Es ist nun schon ein paar Jahre her, da empfahl ein amerikanischer “Insiderführer durch das deutsche Leben” seinen Lesern, sie sollten in Germany erst gar nicht versuchen, einen Witz zu erzählen: “Überlassen Sie das einem gewissen Harald Schmidt.”
Damals, Ende der 90er Jahre, besaß Schmidt so etwas wie das deutsche Witzmonopol. Da ließ “Dirty Harry” mit seinen Verstößen gegen die deutsche Humorhygiene in kurzen Abständen den Blätterwald rauschen und erreichte bei Sat.1 zweistellige Einschaltquoten. In den vergangenen Monaten dagegen kam die “Harald Schmidt Show” zeitweise nur noch auf 690.000 Zuschauer. Am Donnerstag (3. Mai) läuft sie aus. Gute Nacht, Late Night.
Wer hat sich verändert – Harald Schmidt (54) oder seine Zuschauer? Was Schmidt betrifft, sind die Meinungen seit jeher geteilt, doch gerade in den letzten Monaten wurde er auf den Medienseiten häufig bejubelt. Die Wulff-Affäre ließ ihn noch einmal zu großer Form auflaufen. Da war er wieder, der Blitz-Pointen-Setzer und Allround-Assoziator.
Opfer seines eigenen Erfolgs
Gesprächs- oder gar Zündstoff bot er allerdings kaum mehr, und das war früher eben anders. Seiner Polenwitze wegen wurde der Stand-up-Zyniker von der polnischen Regierung einst sogar eingeladen, sich selbst ein Bild von Land und Leuten zu machen. Heute ist auch der böseste Gag keine Schlagzeile wert. Schmidt ist insofern ein Opfer seines eigenen Erfolgs – er hat wesentlich dazu beigetragen, den politisch korrekten Witz der “Scheibenwischer”-Epoche zu begraben. Aber mittlerweile haben sich Gewöhnung und Ermüdung eingestellt.
Neben Oliver Pocher wirkte Schmidt von 2007 bis 2009 in der ARD geradezu als Verteidiger des guten Geschmacks. Pocher war mit ins Boot geholt worden, um die junge Generation an den ergrauenden Meister heranzuführen. Dieses Projekt darf getrost als misslungen betrachtet werden. Schmidt und die Facebook-Generation sind sich fremd geblieben. Ihm selbst fällt wenig dazu ein. Und umgekehrt muss man, um alle seine Pointen zu verstehen, ein humanistisches Gymnasium besucht oder doch zumindest sehr viele zusammenhängende Texte gelesen haben.
Ab Herbst auf Sky
Sein ehemaliger Side-Kick Manuel Andrack weist im aktuellen “Spiegel” darauf hin, dass sich Schmidt thematisch zunehmend auf die “Binnenwelt des Fernsehens” beschränkte: “Es ging um Quotenentwicklungen und darum, wer gerade bei welchem Sender rausgeschmissen wird. Das interessiert doch keinen.”
Sicher war es auch ein Nachteil, nicht mehr wie in den ersten acht Jahren bei Sat.1 fast jeden Tag auf Sendung zu gehen. In der ARD-Ära beschränkte er sich sogar auf eine Show pro Woche – viel zu wenig, um die Deutungshoheit über das politische und mediale Geschehen zu erringen oder zumindest zum festen Bestandteil im Tagesablauf seiner Fangemeinde zu werden.
Im Herbst gibt es aber bereits ein Wiedersehen. Wie der Bezahlsender Sky in einer Aussendung mitteilte, wird der “Late Night König” mit seiner Sendung künftig dreimal wöchentlich neue Episoden bei Sky Atlantic HD und Sky Hits/HD präsentieren.
(APA)