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Geiselnahme in Sydney: Geiselnehmer bei Erstürmung getötet

Geiselnehmer soll iranischer Flüchtling mit krimineller Vergangenheit sein.
Geiselnehmer soll iranischer Flüchtling mit krimineller Vergangenheit sein. ©AP
Nach einer 16-stündigen Geiselnahme in Sydney haben Sicherheitskräfte ein Cafe gestürmt und sich dabei offenbar heftige Gefechte mit einem mutmaßlichen Islamisten geliefert. Nach einem Bericht des Senders Sky News wurden zwei Menschen getötet, darunter der Täter. Bei der Erstürmung des Lokals waren zahlreiche Schüsse zu hören.
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Mehrere Verletzte wurden nach dem Zugriff in der Nacht zum Dienstag (Ortszeit) von Sanitätern auf Tragen in Sicherheit gebracht. Bei dem Täter handelt es sich den Behörden zufolge um einen Flüchtling aus dem Iran, der australischen Medien zufolge etwa 50 Jahre alt sein soll. Er hatte Drohbriefe an Familien australischer Soldaten geschickt, die bei Auslandseinsätzen getötet worden waren.

Mehrere Geiseln konnten entkommen

Wie viele Menschen der Mann in seiner Gewalt hatte, war auch kurz nach dem Ende der Geiselnahme unklar. Mindestens fünf konnten am Montag flüchten oder wurden freigelassen und von Sondereinheiten der Polizei in Empfang genommen. Ein Reporter des Senders Channel Seven berichtete, dass weitere 15 Menschen in dem Gebäude geblieben seien.

Video: Hier stürmt die Polizei das Café

Geiseln mit islamischen Flaggen im Fenster

Die Geiseln hielten mehrmals schwarz-weiße Fahnen mit dem islamischen Glaubensbekenntnis, der Shahada, in das Schaufenster. Diese Flagge wird oft von der Extremistenmiliz Islamischer Staat benutzt, die weite Teile Syriens und des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht und viele Zivilisten ermordet oder versklavt hat. Die Regierung in Canberra steht beim Kampf gegen die sunnitische Miliz an der Seite der USA und hat mehrfach vor Anschlägen von Islamisten gewarnt, die aus den Kriegsgebieten nach Australien zurückkehren. Die Gefahrenstufe wurde im September auf “hoch” angehoben.

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Iranischer Flüchtling als Geiselnehmer

Der bei der Erstürmung getötete Geiselnehmer hatte in dem Café in Sydney zahlreiche Menschen in seine Gewalt gebracht. Die Geiselnahme begann am Montagmorgen und dauerte bis nach Mitternacht (Ortszeit) an. Medien berichteten bereits vor dem Sturm auf das Café, der Geiselnehmer solle ein iranischer Flüchtling namens Harun Monis sein.

AUSTRALIA CAFE SIEGE
AUSTRALIA CAFE SIEGE ©Geiselnehmer soll iranischer Flüchtling mit krimineller Vergangenheit sein. (Bild: EPA)

Laut australischen Medien handelte es sich um einen “selbst ernannten Scheich”, der schon vermehrt mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, den Mord an seiner Ex-Frau in Auftrag gegeben zu haben. Er sei zudem bereits für andere Taten verurteilt worden. Ebenfalls vorgeworfen wurde ihm, mehrere Frauen sexuell missbraucht zu haben, als er als “spiritueller Heiler” gearbeitet habe.

Geiselnehmer war polizeibekannt

Polizeibekannt war er zudem, weil er Hassbriefe an Familien australischer Soldaten, die im Auslandseinsatz getötet wurde, geschrieben haben soll. Nach Australien kam er als iranischer Flüchtling. Mehrere Medien hatten zuvor berichtet, ihnen sei die Identität des Geiselnehmers bekannt. Nachdem das Blatt “Daily Telegraph” in seiner Morgenausgabe erste Details veröffentlichte, entschieden auch andere Medien, ihre Angaben öffentlich zu machen und auch den Namen des Mannes zu nennen. Die Polizei erlaubte unterdessen die Veröffentlichung der Identität des Täters.

Abbott: “Sehr beunruhigendes Ereignis”

“Das ist ein sehr beunruhigendes Ereignis”, sagte Ministerpräsident Tony Abbott vor dem Ende der Geiselnahme. Auch in der Bevölkerung herrschte Entsetzen über die Tat, die sich mitten im Bankenviertel von Sydney ereignete. Bei dem Cafe handelt es sich um ein Geschäft, wo Schokolade und Pralinen des Schweizer Unternehmens Lindt & Sprüngli verkauft werden. Ein Angestellter berichtete dem australischen Sender ABC, als er zu dem Laden gekommen sei, hätten alle gesessen. Die Tür sei verschlossen gewesen. Ein Mann mit Mütze und Bart sei herumgelaufen. Daraufhin sei er weggegangen, sagte der Mitarbeiter.

Video: Fünf Menschen entkommen

Erhöhter Terroralarm seit September

In Australien beginnt gerade der Sommer, es ist Hochsaison und zugleich Vorweihnachtszeit. In Sydney dürften Zehntausende Touristen sein. Seit September gilt nach Vorfällen Terror-Alarmstufe drei von vier, was bedeutet: “Terroranschlag wahrscheinlich”. Bei einer Großrazzia hatte die Polizei damals nach eigenen Angaben einen Anschlag auf australischem Boden vereitelt, bei dem ein beliebiger Passant auf der Straße entführt und enthauptet werden sollte.

Australien hat in diesem Jahr eine der schärfsten Anti-Terror-Gesetzgebungen der westlichen Welt verabschiedet. Unter anderem kann der Geheimdienst (ASIO) Verdächtige eine Woche lang im Verborgenen verhören. Er kann Leute ohne richterliche Genehmigung für 14 Tage festnehmen und Hausarrest und Ähnliches anordnen.

Australien beteiligt sich mit Hunderten Elitesoldaten und Flugzeugen an der internationalen Allianz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak.

Großmufti Australiens verurteilt die Tat

Der Großmufti Australiens verurteilte die Geiselnahme in einer Stellungnahme als kriminellen Akt. “Solche Aktionen werden im Islam verurteilt”, teilte Ibrahim Abu Mohamed mit. Der Vorsitzende der libanesischen Muslime, Samier Dandan, sagte während der Geiselnahme im Rundfunk: “Wenn die muslimische Gemeinde irgendetwas tun kann – wir sind bereit.” Ein religionsübergreifender Gottesdienst in einer Moschee in Sydney ging ohne Zwischenfälle zu Ende.

Österreichisches Segelteam in Sydney wohlauf

Während der Geiselnahme befanden sich am Montag mehrere Österreicher rund um das Segel-Doppel-Olympiasiegerteam Roman Hagara und Hans Peter Steinacher in Sydney. Die Mitglieder des Kamerateams haben aus wenigen hundert Meter Entfernung dramatische Szenen der Geiselnahme miterlebt, wie der Kameramann Helmut Sommer in der Früh am Telefon gegenüber der APA berichtete.

(APA, Red.)

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