Großes Kino. Kühe, die weiden zum Greifen nah, links die idyllische Dorfkulisse von Krumbach und als Hintergrund ein herrliches Bergpanorama mit Blick bis zum Hohen Ifen. Exakt der Stoff , aus dem Ludwig Ganghofer seine Heimatromane schrieb. Bestens geeignet, um vom Alltag abzuschalten und loszulassen. Geradezu ideal, um Urlaub zu machen. Doch wer jetzt eine rustikale Ferienhütte erwartet, liegt falsch. Mir war zwar der Hüttencharakter wichtig, doch ohne in Nostalgie zu verfallen,erklärt Benedikt Bosch. Der Stuttgarter Jung- Architekt setzt daher auf Geradlinigkeit und Einfachheit. Keine Alpenchic-mit-Karobettwäsche- Architektur,sondern eine moderne Interpretation von Urlaub in den Bergen im Einklang mit der Natur. Diese nahm sich der 30-Jährige nämlich zum Vorbild. Nicht nur, indem er sich für den Baustoff Holz entschied, sondern er ließ das Ferienhaus als Parallelogramm zum Hang errichten. Ganz bewusst verläuft die Lattung der Fassade auf der Ostund Westseite daher im selben Neigungswinkel, ebenso wie das Pultdach. Aber auch innen gehören die Landschaft und der Ausblick zum Raumkonzept. Die Südseite ist daher fast vollständig verglast. Natur und Raum verschmelzen zu einer Einheit. Abgerundet wird das Bild durch den feinen Geruch der heimischen Weißtanne. Großes Kino eben jedoch für alle Sinne.
Sonne zur Wärmegewinnung
Als Ludwig Ganghofer sein berühmtes Zitat Wir können nicht leben, wenn wir die Sonne nicht suchen schrieb, hat er bestimmt nicht an ihre Wärme gedacht. Benedikt Bosch schon. Er nutzt die passive Solarenergie, um zusätzlich zu heizen. Ansonsten gibt es nur den historischen Herd, der restauriert und mit einer Speicherfunktion versehen wurde. Er befindet sich im Kommunikationsbereich, der gleichsam Küche, Ess- und Wohnbereich ist. Bewusst wurde außerdem die Länge des Vordaches so gewählt, dass die hochstehende Sommersonne nicht ins Haus gelangt, die tiefstehende Wintersonne ist jedoch willkommen. Wie außen wurde auch innen die Topografi e der Landschaft in die Architektur aufgenommen. Die drei Geschosse liegen daher stufenförmig übereinander. Eben ganz dem Hang entsprechend. Die Galerie, die sich über der Küche befindet, macht das sichtbar. Von da aus geht es auch in das Matratzenlager. So oder auch Langschläferzimmer nennt die Familie Bosch den Raum, in dem sich vier Betten befinden. Die sehen weit komfortabler aus als die billige Art der Übernachtung, wie man sie aus einfachen Selbstversorgerhütten kennt. Wer jedoch gerne bis mittags schläft, liegt hier genau richtig. Das Zimmer ist nämlich nach Norden und zum Wald hin ausgerichtet und verfügt daher über eher dezentes Tageslicht.
Wahre Handwerkskunst
Sowohl Benedikt als auch seine Eltern Herbert und Brigitte, seine Geschwister Florian und Julius aber auch Freundin Nadine haben beim Bau kräftig mit angepackt. Im jetzigen Schlafzimmer im Untergeschoss haben wir eine provisorische Küche eingerichtet und das Essen mit einem Korb hochgezogen,erinnert sie sich zurück. Und eins möchten die Boschs auch noch betonen: nämlich wie die Handwerker hier Hand in Hand arbeiten, sei wahre Handwerkskunst.
DATEN & FAKTEN
Bienenhus – Ferienhaus in Krumbach,
Familie Bosch-Biggel
Wohnfläche: 115 m²
Grundstück: 500 m²
Architektur: Benedikt Bosch
Planungszeit: begonnen 2005
Baubeginn: 2007
Fertigstellung: August 2010
Zimmerer: Gerhard Bilgeri, Zimmerei Bilgeri
Energie: Der Ofen aus dem Bestand wurde restauriert und zum Kachelofen umgebaut. Damit wird der gesamte Kommunikationsbereich geheizt. Zusammen mit der passiven Solarenergienutzung wird damit fast das gesamte Haus beheizt. Im Untergeschoss befindet sich im Badezimmer noch eine elektrische Fußbodenheizung.
Konstruktion: Es handelt sich um einen in den Neigung integrierten dreigeschossigen Bau. Die Bodenplatte sowie die mit dem Hang in Berührung kommenden Wände sind aus Stahlbeton. Darüber wurde eine Holzrahmenkonstruktion mit Brettschichtholzdecken errichtet. Architekt Benedikt Bosch hat das Erscheinungsbild des Geländes in seiner Planung berücksichtigt. Von der Seite betrachtet, nimmt man ein Parallelogramm wahr, mit dem Neigungswinkel des Hanges. Um die Wirkung zu verstärken verläuft die Lattung der Fassade auf der West- und Ostseite ebenfalls mit dem Hang. Durch die großzügige Verglasung verschmelzen Landschaft und Gebäude miteinander. Der Ausblick reicht bis zum Hohen Ifen, aber auch hin zum Dorfkern Krumbachs. Die Architektursprache ist von Einfachheit und Geradlinigkeit geprägt.
(VN/ Leben & Wohnen)