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Gymnasiallehrer belästigte fremde Leute und landete vor Gericht

Ein 38-Jähriger erkundigte sich bei Unbekannten telefonisch nach Intimitäten - Er wurde von beharrlicher Verfolgung aus formalen Gründen freigesprochen.

Ein 38-jähriger Gymnasiallehrer hatte sich am Dienstag im Wiener Straflandesgericht vor Richterin Bettina Neubauer zu verantworten. Der Vorwurf: Beharrliche Verfolgung einer ihm völlig unbekannten Familie, deren Lebensführung er mit höchst eigenartigen Telefonanrufen unzumutbar beeinträchtigt haben soll. Der Mann gab sich als “Doktor Jäger” vom “Gesundheitsamt” aus und zeigte sich vor allem an der Körperbehaarung seiner Gesprächspartner interessiert.

Im vergangenen März läutete bei einem 55-jährigen Beamten das Telefon. Am anderen Ende der Leitung meldete sich ein vorgeblicher Vertreter vom “Gesundheitsamt” und bat den Mann, für eine “Studie” ein paar Fragen zu Beamten. “Die sind immer tiefer gegangen”, erzählte der Beamte nun im Zeugenstand.

Konkret wurde er gefragt, ob und wie oft er sich unter den Achseln rasiere und welche Farbe seine Schamhaare hätten. Als er davon seiner Frau erzählte, rief diese sogleich aus: “Jössas, der Doktor Jäger hat wieder angerufen!” Sie selbst hatte in den vorangegangen Monaten mehrmals ähnlich eigenartige Gespräche entgegen genommen.

Als Anrufer konnte schließlich ein an einem Wiener Bundesrealgymnasium tätiger Lehrer ausgeforscht werden. Dieser gab jetzt kleinlaut zu, mit dem Mann gesprochen zu haben, stellte jedoch in Abrede, mit dessen “besserer Hälfte” Kontakt gehabt zu haben.

Er habe eine “wissenschaftliche Studie über Körperbewusstsein” schreiben, diese eventuell sogar zu einer Dissertation ausbauen wollen, behauptete der Angeklagte. Er unterrichtet übrigens Französisch und Geschichte.

Er habe nicht nur mit Freunden und Bekannten “Interviews” führen wollen und sich daher aus dem Telefonbuch ausschließlich männliche Gesprächspartner herausgesucht. Bei fünf verschiedenen habe er insgesamt angerufen und diese “kurz und präzise befragt, ob sie Sport machen, Deos und Parfüms nehmen”, gab der Pädagoge zu Protokoll.

“Wissen Sie was? Ich glaube Ihnen kein Wort, was Sie da erzählen!”, fiel ihm schließlich Staatsanwältin Sabine Rudas-Tschinkel ins Wort.

Aus rein formalrechtlichen Gründen wurde der 38-Jährige vom Stalking freigesprochen: Die Anzahl der geführten Telefonate reichte nicht aus, um den Tatbestand zu erfüllen. “Schreiben Sie eine andere Studie!”, empfahl die Richterin dem Lehrer, der hochroten Kopfes den Verhandlungssaal verließ.

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