Guantanamo-Insasse beschreibt in drastischem Artikel Hungerstreik

Samir Naji al-Hasan Moqbel schildert in dem am Montag in der “New York Times” erschienenen Gastbeitrag, wie die Gefängnismitarbeiter ihn zwangsernähren. “Ich werde niemals das erste Mal vergessen, als sie den Schlauch für die Ernährung meine Nase hochgeschoben haben. Ich kann nicht beschreiben, wie schmerzhaft es ist, auf diese Weise zwangsernährt zu werden”, schreibt Moqbel.
Suchte in Afghanistan Arbeit
Der 35-Jährige Jemenit reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2000 aus seiner Heimat nach Afghanistan, um dort Arbeit zu finden. Während der US-geführten Invasion nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sei er nach Pakistan geflohen und dort festgenommen worden. Wie viele andere Terrorverdächtige sei er schließlich in Guantanamo gelandet.
Wurde nie von der US-Militärjustiz angeklagt
Moqbel wurde von der US-Militärjustiz nie angeklagt und gilt nicht als Gefahr für die US-Sicherheit. Dennoch kann er das Gefangenenlager auf einem US-Stützpunkt auf Kuba nicht verlassen. Wegen der anhaltenden Bedrohung durch Al-Kaida im Jemen schiebt Washington Guantanamo-Insassen grundsätzlich nicht in das arabische Land ab. Zugleich darf Moqbel nicht auf US-Boden freigelassen werden, ein Drittland für seine Aufnahme gibt es nicht.
Hungerstreik seit Februar
Seit Anfang Februar befinden sich Moqbel und dutzende Mitgefangene in Guantanamo im Hungerstreik. Sie begründen ihre Protestaktion damit, dass Wärter bei der Durchsuchung ihrer Zellen unangemessen mit Koran-Ausgaben umgegangen seien. Außerdem beklagen sie die fehlende Entlassungsperspektive. Während Anwälte angeben, dass sich die Mehrheit der 130 Häftlinge von Camp 6 inzwischen im Hungerstreik befinde, spricht das Pentagon von 43. Elf von ihnen werden demnach zwangsernährt. Moqbel erklärte, dass “mindestens 40” Insassen an dem Protest beteiligt seien.
Nicht genug qualifizierte medizinische Mitarbeiter
Der Jemenit schreibt in der “New York Times”, dass er bereits 15 Kilo verloren habe. Nun werde er zwangsernährt. “Zwei Mal täglich fesseln sie mich an einen Stuhl in meiner Zelle. Meine Arme, meine Beine und mein Kopf werden festgezurrt. Ich weiß nie, wann sie kommen. Manchmal kommen sie während der Nacht, noch um 23 Uhr, wenn ich schlafe”, schildert er die Lage. “Es gibt so viele von uns, die im Hungerstreik sind, dass es nicht genug qualifizierte medizinische Mitarbeiter gibt, um die Zwangsernährungen auszuführen.”
Stimmung ist “verzweifelt”
Moqbel beschreibt die Stimmung in Guantanamo als “verzweifelt”. “Alle Häftlinge hier leiden sehr. Leute fallen jeden Tag in Ohnmacht. Ich habe Blut gespuckt”, schreibt er. “Ich hoffe nur, dass sich die Augen der Welt wegen unseres Schmerzes erneut auf Guantanamo richten, bevor es zu spät ist.”
Obama versprach 2008 Guantanamo-Schließung
Das Gefangenenlager auf Kuba gibt es seit 2002. US-Präsident Barack Obama hatte die Schließung des Lagers vor seiner Wahl 2008 versprochen. Der Kongress verweigerte dafür aber die finanziellen Mittel und blockierte die Verlegung von Guantanamo-Häftlingen in Gefängnisse in den USA. (APA)