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Grüner Vorstand stimmte für Verhandlungen

Der Erweiterte Bundesvorstand der Grünen sprach sich Mittwoch Abend nach stundenlangen Beratungen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP aus.

Wie von Sitzungsteilnehmern zu erfahren war, lautete das Abstimmungsergebnis 21 zu 8. Die Gegenstimmen kamen unter anderen von den Wiener Vertretern.

Van der Bellen sieht eine Menge Stolpersteine

Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen hat in einem Pressestatement nach dem rund elfstündigen erweiterten Bundesparteivorstand bestätigt, dass die Grünen der ÖVP für Regierungsverhandlungen zur Verfügung stehen, sofern die Volkspartei das wünsche. Gleichzeitig betonte er, dass das entsprechende Votum mit aller gebotenen Skepsis gefallen sei, gebe es doch „eine Menge, Menge an Stolpersteinen zu überwinden“. Eine Fülle an Fragen sei offen, vor allem im Ökobereich, dem Klimaschutz sowie der Sozial- und Bildungspolitik.

Van der Bellen bezeichnete das 21-zu-8-Votum für die Bereitschaft zu Regierungsverhandlungen als „breite Mehrheit“. Es sei aber in keiner Weise so, „dass die Grünen davon ausgehen, dass die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende führen müssen“.

Dem Ende der Sitzung waren noch einige Telefonate Van der Bellens gefolgt. Über Gesprächspartner gab er zunächst keine Auskunft. Allgemein herrschte bei den Grünen sichtlich Erleichterung, dass man sich nach elf, offenbar mühsamen Stunden voneinander trennen durfte.


Zum Stand der Sondierungsgespräche mit der ÖVP über die
Möglichkeit der Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung

Im Folgenden die Mittwoch Abend beschlossene „Erklärung des Erweiterten Bundesvorstandes (EBV) der Grünen zum Stand der Sondierungsgespräche mit der ÖVP über die Möglichkeit der Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung“ im Wortlaut:

1. Der EBV hat heute einen ausführlichen Bericht über den Stand der Sondierungsgespräche entgegen genommen und umfassend diskutiert.

2. Der EBV erklärt die Bereitschaft der Grünen, die politische Option einer Koalition mit der ÖVP ernsthaft zu prüfen und in Verhandlungen darüber einzutreten.

3. Der EBV setzt dabei voraus, dass die ÖVP diese Verhandlungen als eine Partei der Mitte, auf der Grundlage eines christdemokratischen und sozialen Programms führt und nicht auf der Basis des „schwarz-blauen“ Wendeprojektes.

4. Der EBV stellt fest, dass die ÖVP in den bisherigen Sondierungsgesprächen noch keine ausreichende Bereitschaft zu nachhaltigen ökologischen, demokratischen und sozialen Reformen erkennen hat lassen. Weder zu einer ökologischen Steuerreform, noch bei der Finanzierung der Erreichung der Kyoto-Ziele oder der Neuorientierung der Verkehrs- und Energiepolitik sind bisher nennenswerte Fortschritte erzielt worden. Ebenso wenig beim Einstieg in die Grundsicherung zur Armutsbekämpfung, der Frauen- und Familienpolitik, der Forschungsoffensive sowie in der Bildungspolitik und bei der Integrations-, Asyl- oder Sicherheitspolitik.

5. Der EBV betont die Bereitschaft der Grünen, im Rahmen von Verhandlungen zu einem tragfähigen gemeinsamen Regierungsprogramm zu kommen, dabei auch weitgehende Reformen mitzutragen und Kompromisse einzugehen.

6. Die Grünen werden jedoch keinesfalls für eine so genannte „Modernisierung“ zur Verfügung stehen, die sich lediglich als eine Politik des Streichens, Kürzens und Abschaffens, von Nulldefiziten und des Abbaus statt des Umbaus des Sozialstaates versteht.

Die Modernisierung unseres Landes muss den ökologischen und sozialen Fortschritt ebenso umfassen, wie eine neue weltoffene Kulturpolitik, die Teilnahme an den europäischen Entwicklungen, die tiefgreifende Demokratisierung der Politik und die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens.

Der EBV appelliert an die Verantwortlichen der ÖVP, die Verhandlungen mit den Grünen nicht als bloße Suche nach einem Mehrheitsbeschaffer, sondern als ein neues Modell politischer Zusammenarbeit mit neuen politischen Horizonten zu begreifen.“

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