftling gründete Partei: 190.000 Euro von Sponsoren für Partei
"Ich habe Tag und Nacht für die Partei gearbeitet, hunderte Stunden", sagte der Beschuldigte auch bei der Fortsetzung seines Prozesses vor einem Schöffengericht (Vorsitz: Patrizia Kobinger-Böhm). Der Angeklagte behauptete zudem, die drei nötigen Nationalratsabgeordneten gefunden zu haben, die durch ihre Unterschrift ermöglichen würden, dass "Ja zu Österreich" bei den anstehenden Nationalratswahlen antreten könne.
Allerdings fehlte noch das Geld: Dafür suchte er Sponsoren, die er in drei Personen fand. 190.000 Euro erhielt der Mann insgesamt, die er sich auf sein privates Konto überweisen ließ. Als Begründung dafür gab er an, dass es noch kein Parteikonto gab, weil es noch keinen Parteivorstand gab.
Dieser wurde erst im Sommer 2024 installiert und auch ein Spitzenkandidat gefunden. Auch der Online-Auftritt und die mediale Werbung wurden durchaus professionell gestartet. Den Sponsoren sei eine Art Verzinsung der Investition versprochen worden, wenn die Partei den Einzug in den Nationalrat schaffe.
Antritt nur bei Wien-Wahl geplant
Im Sommer 2024 platzte der Traum, als einer der drei angeblichen Abgeordneten in letzter Sekunde doch nicht für "Ja zu Österreich" unterschreiben wollte. Nach einem kurzen Rückschlag beschloss die Partei, bei der Wien-Wahl im Oktober 2024 anzutreten. Der Kurswechsel sei mit den Sponsoren besprochen gewesen, versicherte der Angeklagte, es habe dazu auch eine Pressekonferenz stattgefunden.
Einer erfolgreichen Wien-Wahl kam allerdings die Festnahme des Angeklagten dazwischen. Bei einem Mittagessen mit einem Bekannten, der in illegale Geschäfte involviert sein soll, wurde auch sein Ausweis kontrolliert. Die Polizisten fanden heraus, dass der Mann gesucht wurde. Zudem wurden 40.000 Euro Bargeld in seinem Auto sichergestellt.
Gelder für Lebenserhalt verwendet
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete, dass der Mann die Gelder nicht in den Werbeauftritt der Partei investiert habe, sondern vielmehr in seinen eigenen Lebenserhalt. So sei etwa ein Apple Laptop, ein Leasing-Auto und eine Vespa angeschafft worden. Auch Kleidungen und Benzinkosten habe der Mann über die Partei abgerechnet, weshalb die Staatsanwaltschaft wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges anklagte. Der Beschuldigte behauptet hingegen, er könne alle Ausgaben samt teuren medialen Auftritten mit Rechnungen belegen.
Am Donnerstag folgte das Schöffengericht weitgehend der Anklage: Der Mann wurde bei Höchststrafe von drei Jahren zu einer Haftstrafe von 30 Monaten verurteilt. Zwar wurde der Angeklagte nicht in allen einzelnen Betrugsvorwürfen belangt, zumindest zwei Geschädigte habe er aber bewusst getäuscht. "Sie hatten vieles, aber kein Geld", unterstrich die Richterin. Zudem wurde kein einziger Milderungsgrund für den Angeklagten gefunden.
Der Angeklagte nahm das Urteil nach Rücksprache mit seinen Anwälten an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, womit das Urteil nicht rechtskräftig ist.
(APA/Red)