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Ägypter demonstrieren für raschere Reformen

In Kairo haben sich am Freitag Zehntausende auf dem zentralen Tahrir-Platz versammelt, um rasche Reformen und eine schnellere strafrechtliche Verfolgung von Exponenten des früheren Regimes zu fordern.
Demonstration am Tahir Platz in Ägypten
Auch in anderen Landesteilen gingen die Menschen auf die Straßen, um ihrem Unmut über den nur schleppend verlaufenden Wandel nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak im Februar Luft zu machen. Die meisten politischen Parteien und Gruppierungen, darunter auch die Muslimbruderschaft unterstützten den Aufruf zu den Protesten.

Die Demonstranten versammelten sich bereits vor den Freitagsgebeten. Auf dem Tahrir-Platz herrschte eine beinahe feierliche Stimmung. In der Menschenmenge waren viele Kinder, die ihr Gesicht in den Farben der ägyptischen Flagge geschminkt hatten. Es wurde davon ausgegangen, dass es eine der größten Protestaktionen nach dem Umbruch in dem nordafrikanischen Land werden würde. In den zweieinhalbwöchigen Demonstrationen, die zu Mubaraks Sturz führten, waren rund 840 Menschen getötet worden. Mubarak soll sich im August vor Gericht verantworten.

Die Justiz hat auf die Wut der Straße bereits reagiert. Regierungsnahe Medien berichteten am Donnerstagabend, der Vorsitzende der Ermittlungsbehörde des Justizministeriums habe Anklage gegen 25 ehemalige Abgeordnete und Führungskräfte von Mubaraks Nationaldemokratischer Partei (NDP) erhoben. Sie stehen im Verdacht, während der Revolution Attacken auf Demonstranten auf dem Tahrir-Platz organisiert zu haben. Konkret geht es um die sogenannte “Schlacht des Kamels“. Am 2. Februar waren Dutzende von Männern auf Kamelen und Pferden auf den Platz galoppiert und hatten dort Demonstranten, die Mubaraks Rücktritt forderten, mit Messern und Stöcken attackiert. Einige der Angreifer gaben nach Angaben lokaler Medien später an, sie seien von Geschäftsleuten mit Beziehungen zur NDP für Geld angeheuert worden.

Wahlen sollen wie geplant stattfinden

In der Stadt Suez war die Lage bereits Mitte der Woche eskaliert, nachdem Offiziere freigelassen worden waren, die an den tödlichen Attacken der Polizeikräfte auf Demonstranten während der Revolution im Jänner und Februar beteiligt gewesen sein sollen. Die Muslimbrüder kritisierten, dass ein Kairoer Gericht diese Woche drei ehemalige Minister vom Vorwurf der Korruption freigesprochen hat. Die Muslimbruderschaft als stärkte politisch organisierte Kraft des Landes verlangt, dass die Armee unter dem Vorsitzenden des Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, die Macht so rasch wie möglich an eine zivile Regierung abgibt. Die Übergangsregierung hat das Festhalten am Fahrplan für die allgemeinen Wahlen angekündigt. Ende September soll das Parlament gewählt werden, danach der Staatspräsident.

Die Übergangsregierung hatte am Mittwochabend betont, die Bürger hätten das Recht zu demonstrieren. Sie sollten aber friedlich bleiben, “um die Errungenschaften der Revolution nicht zu gefährden“, meldeten ägyptische Medien nach einer Kabinettssitzung. Die Regierung soll auch einen Vorschlag für ein neues Wahlgesetz vorgelegt haben, das die Chancen kleiner Parteien auf Sitze im Parlament erhöht. Das Gesetz muss vom Militärrat gebilligt werden, der nach dem Abgang Mubaraks die Macht übernommen hatte.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte sich jüngst für einen Dialog Washingtons mit den ägyptischen Muslimbrüdern ausgesprochen. Ein Sprecher Bruderschaft sagte dazu: “Wir haben die amerikanische Politik der Unterstützung für Diktatoren zum Schaden der Völker in dieser Region immer verurteilt”. Die USA hätten es sich daher selbst zuzuschreiben, dass sie “die von den Arabern am meisten gehasste westliche Macht” seien. Der Sprecher stellte in Abrede, dass es seit dem durch anhaltende Massenproteste erzwungenen Rücktritt Mubaraks Kontakte zwischen den Muslimbrüdern und der US-Regierung gegeben habe: “Es gab keine Kontakte, weder direkte noch indirekte.”

APA

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